ein Mann sitzt am Schreibtisch© C. Köhn­cke
Ver­folgt die Vi­si­on einer Firma, die den Mit­ar­bei­ten­den ge­hört: Felix Meiß­ner.

„Etwas Ei­ge­nes ma­chen, aber ohne Chef zu sein“

von Nele Be­cker

Felix Meiß­ner hat In­ter­net Sci­ence & Tech­no­lo­gy an der FH Kiel stu­diert. Heute führt er sein ei­ge­nes Un­ter­neh­men: die Aus­guck GmbH. Den Plan, ein ei­ge­nes Un­ter­neh­men zu grün­den, hatte er nie. „Ich hatte ei­gent­lich viel zu viel Angst vor der Selbst­stän­dig­keit“, ge­steht der heute 38-Jäh­ri­ge.

An­ders sah es mit dem Traum vom In­for­ma­tik­stu­di­um aus: Den habe er schon lange ge­habt, sagt er. Die erste Sta­ti­on nach der Schu­le soll­te den­noch eine an­de­re sein. Im Alter von 17 Jah­ren ging der ge­bür­ti­ge Kie­ler mit der Mitt­le­ren Reife von der Ri­car­da-Huch-Schu­le ab. Er ab­sol­vier­te eine Be­rufs­aus­bil­dung zum Au­ßen­han­dels­kauf­mann in Han­no­ver, die er 2004 er­folg­reich ab­schloss.

Als er 2006 die Fach­hoch­schul­rei­fe nach­ge­holt hatte, konn­te er sich sei­nen Traum er­fül­len: Von 2007 bis 2010 war er am Fach­be­reich In­for­ma­tik & Elek­tro­tech­nik an der FH Kiel in den Ba­che­lor­stu­di­en­gang In­ter­net Sci­ence & Tech­no­lo­gy (heute In­for­ma­tik) ein­ge­schrie­ben.

Mit sei­ner Zeit an der FH Kiel ver­bin­det der Soft­ware­ent­wick­ler neben dem per­sön­li­chen Aus­tausch mit Kom­mi­li­ton*innen und Leh­ren­den vor allem viele prak­ti­sche Pro­jek­te. „Wir waren häu­fig mit Auf­ga­ben kon­fron­tiert, die mir spä­ter genau so im Be­rufs­all­tag be­geg­net sind“, be­tont Meiß­ner. „Wir haben in Grup­pen ein Soft­ware­pro­jekt ge­baut und dabei mit Part­nern aus der Pra­xis ko­ope­riert. Meine Grup­pe hat mit einer Me­di­zin-Dok­to­ran­din an einem Vi­sua­li­sie­rungs­pro­gramm für CT-Bil­der ge­ar­bei­tet“, sagt er. Am Ende etwas Fer­ti­ges über­ge­ben zu kön­nen, was tat­säch­lich funk­tio­nie­re und ge­nutzt werde, sei ein tol­les Ge­fühl ge­we­sen, er­in­nert sich Meiß­ner.

Nach er­folg­rei­chem Ba­che­lor­ab­schluss hatte er auch das Mas­ter-Stu­di­um zu­nächst an der FH Kiel be­gon­nen – der Liebe wegen ver­schlug es ihn je­doch in die Nie­der­lan­de. An der Uni­ver­si­tät Ut­recht stu­dier­te er von 2011 bis 2017 Com­pu­ting Sci­ence.

Be­reits zwi­schen Ba­che­lor und Mas­ter sam­mel­te Meiß­ner Be­rufs­er­fah­rung als Soft­ware­ent­wick­ler. In den Nie­der­lan­den ar­bei­te­te er so­wohl für klei­ne Start-ups als auch für grö­ße­re Un­ter­neh­men. 2016 zog er mit sei­ner Frau zu­rück nach Kiel. Dort war er eben­falls als Soft­ware­ent­wick­ler tätig, zu­nächst bei der Cap3 GmbH, an­schlie­ßend bei Hanko – einem Start-up, das aus Cap3 her­aus ge­grün­det wurde. Im Au­gust 2019 ging Meiß­ner in El­tern­zeit, ab No­vem­ber ar­bei­te­te er auf Fre­e­lan­ce-Basis selbst­stän­dig an Soft­ware-Pro­jek­ten.

Den Schritt der Un­ter­neh­mens­grün­dung wagte der Kie­ler schlie­ß­lich in der Co­ro­na-Pan­de­mie: Ge­mein­sam mit sei­nem Kum­pel Simon Bi­al­las grün­de­te er im Mai 2020 die Aus­guck GmbH.

Zur Grün­dung mo­ti­vier­ten ihn trotz sei­nes Re­spekts vor der Selbst­stän­dig­keit seine Er­fah­run­gen als Ar­beit­neh­mer. Ge­fehlt hätte ihm in an­de­ren Un­ter­neh­men meist die Mög­lich­keit, als An­ge­stell­ter wirk­lich aktiv mit­be­stim­men und -ge­stal­ten zu kön­nen: „Ich hatte das Ge­fühl, ich müss­te etwas Ei­ge­nes ma­chen – aber ohne Chef zu sein“, er­klärt er. Dar­aus ent­stand der Wunsch, die Aus­guck GmbH eher wie einen Ver­ein oder eine Ge­nos­sen­schaft zu füh­ren. „Un­se­re Vi­si­on ist eine Firma, die den Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­tern ge­hört“, sagt Meiß­ner. Ak­tu­ell seien sie al­ler­dings noch damit be­schäf­tigt, als Un­ter­neh­men zu exis­tie­ren, ge­steht der Ge­schäfts­füh­rer.

„Ge­mein­sam Zu­kunft ge­stal­ten“ ist das Motto der Aus­guck GmbH. Mit und für ihre Kun­den ent­wi­ckeln Meiß­ner und seine Kol­leg*innen in ihrem Hin­ter­hof-Büro in der Kie­ler Han­sa­stra­ße Hard­ware und Soft­ware, haupt­säch­lich Web­an­wen­dun­gen sowie Apps für An­dro­id und iOs. Die Kun­den sind eben­so viel­fäl­tig wie die Pro­duk­te: Für die Kas­sen­ärzt­li­che Ver­ei­ni­gung ent­wi­ckel­ten sie die In­for­ma­ti­ons­in­fra­struk­tur in der Co­ro­na-Pan­de­mie, für die time­book GmbH & Co. KG aus Hei­ken­dorf pro­gram­mier­ten sie eine Web­an­wen­dung zum Ein­stel­len von Ver­an­stal­tun­gen, die Ka­len­der, so­zia­les Netz­werk und In­spi­ra­ti­on in einem sein soll.

Als Ge­schäfts­füh­rer komme Felix Meiß­ner nur noch sel­ten dazu, Soft­ware zu ent­wi­ckeln. „Ich ver­su­che, zu pro­gram­mie­ren“, sagt er und lacht. „Ich würde gerne wie­der mehr ‚bauen‘, ver­brin­ge meine Zeit aber mitt­ler­wei­le haupt­säch­lich mit der Kom­mu­ni­ka­ti­on mit Kund*innen, höre mir An­for­de­run­gen an, tau­sche mich mit dem Team aus und schrei­be An­ge­bo­te“, er­klärt er. Doch auch die Rolle als Ver­mitt­ler zwi­schen allen Be­tei­lig­ten mache ihm Spaß – und wer weiß, wenn die Vi­si­on des Ver­eins er­reicht ist, kann der Soft­ware­ent­wick­ler viel­leicht auch wie­der mehr selbst pro­gram­mie­ren.

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