zwei Studierende stehen auf dem Campus der FH Kiel in Dietrichsdorf© A. Wim­ber
Haben über das Ori­en­tie­rungs­se­mes­ter ihre Stu­dein­gän­ge ge­fun­den: Lukas Ruh und Malin Fuhr­ken.

Förde-Kom­pass gibt Stu­di­en­in­ter­es­sier­ten eine Rich­tung

von Ann-Chris­tin Wim­ber

Lukas Ruh hat es ge­schafft: Nach acht Jah­ren Be­rufs­tä­tig­keit geht er in eine neue Rich­tung – die des Hoch­schul­stu­di­ums. Schon des Län­ge­ren ging der 28-Jäh­ri­ge, der bis vor kur­zem noch als Not­fall­sa­ni­tä­ter tätig war, mit der Idee schwan­ger zu stu­die­ren. „Ich ließ mich be­ra­ten und fand Schiff­bau sehr reiz­voll“, er­zählt er. „Doch ich war mir un­si­cher, ob der Stu­di­en­gang über­haupt das Rich­ti­ge für mich ist.“ Einen Weg aus der Un­si­cher­heit bot das Ori­en­tie­rungs­se­mes­ter Förde-Kom­pass, das erst­mals im Som­mer­se­mes­ter 2023 an­ge­bo­ten wurde. Darin soll In­ter­es­sier­ten die Mög­lich­keit ge­ge­ben wer­den, sich mit In­hal­ten aus sie­ben In­ge­nieurs­stu­di­en­gän­gen zu be­fas­sen. Im Mit­tel­punkt steht das Ken­nen­ler­nen ver­schie­de­ner Stu­di­en­gän­ge der Fach­be­rei­che In­for­ma­tik und Elek­tro­tech­nik sowie Ma­schi­nen­bau. Die Stu­die­ren­den sol­len nach Ab­schluss des Se­mes­ters in der Lage sein, sich für oder gegen ein Stu­di­um zu ent­schei­den sowie zu be­stim­men, ob sie etwas aus dem Be­reich der In­ge­nieur­wis­sen­schaf­ten stu­die­ren möch­ten oder nicht. „Das Gute ist, dass man kein Se­mes­ter ver­liert“, meint Lukas. „Die meis­ten Stu­di­en­gän­ge star­ten im Win­ter­se­mes­ter – das Ori­en­tie­rungs­se­mes­ter fin­det im Som­mer statt, so­dass man sich ge­ge­be­nen­falls gleich in sein Wunsch­fach ein­schrei­ben kann.“

Das Ori­en­tie­rungs­se­mes­ter ist nur be­dingt mit einem Stu­di­um ver­gleich­bar. Die an­ge­hen­den Aka­de­mi­ker ar­bei­ten in einer fes­ten Ar­beits­grup­pe und haben einen ei­ge­nen Stun­den­plan. Wäh­rend des Se­mes­ters müs­sen 30 Leis­tungs­punk­te er­bracht wer­den. Die Mo­du­le zur Ori­en­tie­rung spei­sen sich aus den Be­rei­chen Elek­tro­tech­nik, Me­cha­tro­nik, Wirt­schafts­in­ge­nieur­we­sen, Ma­schi­nen­bau, Er­neu­er­ba­re Off­shore En­er­gi­en, Schiff­bau und Ma­ri­ti­me Tech­nik sowie in­ter­na­tio­na­les Ver­triebs- und Ein­kaufs­in­ge­nieur­we­sen. Hinzu kom­men die Pflicht­mo­du­le In­ge­nieur­ma­the­ma­tik und In­ge­nieur­in­for­ma­tik sowie zwei Wahl­fä­cher aus dem ge­sam­ten in­ge­nieur­wis­sen­schaft­li­chen Be­reich. „Wir hat­ten jeden Tag Block­un­ter­richt von 8 bis 16 Uhr“, be­rich­tet Malin Fuhr­ken (20). „Dabei blie­ben wir meis­tens unter uns. Nur bei den Wahl­fä­chern kamen wir mit re­gu­lär Stu­die­ren­den zu­sam­men.“ Die frei wähl­ba­ren Kurse stell­ten für ei­ni­ge Teil­neh­men­de des Ori­en­tie­rungs­se­mes­ters eine Schwie­rig­keit dar. Es fehl­te Grund­wis­sen, das sich die Stu­die­ren­den wäh­rend ihrer Lauf­bahn an der FH Kiel be­reits an­eig­nen konn­ten. Doch al­lei­ne ge­las­sen wur­den die Schnup­per­stu­die­ren­den nicht. „Ich habe mich mit einem In­for­ma­ti­ker zu­sam­men­ge­tan, der hat mich super un­ter­stützt“, sagt Malin. Die 20-Jäh­ri­ge hat nach dem Ende ihrer Zeit als Bun­des­frei­wil­li­gen­dienst­leis­ten­de ge­zielt nach mög­li­chen Ori­en­tie­rungs­pro­gram­men an Hoch­schu­len in Deutsch­land ge­sucht. Das in Kiel ge­fiel ihr am bes­ten, weil es eine brei­te Span­ne an Stu­di­en­fä­chern ent­hielt, die ihr zu­sag­ten.

In­ge­nieur­in­for­ma­tik und -ma­the­ma­tik sind Fä­cher, auf denen beim Ori­en­tie­rungs­se­mes­ter be­son­de­res Au­gen­merk ge­legt wird. „Ich glau­be, wir hat­ten es ein­fa­cher als Leute im re­gu­lä­ren Stu­di­um“, sagt Lukas. Die 19 Förde-Kom­pass­ler hat­ten fast eine 1:1-Be­treu­ung. Am bes­ten hat Lukas je­doch ge­fal­len, dass die Auf­ga­ben pra­xis­be­zo­gen waren. Die In­hal­te lehn­ten sich an die Ma­the­ma­tik­mo­du­le aus den ers­ten Se­mes­tern der Ba­che­lor­stu­di­en­gän­ge an. Für die Stu­die­ren­den des Ori­en­tie­rungs­se­mes­ters bie­tet sich jetzt der Vor­teil, dass sie den Stoff teil­wei­se be­reits durch­ge­nom­men haben und das auf das Fol­ge­stu­di­um an­ge­rech­net wird. Malin fand be­son­ders den hohen Pra­xis­be­zug gut.

An­wen­dungs­be­zug hat auch das Modul In­ge­nieur­in­for­ma­tik der drei Pro­gram­mier­spra­chen C, Py­thon und Pro­ces­sing. „Oft grif­fen die Auf­ga­ben in Mathe und In­for­ma­tik in­ein­an­der, so­dass wir immer gleich wuss­ten, wie die Be­rei­che zu­sam­men­hän­gen“, er­klärt Lukas. Auch die­ses Modul kann im ers­ten Ba­che­lor­se­mes­ter an der FH Kiel an­ge­rech­net wer­den.

Für Lukas und Malin war das Ori­en­tie­rungs­se­mes­ter ein vol­ler Er­folg: Lukas hat ge­merkt, dass Schiff­bau und Ma­ri­ti­me Tech­nik nicht das Rich­ti­ge für ihn ist. „Ich stu­die­re jetzt Elek­tro­tech­nik. Wie sich her­aus­stellt, habe ich da ein Händ­chen für“, er­klärt Lukas lä­chelnd. „Es stell­te sich auch her­aus, dass ich ei­gent­lich bis zu die­sem Ori­en­tie­rungs­stu­di­um gar nicht wuss­te, was Elek­tro­tech­nik ei­gent­lich be­inhal­tet.“ Sein ein­zi­ger Wer­muts­trop­fen: Er hat kein Bafög er­hal­ten, weil das Ori­en­tie­rungs­se­mes­ter nicht als re­gu­lä­res Stu­di­um zählt. Malin hat sich für Me­cha­tro­nik ein­ge­schrie­ben. „Ich kann es wirk­lich emp­feh­len – egal ob man von der Schu­le oder aus der Ar­beits­welt kommt.“ Denn der Förde-Kom­pass gibt Ori­en­tie­rung in Stu­di­en­fä­chern, die oft un­be­kannt sind und mög­li­cher­wei­se sogar falsch be­ur­teilt wer­den. Und wer durch­fällt, hat nicht ver­lo­ren: Prü­fun­gen im Ori­en­tie­rungs­se­mes­ter wer­den nicht als Fehl­ver­such ge­wer­tet.

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