Wirtschaftsingenieur Matthias Winter hat schon viel gekauft. Der 40-Jährige war für lokale Unternehmen tätig und für weltweit agierende Großkonzerne wie ThyssenKrupp Marine Systems. Er hat für die finnischen Schiffbauzulieferer Wärtsilä gearbeitet und für den amerikanischen Motorenhersteller Caterpillar. Seit Oktober 2022 kümmert er sich als Head of Procurement um den Einkauf bei der Bruker Daltonics GmbH & Co. KG. Dort sind Massenspektrometer, mit denen man das Gewicht von Atomen bestimmt, sein Tagesgeschäft. Die kaufmännischen Anfänge von Winters breit gefächerter Karriere waren allerdings eher bodenständig – sie liegen im Fliesenhandel.
„Schon als ich meine Fachhochschulreife in der Tasche hatte, wollte ich unbedingt was Kaufmännisches machen“, erinnert sich Winter an seine Anfänge. Er entschied sich daher für eine Ausbildung zum Groß- und Einzelhandelskaufmann, die er als eine gute und ausbaufähige Basis ansah. Dafür fand er einen Ausbildungsplatz bei einem Fliesengroßhändler in Lübeck. Doch auf Dauer brachten der Ein- und Verkauf im Umfeld der keramischen Platten ihm keine Erfüllung. „Ich habe mir dann irgendwann die Frage gestellt, ob ich ein Leben lang Fliesen verkaufen wollte“, lacht Winter. So einfach ihm die Antwort fiel, so schwer tat er sich mit den nächsten Schritten. Also fuhr er zweigleisig; bewarb sich bei anderen Unternehmen und um einen Studienplatz an der FH Kiel.
„Ein Bekannter hatte mich auf den IVE-Studiengang aufmerksam gemacht“, erzählt Winter aus dieser Zeit. Tatsächlich wirkte das Bachelor-Studienangebot Internationales Vertriebs- und Einkaufsingenieurwesen verlockend. „Es war ein spannendes Curriculum, wenn auch Themen wie Thermodynamik oder Statistik Stirnrunzeln bei mir hervorriefen. Doch davon habe ich mich nicht abschrecken lassen und mich schließlich für IVE und – als Plan B – für BWL beworben.“ Unvergessen ist dem Wirtschaftsingenieur der Tag, als er Post von der Fachhochschule erhielt. „Als ich nach Hause kam, hatte ich gerade ein Bewerbungsgespräch absolviert und die Zusage in der Tasche. Im Briefkasten wartete ein großformatiger Brief der FH auf mich, und das dämpfte meine gute Stimmung. Tatsächlich war eine Absage drin – für BWL. Ein weiteres Schreiben im Kuvert begann mit einer Gratulation und dass man sich in Kiel auf mich als IVE-Studenten freue.“
Auch aufgrund seines Faibles für technische Themen gefiel Winter das IVE-Studium. „Im Grunde haben wir alles über Unternehmen gelernt und dieser breite Blick hat mir später im Berufsleben sehr geholfen“, erinnert sich der Wirtschaftsingenieur. „Insbesondere, dass es viele Überschneidungen mit den Maschinenbauern gab und wir gemeinsame Veranstaltungen hatten, passte für mich. Entsprechend war das kein zartes Anfassen, aber man hat viel voneinander gelernt.“ Hieraus hat sich Winter eine wichtige Kompetenz erschlossen: „Ich habe gelernt, wie Controller und wie Ingenieure denken und sprechen. Das war bei meinen späteren Tätigkeiten immer sehr hilfreich, wenn ich zwischen diesen beiden Gruppen in einem Unternehmen ‚übersetzen‘ konnte.“
Weiter ist Winter der Realitätsbezug des Studiums in positiver Erinnerung geblieben. „Auch wenn Module wie Statistik und Thermodynamik eher abstrakt waren und mir persönlich nicht lagen, war eigentlich immer ein klarer Bezug zur Praxis deutlich. Auf Nachfragen bei den Professoren habe ich immer kompetente Antworten erhalten“, erinnert sich Winter. „Überhaupt, hat das Studium einen gut organisierten Eindruck gemacht, ohne dass es ‚verschult‘ war.“ Für seine Bachelor-Arbeit zog es den FH-Alumnus zu Volkswagen nach Wolfsburg, wo er einen Geschäftsprozess des Autobauers analysierte. Gerne hätte er im Anschluss an der FH Kiel auch einen konsekutiven IVE-Master gemacht, aber den hatte die Hochschule leider nicht im Angebot.
So stürzte sich Winter ins Berufsleben. Bei seinen Tätigkeiten als strategischer Einkäufer, als Einkaufsleiter und sogar als Leiter des globalen strategischen Einkaufs hatte er stets tiefe Einblicke in die Unternehmen, für die er arbeitete und der Lieferanten – und konnte konstruktiv auf die Prozesse einwirken. „Während meiner Tätigkeit für Wärtsilä brachte die Corona-Pandmie die Handels- und Lieferketten zum Erliegen. Bestehende Prozesse an solche Bedingungen anzupassen, ist eine spannende Herausforderung“, erzählt Winter aus seinem Berufsleben. An Herausforderungen mangelt es ihm auch bei seinem gegenwärtigen Arbeitgeber Bruker Daltonics nicht, wo er die Gesamtleitung des Einkaufs innehat. „Auf der einen Seite gibt es eine anhaltend starke Nachfrage nach unseren Produkten, auf der anderen Seite gilt es, über noch immer gestörte Lieferketten weltweit nachgefragte unter anderem Halbleiter zu beschaffen. Konstruktive Lösungen in diesem Spannungsfeld von Wachstum und Knappheit zu finden – Prozesse und die Lieferantenbasis ‚fit for purpose‘ zu machen, das macht einen großen Reiz meines Jobs aus.“