Nach dem Abitur in Gettorf wollte ich in Kiel Elektrotechnik studieren. Ich musste mich zwischen FH und Uni entscheiden. Die Entscheidung fiel auf die Uni: „Wofür habe ich denn schließlich Abi gemacht?“, dachte ich mir. Allerdings wurde mir schon im ersten Semester an der Uni klar, dass ich für mich die falsche Entscheidung getroffen hatte. Mir fehlte an der Uni der Bezug zur Praxis - ich wollte wissen, wofür ich etwas lernen und was ich später damit anfangen kann.
Mit dem Wechsel zur FH entschied ich mich wegen der großen Bandbreite an Themen für den Bachelor-Studiengang Mechatronik. Die Möglichkeit, sowohl mit CAD-Systemen zu arbeiten, als auch Platinen-Layouts zu entwerfen, interessierte mich sehr. Zudem bekommt man einen technischen Überblick über viele Themen, so dass man sich später viel leichter in verschiedene Felder einarbeiten kann.
Schon vor meinem Studium war ich an Mobilitäts-Themen interessiert. Als Jugendlicher habe ich viel an Fahrrädern geschraubt und mit einem Kumpel zusammen ein Go-Kart mit einem Rasenmäher-Motor gebaut. Durch diese Vorlieben bin ich in meinem ersten FH-Semester zum Raceyard-Team gekommen, das elektrische Kleinrennwagen entwirft und baut.
In der Projektarbeit entwickelte ich gemeinsam mit anderen Studierenden ein E-Skateboard. Danach konzipierte ich in meiner Bachelorarbeit für die Kieler Firma UXMA einen Umrichter für einen E-Scooter.
Eigentlich wollte ich immer aus Kiel weg, aber das Studium gefiel mir so gut, dass ich nach dem Bachelor auch meinen Master an der FH machen wollte. Zudem hatte ich mir in Kiel schon ein Netzwerk aufgebaut. Durch die Arbeit in kleinen Gruppen bestand immer auch ein guter Draht zu den Professoren. Außerdem gibt es in Kiel mit dem FabLab.sh von Opencampus tolle Möglichkeiten, eigene Projekte auch selbständig zu verwirklichen.
Um mein Fernweh zu stillen, bin ich während meines Masters über das Erasmus-Programm für ein Semester nach Aveiro in Portugal gegangen. Das war eine großartige und unvergleichbare Erfahrung. Ich kann jeder und jedem nur raten, so früh wie möglich an einem Erasmus-Austausch teilzunehmen. Mit anderen Menschen aus Europa zusammenzukommen, sich auszutauschen und bei aller Verschiedenheit und Vielfalt Gemeinsamkeiten zu entdecken, verändert die eigene Sichtweise auf Europa. Auch meine eigene Sicht auf Kiel hat das Semester in Portugal verändert, denn anschließend wusste ich, was mir Kiel alles bietet. Zudem ist Kiel nicht die einzige Stadt in Europa mit viel Regen.
Da die Wellen in Kiel nur selten zum Surfen reichen, entwickelte ich in der Masterprojektarbeit mit vier Kommilitonen ein E-Surfboard. Wir sind mit unserer Idee einfach zu Prof. Dr. Robert Manzke gegangen, den wir sofort für uns gewinnen konnten. Mit den Möglichkeiten des FH-Makerspaces und dem FabLab.sh haben wir es in dreieinhalb Monaten geschafft, unsere Idee zu entwickeln und umzusetzen. Sogar die Sponsoren warben wir als Team ein. Es war ein tolles Gefühl, gemeinsam in so kurzer Zeit etwas ganz Reales zu schaffen. So machte die Umsetzung des Wissens, dass man in den Vorlesungen gelernt hat, richtig Spaß.
In meiner Master-Arbeit habe ich für Porsche Engineering ein elektrochemisches Batteriemodell entwickelt. Das Modell berücksichtigt verschiedene Eigenschaften einer Batterie und setzt diese zueinander in Beziehung. Somit ist es beispielweise möglich, den Einfluss der Fläche der Batterie auf die Energiedichte zu simulieren.
Auch nach meinem Master bin ich an der FH Kiel geblieben und setze mich weiter mit Energiefragen und Green Technologies auseinander. Als wissenschaftlicher Mitarbeiter von Prof. Dr.-Ing. Christoph Weber forsche ich seit Januar 2020 in einem Projekt, das mit Hilfe von künstlicher Intelligenz den Ladezustand von Batterien möglichst exakt bestimmen soll. Der Clou hierbei ist, dass das System durch eine Vielzahl von Messungen selbständig lernt. Gerade die Kombination aus klassischen Ingenieurdisziplinen wie präziser Messtechnik und die Methoden der Maschinellen Lernverfahren sind für mich besonders reizvoll. Die interdisziplinäre Tätigkeit ist zudem sehr wichtig in der Forschungsgruppe.
In Schleswig-Holstein kommt es öfter vor, dass Windkraftanlagen abgeschaltet werden, obwohl ausreichend Wind weht. Der Grund ist, dass es einen Überschuss an Energie im Stromnetz gibt. Große Batteriespeicher können diese Energie zwischenspeichern. Um dies jedoch effektiv zu nutzen, muss ermittelt werden, wie viel freie Kapazität ein Batteriespeicher hat. Das Projekt soll helfen, regenerativen Energien besser zu nutzen und dabei die Lebensdauer von Batterien erhöhen.
Vor allem in den Bereichen Mobilität und Energie ist gerade viel im Umbruch, und es gibt es viele spannende Themen, zu denen ich durch mein Studium einen direkten Zugang gewonnen habe. Bei meiner täglichen Arbeit zu erleben, wie ich mein Wissen sinnvoll anwenden kann, ist eine starke Motivation für mich.