Ein Mann vor einer Landschaft© B. Kreyen­brink
Ben­ja­min Kreyen­brink ver­brach­te ein Se­mes­ter an der Stel­len­bosch Uni­ver­si­ty in Süd­afri­ka.

Elek­tro­tech­nik trifft Bio­tech­no­lo­gie: Ein Se­mes­ter in Süd­afri­ka

von Stel­la Pe­ter­sen

„Ich hätte nie ge­dacht, dass ich ein­mal einen Fuß auf den afri­ka­ni­schen Kon­ti­nent set­zen würde“, sagt Ben­ja­min Kreyen­brink. Doch be­kannt­lich kommt es oft an­ders als man denkt: Der Me­cha­tro­nik-Stu­dent ver­brach­te ein Se­mes­ter in Süd­afri­ka an der Stel­len­bosch Uni­ver­si­ty in der gleich­na­mi­gen Stadt, wo er sich im Rah­men sei­ner Pro­jekt­ar­beit mit elek­tro­che­mi­schen Prin­zi­pi­en be­schäf­tig­te.

Auf die Idee, ein Aus­lands­se­mes­ter zu ab­sol­vie­ren, kam er in einer Vor­le­sung von Dr. Ha­rald Ja­cob­sen, Pro­fes­sor für Ma­the­ma­tik, Phy­sik und Elek­tro­tech­nik. Im Wahl­mo­dul ‚Mi­kro­sys­tem­tech­nik‘ hatte Ja­cob­sen einen Gast­do­zen­ten aus Stel­len­bosch ein­ge­la­den, des­sen Vor­trag bei Ben­ja­min Kreyen­brink einen blei­ben­den Ein­druck hin­ter­ließ.

Ein Biosensor-Chip©B. Kreyen­brink
So sieht der Bio­sen­sor aus, mit des­sen Funk­ti­ons­wei­se sich Ben­ja­min Kreyen­brink in Stel­len­bosch be­schäf­tig­te.

Pro­fes­sor Wil­lem Perold stell­te in sei­nem Vor­trag For­schungs­pro­jek­te von Stu­die­ren­den der Stel­len­bosch Uni­ver­si­ty vor, die sich mit elek­tro­che­mi­schen Bio­sen­so­ren be­fass­ten. „Dass Wil­lem seine Bio­tech-Grup­pe vor­ge­stellt hat, war für mich ein gro­ßes Glück, da ich mir vor­stel­len kann, spä­ter in die­sem spe­zi­el­len und ei­gent­lich nicht ty­pisch me­cha­tro­ni­schen Be­reich zu ar­bei­ten“, er­in­nert sich Kreyen­brink.

Also wand­te Kreyen­brink sich Ende 2022 an Ha­rald Ja­cob­sen, der selbst 2017 ein hal­bes Jahr in Stel­len­bosch ge­forscht und ge­lehrt hat, und or­ga­ni­sier­te in Ab­spra­che mit Wil­lem Perold sei­nen Auf­ent­halt in Süd­afri­ka. Da die Stel­len­bosch Uni­ver­si­ty be­reits eine lang­jäh­ri­ge Part­ner­hoch­schu­le der Fach­hoch­schu­le Kiel ist, ver­lief der Or­ga­ni­sa­ti­ons­pro­zess rei­bungs­los, und so reis­te Kreyen­brink im April 2023 für fünf Mo­na­te nach Süd­afri­ka.

Als so­ge­nann­ter Re­se­arch Af­fi­lia­te ar­bei­te­te Kreyen­brink in der Ar­beits­grup­pe von Wil­lem Perold mit, an­statt Vor­le­sun­gen oder Se­mi­na­re zu be­su­chen. Kon­kret un­ter­stütz­te er ein For­schungs­team bei der Wei­ter­ent­wick­lung eines Bio­sen­sors. Sol­che Sen­so­ren haben das Po­ten­zi­al, me­di­zi­ni­sche Dia­gno­sen zu ver­ein­fa­chen, vor allem in Re­gio­nen, in denen es an spe­zia­li­sier­ten La­bo­ren man­gelt. Der Kern des Sen­sors ist ein ein­fa­cher Chip, der aus meh­re­ren dün­nen Me­tall­elek­tro­den be­steht, die im Vor­hin­ein mit Che­mi­ka­li­en be­han­delt wor­den sind und Elek­tro­nen aus­tau­schen. Die Er­geb­nis­se wer­den mit einem Mess­ge­rät aus­ge­wer­tet, das nicht grö­ßer sein muss als ein Game Boy.

Ein Berg hinter einem Feld©B. Kreyen­brink
Auf einem Wan­der-Trail hat Ben­ja­min Kreyen­brink die um­lie­gen­de Natur er­kun­det.

Ein gro­ßer Vor­teil des ent­wi­ckel­ten Ver­fah­rens ist seine schnel­le und ein­fa­che An­wen­dung. In­ner­halb we­ni­ger Mi­nu­ten kön­nen Krank­hei­ten wie Cho­le­ra oder Tu­ber­ku­lo­se mit einem ein­fa­chen Test nach­ge­wie­sen wer­den. Im Ge­gen­satz zu her­kömm­li­chen Dia­gno­se­ver­fah­ren wie PCR-Tests, die eine teure La­bor­aus­stat­tung er­for­dern, kann der kos­ten­güns­ti­ge Bio­sen­sor na­he­zu über­all ein­ge­setzt wer­den. Das macht ihn be­son­ders für den Point-of-Care-Ein­satz, also die Ver­wen­dung di­rekt beim Pa­ti­en­ten, at­trak­tiv – vor allem in Ge­bie­ten mit schwach aus­ge­bau­ter me­di­zi­ni­scher In­fra­struk­tur.

Bei der Ent­wick­lung die­ses Sen­sors fiel dem Team auf, dass nicht alle durch­ge­führ­ten Tests ein­wand­frei funk­tio­nier­ten, zum Bei­spiel un­ge­woll­te Re­ak­tio­nen den Chip zer­stör­ten. „Meine Auf­ga­be war es, die­sen De­tails auf den Grund zu gehen und zu schau­en, was da auf elek­tro­che­mi­scher Ebene pas­siert“, er­klärt Ben­ja­min Kreyen­brink. Er mo­del­lier­te den Sen­sor in einer Si­mu­la­ti­ons­soft­ware und konn­te so des­sen Ver­hal­ten unter ver­schie­de­nen Be­din­gun­gen elek­tri­scher Strom­ver­tei­lung ana­ly­sie­ren.

„Die Ar­beit in Stel­len­bosch war ei­gent­lich eine glück­li­che Fü­gung“, re­sü­miert der 25-Jäh­ri­ge. Be­son­ders fas­zi­niert ihm, dass er bei sei­ner Ar­beit mit Zel­len im wei­tes­ten Sinne „mit Leben zu tun hat“ und sein elek­tro­tech­ni­sches Wis­sen aus dem Stu­di­um mit der Bio­tech­no­lo­gie ver­bin­den kann. Statt das Land und die frem­de Kul­tur zu er­kun­den, ver­brach­te er viel Frei­zeit auf dem Cam­pus, um sich noch tie­fer in die Ma­te­rie ein­zu­ar­bei­ten. „Die Hälf­te mei­ner Zeit habe ich ein­fach nur in der Bi­blio­thek ge­le­sen und über Elek­tro­che­mie nach­ge­dacht“, sagt Ben­ja­min Kreyen­brink la­chend.

Von sei­nem Aus­lands­se­mes­ter in Süd­afri­ka nimmt Kreyen­brink viel Er­fah­rung und Wis­sen mit zu­rück nach Kiel. Seine an­ste­hen­de Ba­che­lor-Ar­beit würde er eben­falls gerne im Be­reich Bio­tech­no­lo­gie schrei­ben. Nach dem Stu­di­um kann sich Kreyen­brink gut vor­stel­len, in der Wis­sen­schaft zu blei­ben und zum Bei­spiel an einem Fraun­ho­fer-In­sti­tut mit ähn­li­cher Aus­rich­tung zu ar­bei­ten.

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