Die Mannschaft, die die Fahne der Fachhochschule Kiel auf der diesjährigen Betonkanuregatta hochhält. (Foto: Reichling)© K. Reich­ling
Die Mann­schaft, die die Fahne der Fach­hoch­schu­le Kiel bei der dies­jäh­ri­gen Be­ton­ka­nu­re­gat­ta hoch­hält.

Vom See­fisch­markt in die Havel: Bau­in­ge­nieur*innen der FH Kiel bauen Be­ton­ka­nu

von Ma­rie­sa Brahms

Im Juni tre­ten zwölf Stu­die­ren­de für die Fach­hoch­schu­le Kiel bei der Be­ton­ka­nu­re­gat­ta in Bran­den­burg mit einem selbst­kon­zi­pier­ten Kanu an.

Dass Beton sich zum Boots­bau eig­net, wuss­te der Fran­zo­se Jo­seph-Louis Lam­bot schon im 19. Jahr­hun­dert. Da­mals hat er mit dem Ma­te­ri­al her­um­ex­pe­ri­men­tiert und schlie­ß­lich das welt­weit erste schwim­men­de Ve­hi­kel aus Beton auf der Pa­ri­ser Welt­aus­stel­lung vor­ge­führt.

Nicht auf die Saine, aber dafür auf die Havel geht es im Juni für zwölf Stu­die­ren­de der Fach­hoch­schu­le Kiel. Im Rah­men eines Wahl­mo­duls hat­ten sie sich An­fang ver­gan­ge­nen Win­ter­se­mes­ters unter der Be­treu­ung von Pro­fes­sor Dr. Kenji Reich­ling zu­sam­men­ge­tan. Am Ende des Jah­res stand der Kon­struk­ti­ons­plan des Kanus. Im lau­fen­den Som­mer­se­mes­ter geht es an die Um­set­zung, den Bau des Be­ton­ka­nus.

„Der Trick beim Boots­bau ge­ne­rell ist das ar­chi­me­di­sche Prin­zip“, er­klärt Reich­ling. Über­setzt heißt das, dass das Rumpf-Vo­lu­men mög­lichst so viel Was­ser ver­drängt, dass das Boot schwim­men kann. Des­we­gen ist das Ge­wicht des Bau­stof­fes auch nicht un­be­dingt ent­schei­dend. „Große Con­tai­ner­schif­fe be­stehen ja auch meist aus Stahl und sind damit schwer“, fügt der Pro­fes­sor hinzu. Wich­ti­ger als das letzt­end­li­che Ge­wicht des Kanus ist seine Form – das er­klärt auch das brei­te Ge­wichts­spek­trum von Be­ton­ka­nus: von 30 bis 200 Ki­lo­gramm ist alles ver­tre­ten.

Trotz­dem ver­su­chen die Stu­die­ren­den, das Boot so leicht wie mög­lich zu ge­stal­ten. „Wenn alles nach Plan läuft, wiegt unser Kanu unter 100 Ki­lo­gramm“, so Reich­ling. Für die Kon­struk­ti­on und den Bau sind die Stu­die­ren­den wei­test­ge­hend selbst ver­ant­wort­lich. Auch bei der Prä­sen­ta­ti­on ihrer Ar­beit und dem sport­li­chen Wett­kampf über­lässt der Pro­fes­sor die Bühne sei­nem Team.

Nicht nur auf dem Was­ser, auch an Land gilt es, sich bei der Prä­sen­ta­ti­on des Kanus zu be­haup­ten. Am Ende steht die Ver­lei­hung ver­schie­de­ner Prei­se. Unter an­de­rem wird das Kanu mit dem bes­ten De­sign und der über­zeu­gends­ten Kon­struk­ti­on ge­kürt. 1990 ge­wann ein Team der FH Kiel be­reits den Kon­struk­ti­ons­preis, Bau­we­sen war da­mals noch in Eckern­för­de an­ge­sie­delt.

Ge­fah­ren wird in zwei­er-Teams. Der sport­li­che Wett­be­werb wird ge­trennt nach weib­li­chem und männ­li­chem Ge­schlecht ge­wer­tet. Da die Kie­ler Be­set­zung bis dato le­dig­lich zwei Frau­en stark ist, sind wei­te­re Mit­schlach­te­rin­nen will­kom­men. Ein­zi­ge Vor­aus­set­zung ist die Im­ma­tri­ku­la­ti­on als Bau­in­ge­nieur­we­sen-Stu­dent*in.

Reich­ling selbst hat das erste Mal als Stu­dent im Jahr 2005 an der Be­ton­ka­nu­re­gat­ta in Hei­del­berg teil­ge­nom­men. Die Re­gat­ta wird im Zwei­jah­res­rhyth­mus an ver­schie­de­nen Orten in Deutsch­land ab­ge­hal­ten. Was in den spä­ten 1980er Jah­ren in Deutsch­land an­ge­fan­gen hat, gibt es heute auf der gan­zen Welt. Auch im Juni im Ha­vel­land wer­den unter den etwa 50 Teams et­li­che aus dem eu­ro­päi­schen Aus­land er­war­tet.

Dass er als Pro­fes­sor ir­gend­wann mal sein ei­ge­nes Team stellt, hat er sich schon früh als Ziel ge­steckt: „Kiel, Was­ser­sport und Beton ge­hö­ren ab jetzt wie­der zu­sam­men! Das habe ich be­reits in mei­nem Be­ru­fungs­ver­fah­ren an der Fach­hoch­schu­le er­wähnt“, lacht Reich­ling, der seit 2018 an der Hoch­schu­le lehrt. Die Pla­nung wird in die­sem Jahr Rea­li­tät, nach­dem die Re­gat­ta auf­grund der Pan­de­mie im letz­ten Jahr nicht statt­fin­den konn­te.

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