Siegerfoto - eine Gruppe von Studierenden© K. Reich­ling
Stu­die­ren­de des In­sti­tuts für Bau­we­sen haben bei der Be­ton­ka­nu­re­gat­ta mit ihrer Kon­struk­ti­on den Nach­wuchs­preis ge­won­nen sowie je­weils den 5. Platz in den Ka­te­go­ri­en „Ge­stal­tung“ und der „Kon­struk­ti­on“ be­legt.

Mit dem Be­ton­ka­nu auf die Havel

von Ann-Chris­tin Wim­ber

Es ist hell­grau, fast vier Meter lang und 113 Ki­lo­gramm schwer. Am Bug des Kanus prangt der Name: „(S)Print“. Den trägt das Was­ser­fahr­zeug nicht nur, weil es be­son­ders schnell sein soll. Es ist auch ein Aus­druck sei­ner Ent­ste­hungs­ge­schich­te. Das Be­ton­ka­nu wurde zu Be­ginn des ver­gan­ge­nen Win­ter­se­mes­ters von zwölf Stu­die­ren­den des In­sti­tuts für Bau­we­sen kon­zi­piert. Das Wahl­mo­dul unter der Lei­tung von Dr. Kenji Reich­ling, Pro­fes­sor für Bau­stoff­tech­no­lo­gie am In­sti­tut, hatte zum Ziel, ein schwimm­fä­hi­ges Be­ton­ka­nu zur zwei­jäh­rig statt­fin­den­den Be­ton­ka­nu­re­gat­ta nach Bran­den­burg zu schi­cken. Diese wurde Mitte Juni auf der Havel aus­ge­tra­gen.

So mach­ten zehn junge Män­ner und zwei Frau­en aus allen Stu­di­en­se­mes­tern erste Pläne zu dem Be­ton­ka­nu, zu Ma­te­ri­al und Kon­struk­ti­on der Scha­lung. „Wir hat­ten kei­ner­lei Er­fah­rungs­wer­te“, er­in­nert sich Kay Len­gert, wis­sen­schaft­li­cher Mit­ar­bei­ter am In­sti­tut. „An­de­re Hoch­schu­len neh­men schon seit Jah­ren an die­ser Re­gat­ta teil. Die Fach­hoch­schu­le Kiel hat das letz­te Mal 1990 ein Team an den Start ge­schickt.“ Zu dem Zeit­punkt war der Fach­be­reich noch in Eckern­för­de. Er wurde aus­ge­ge­ben und im Win­ter­se­mes­ter 2018 am neuen Stand­ort am See­fisch­markt in Kiel wie­der an­ge­sie­delt. „Wir muss­ten uns das ge­sam­te Kon­zept neu über­le­gen: Kau­fen wir ein Kanu aus Fi­ber­glas und nut­zen es als Scha­lung? Bauen wir eine Holz­kon­struk­ti­on als Scha­lung?“, er­zählt Len­gert. „Wir haben dann erst ein­mal Mo­del­le in CAD an­ge­fer­tigt.“

Schlie­ß­lich kamen sie auf die Ideen, die Scha­lung aus Ein­zel­tei­len zu­sam­men­set­zen, die aus einem han­dels­üb­li­chen 3D-Dru­cker kamen. „Die Art der Scha­lung war tat­säch­lich eine der grö­ß­ten Nüsse, die wir zu kna­cken hat­ten“, sagt Ro­bert Haack, der auch die Idee zum 3D-Druck hatte. Er selbst be­sitzt ein sol­ches Gerät und kann­te das Er­stel­len von Pro­to­ty­pen mit Hilfe des drei­di­men­sio­na­len Drucks aus dem Ma­schi­nen­bau. Die Ein­zel­tei­le – un­ge­fähr 10 x 10 Zen­ti­me­ter große Kunst­stoff­stü­cke, die mit einer 180 Grad ab­ste­hen­den Kante ver­se­hen waren –  wur­den mit­ein­an­der ver­schraubt und bil­de­ten so eine Art 3D-Puz­zle eines hal­ben Kanus. Die Auf­sicht über den Ar­beits­pro­zess hatte Haack: „Es hat drei Mo­na­te ge­dau­ert, bis die 160 Teile ge­druckt waren.“ Denn für ein Teil be­nö­tig­te der Dru­cker acht Stun­den.

In der Zwi­schen­zeit mach­ten sich die Stu­die­ren­den daran, die per­fek­te Re­zep­tur für den Beton zu fin­den. Eine Mi­schung aus dem Bau­markt reicht nicht. Der Beton muss­te sich gut ver­ar­bei­ten las­sen, leicht und dicht sein, eine hohe Fes­tig­keit haben, sowie mög­lichst auch nach­hal­tig sein. Mit dem End­ergeb­nis war die Grup­pe zu­frie­den, für die kom­men­den Re­gat­ten soll der Beton je­doch noch wei­ter op­ti­miert wer­den. Die Ein­zel­tei­le wur­den zu einer Scha­lung für eine Kan­u­hälf­te zu­sam­men­ge­fügt, und der Beton konn­te auf­la­mi­niert wer­den. Um Risse zu ver­mei­den wurde eine Be­weh­rung aus Ba­salt­ge­we­be ein­ge­legt. Zum Schluss wur­den zwei so her­ge­stell­te Kan­u­hälf­ten mit­ein­an­der ver­bun­den.

fünf Studierende, die ein Boot tragen©K. Reich­ling
Hell­grau, fast vier Meter lang und 113 Ki­lo­gramm schwer: Das von den an­ge­hen­den Bau­in­ge­nieur*innen ge­bau­te Kanu.

Ganz frei in ihrer Ge­stal­tung waren die an­ge­hen­den Bau­in­ge­nieur*innen nicht. Die Form­ge­bung sah ein klas­si­sches Kanu mit brei­tem Mit­tel­teil und sich ver­jün­gen­den Enden vor. „Es gab ein Re­gel­werk, das uns die Rah­men­be­din­gun­gen für Brei­te, Höhe und Länge vor­gab“, be­rich­tet Torge Dubau. „Unser Kanu lag zwar in­ner­halb der An­for­de­run­gen, war aber deut­lich schwe­rer und län­ger als manch an­de­res Kanu.“

Das räch­te sich wäh­rend der Re­gat­ta. Die Zwei­er­teams hat­ten trotz hoher Ge­schwin­dig­keit auf der Ge­ra­den Schwie­rig­kei­ten, das Kanu um die Boje zu ma­nö­vrie­ren. Des­we­gen konn­ten sich die an­ge­hen­den Bau­in­ge­nieur*innen mit ihrem Be­ton­ka­nu nicht den Sieg im sport­li­chen Wett­kampf er­pad­deln. Aber sie haben den „Nach­wuchs­preis“ ge­won­nen sowie je­weils den 5. Platz in den Ka­te­go­ri­en „Ge­stal­tung“ und der „Kon­struk­ti­on“ be­legt. „Das ist ein her­vor­ra­gen­des Er­geb­nis und zeigt allen an­de­ren Hoch­schu­len, dass Kiel, Was­ser­sport und Beton nun wie­der zu­sam­men­ge­hö­ren“ freut sich Reich­ling. Die Stu­die­ren­den hat­ten vor allem Spaß daran, ihr Kanu vor­zu­stel­len und sich mit der Jury und den an­de­ren Teil­neh­mern über den Bau aus­zu­tau­schen. Vor allem die sicht­ba­re Struk­tur, die durch die Scha­lung aus dem 3D-Dru­cker einem gro­ßen Schach­brett gleicht, kam gut an. Aber auch die Idee der Kon­struk­ti­on an sich, sowie die ge­rin­gen fi­nan­zi­el­len Mit­tel, mit denen die an­ge­hen­den Bau­in­ge­nieur*innen das Pro­jekt be­strit­ten, wur­den lo­bend an­er­kannt.

In zwei Jah­ren wol­len die Stu­die­ren­den, die bis dahin noch kei­nen Ab­schluss ge­macht haben, wie­der an den Start gehen. „Bis dahin haben die dann auch Zeit, an der Re­zep­tur her­um­zu­fei­len“, sagt Haack grin­send. Ob die Scha­lung wie­der­ver­wen­det wird? Mal sehen – viel­leicht hat die nächs­te Grup­pe noch ganz an­de­re Ideen.

© Fach­hoch­schu­le Kiel