Prof. Dr. Christoph Weber, der Dekan des Fachbereiches Informatik und Elektrotechnik, forscht an der FH zu Batteriemanagementsystemen und kann diese so anschaulich erklären, dass jede*r ihm folgen kann: „Batterien sind wie Badewannen voller Strom, und man kann den Zu- und Abfluss bei beiden messen.“ Er selbst hat an einer Universität studiert und kennt daher die Unterschiede zu einer Fachhochschule. Wie die Lehre an der FH gestaltet wird, hat ihn „von Anfang an in den Bann gezogen“, sagt er.
Ganz begeistert leuchten seine Augen auf, wenn man Prof. Weber nach seinem Forschungsprojekt fragt. Der Begriff Batteriemanagementsysteme ist auf vielen Ebenen sperrig. Aber was er damit meint, kann er leicht erklären. Mit Wind- oder Sonnenenergie gewonnener Strom wird nicht sofort gebraucht, wenn er erzeugt wird. Er muss gespeichert werden – am besten in einer Batterie. Oder, wie Prof. Weber es nennt: „Der Strom wird quasi gesammelt wie Wasser in einer Badewanne. Also kann man ihn auch wieder herausnehmen. Die vorhandene Energie ist hier also der Füllstand der Badewanne, und den Stromfluss, den kann man vergleichen mit dem Wasser-Zu- und Abfluss. Man kann den Strom so hin- und herschaufeln, er geht nicht gleich verloren.“ Soweit so klar, aber was macht ein Batteriemanagementsystem? Eine Badewanne muss dicht sein, analog muss eine Batterie gut funktionieren. Undichte Badewannen fallen auf, aber kaputte oder morsche Batterien sehen von außen nicht anders aus als intakte. Die Lithium-Ionen-Akkus, welche in den meisten Batterien verwendet werden, die in Autos und Laptops enthalten sind, werden von einem System überwacht, das deren Ladezustand und ihre Temperatur anzeigen kann. Autos beschweren sich auf der Grundlage feiner Messungen, wenn sie zur Überprüfung in die Werkstatt müssen. Batterien können das noch nicht. Das lassen Ingenieur*innen wie Prof. Weber nicht auf sich sitzen, denn: „Genau messen kann man nur als Ingenieur*in.“
Da hilft nur eins: Eine Messmethode entwickeln. Und zwar mit Software-Tools, die mit den Mitteln von künstlicher Intelligenz eigenständig lernen und somit Veränderungen an den Batterien feststellen, die für Menschen nicht ersichtlich oder nachvollziehbar sind. Neuer Vergleich, bitte! Künstliche Intelligenz, kurz KI, ist wie Gitarrespielen, so Prof. Weber. Wenn man die Gitarre oft genug spielt, merkt man irgendwann schon beim ersten Griff, ob sie verstimmt ist oder nicht. Der Klavierstimmer hat ein so trainiertes Ohr, dass er beim ersten Anspielen der Tasten weiß, ob sie nicht stimmen. Und genauso macht es die KI. An ihr angeschlossen ist eine echte Batterie, an der immer wieder die Ladung und Entladung simuliert wird. „Sie wird auch manchmal in eine Klimakammer gesteckt, damit sie auch mal unterschiedliche Temperaturen sieht“, ergänzt Prof. Weber. Eine selbstentwickelte Messschaltung misst das Verhalten der Batterie. Oder, wie Prof. Weber es nennt: „Wir messen, welche Klänge die Batterie gerade erzeugt.“ Ein Computer ist dabei der anzugehende Klavierstimmer: „Das Tolle ist, dass das Lernen der KI selbstständig erfolgt. Der Computer erlernt, während er seine eigenen Messungen macht, was richtig und was falsch ist.“ Das muss er auch, denn noch gibt es keine Parameter, an denen festgemacht werden kann, ob ein Batterie ersetzt werden sollte oder nicht. „Dieses Verfahren nennt sich bestärkendes Lernen.“ Der Dekan ist sichtlich stolz auf seinen Forschungsaufbau.
„Es wird in der Zukunft wichtig sein, dass wer die Ingenieurswissenschaften beherrscht, auch darüber hinaus erkennt, was in der Informatik los ist – und wie das das Ingenieurswesen beeinflussen kann“, schätzt er. Denn, so Weber, „das ist typisch Fachhochschule: Etwas zu erkennen, eine Technologie für eine andere Thematik, die in einem anderen Umfeld auch sehr gewinnbringend eingesetzt werden kann.“ Diese Methode stammt aus der Medizintechnik und wird dort zum Beispiel zur Krebsdiagnose verwendet, aber am Puls der Zeit ist der Prof. Weber natürlich auch: „Dazu gibt es Youtube-Videos mit Arcade-Games! Atari und Pacman und Co., da kann ein Computer lernen, wie er automatisch durch alle Levels kommt. Davor wird er millionenfach scheitern, aber nach unzähligen Trainingsvorgängen weiß er, was zu tun ist, um dieses Labyrinth fehlerfrei zu meistern.“
Fehlerfrei meistern überlassen Ingenieur*innen dann aber auch den Computern. Eine der Hauptqualitäten von ihnen sollte es sein, mit Frust umzugehen. „Ich sage immer: 90 Prozent ist irgendwie Frust. Aber zehn Prozent sind auch pure Glückseligkeit!“ Am Lehren begeistert es den Dekan besonders, wenn Studierende eigene Projekte meistern und daraus das Selbstbewusstsein ziehen, etwas Besonderes geschaffen zu haben. Schaltungen, mit denen man kämpft, sähen, wenn sie funktionieren, am Ende aus wie Schrotthaufen voller Kabelbrücken und Lötstellen, so plaudert er aus dem Nähkästchen. „Aber: Dann weiß man, das kann kein anderer, was ich jetzt hier gemacht habe. Und das ist ein schönes Gefühl.“
„Viele haben vielleicht eine diffuse Vorstellung vom Studium hier, alle erwarten, dass sie viel mit Mathematik und Grundlagen zu tun haben werden. Und das schreckt viele ab“, berichtet der Prof. Weber. Dass sei nicht so, schon im ersten Semester wird es direkt praktisch, die Studis erlernen direkt das Programmieren an Computern und bald darauf an Microcontrollern. Und nach der Behandlung der Grundlagen im Ingenieursstudium in den ersten beiden Semestern können Studierende nach ihrem eigenen Belieben viele Teilbereiche vertiefen. Von den Laboren sind nicht nur die Studierenden begeistert, sondern auch die Professores. Bei den Studis kommt das gut an. „Das ist alles machbar. Dann vielleicht nicht in einem halben, sondern in einem ganzen Jahr. Das hat mit dem beruflichen Erfolg danach nichts zu tun.“, versichert Prof. Weber. Viel mehr kennen diese Studierenden dann ja schon die 90 Prozent Frust und, so Weber, sind dann meist Expert*innen auf ihrem Gebiet, durch das sie sich mühsam durchbissen. Nach der großen praktischen Gruppenarbeit im sechsten Semester, bei der Studierende in Gruppenarbeiten Lösungen für individuelle Probleme erarbeiten, schreiben viele ihre Bachelorarbeit in der Industrie. „90-95 Prozent machen das etwa“, so der Prof. Weber. Die Nachfrage für die Studierenden der FH ist auf jeden Fall da.
Aus seiner eigenen Vita weiß Weber: „Das Ziel der FH ist es, dass die Studierenden nach dem Abschluss sofort in der Lage sind, in den Betrieben anzufangen. Mit den Tools, die in der Industrie eingesetzt werden. Das hatte ich selbst nach meiner Promotion an einer Universität gar nicht drauf. Ein Fachhochschulabsolvent in meinem damaligen Betrieb, der konnte das alles. Ich hatte erst mal einen Kulturschock.“