„Damals hatte die FH Kiel noch viel von einer Schule und weniger von einer Universität wie heute“, erinnert sich Helmut Scheinert. Der Husumer, Jahrgang 1958, absolvierte sein Diplom als Maschinenbauingenieur im Jahr 1980 an der Hochschule. „Wir waren die ersten, die sich anschließend als Diplom-Ingenieur bezeichnen durften – das war eine schöne Überraschung“, so Scheinert. Vorher gab es für Absolvent*innen von Fachhochschulen oder auch Ingenieurschulen lediglich die weniger namenhafte Bezeichnung des graduierten Ingenieurs. „Das gab uns natürlich einen Schub Selbstvertrauen für die nun anstehenden Bewerbungen“, sagt der Husumer. Fast sein ganzes Berufsleben verbrachte er bei der Daimler AG, für die er nach Baden-Württemberg zog.
Doch zunächst stand nach dem Abschluss der Wehrdienst an. „Nach der Schule ging ich direkt ins Studium und war zu schnell für die Bundeswehr – dann wurde ich aber doch gezogen“, erzählt Scheinert und lacht. Der damals 21-Jährige leistete als Ingenieur Dienst an der Technischen Marineschule in Bremerhaven. „Ich habe an großen Schiffsmotoren auf Prüfständen gearbeitet. Das war quasi eine praktische Fortsetzung der Studieninhalte“, erklärt Scheinert. Als die Dienstzeit ein Jahr später endete, bewarb er sich auf Stellen in ganz Deutschland. „Daimler hatte das beste Angebot, sie boten 300 Mark mehr im Monat“, erläutert er seine Entscheidung augenzwinkernd. Am 2. September 1981, kurz vor seinem 22. Geburtstag, trat er der schwäbischen Automarke bei und zog nach Ebersbach an der Fils bei Stuttgart.
Scheinert war von nun an Versuchsingenieur für schwere Lkw-Dieselmotoren. Wieder sei viel Grundlegendes ähnlich, einiges anders als im Studium gewesen: „Auf einmal gab es Personal, das einem die Prüfstände aufgebaut hat.“ Anfangs hatte es der Husumer wegen seines jungen Alters schwer bei denen. Scheinert folgte dem Rat seines Anleiters und lies sich einen Bart stehen. „Auch wenn anfangs noch nicht viel gewachsen ist“, erinnert er sich. Allmählich klappte der Umgang. „Unsere Aufgabe war es, den Motoren das Rauchen abzugewöhnen“, bringt er seinen Job auf den Punkt. Im Laufe des Berufslebens optimierte er sich von Euronorm 0 bis zur aktuellen Euronorm 6.
Eine zentrale Stellschraube zur Reduzierung von Ruß sei der Einspritzdruck der Kraftstoffpumpe. Umso höher der ist, desto feiner ist die Kraftstoffwolke, die in der Brennkammer gezündet wird. „Sind die Tröpfchen feiner, verbrennen sie vollständiger“, erklärt Scheinert. Ruß sei nichts anderes, als unvollständig verbrannte Bestandteile des Diesels. „Zu meiner Anfangszeit betrug der Einspritzdruck 350 bar. Bei aktuellen Motoren sind es um die 2000 bar“, verdeutlicht Scheinert den weiten Optimierungsweg, den er mitgegangen ist. „Der Schadstoffausstoß wurde dabei um etwa 95 Prozent, der CO²-Ausstoß um etwa 20 Prozent reduziert“, schätzt er.
Scheinert ist stolz auf die Technologie, die so eng mit seinem Lebensweg verbunden ist. „Ich bin großer Dieselmotorfan – es ist eine wirklich ausgereifte und langlebige Maschine“, so Scheinert. Heutigen Studierenden seines alten Fachbereichs rät er dennoch von seiner Richtungswahl ab. „Spezialisieren Sie sich auf die Elektrotechnik. Heute noch auf Verbrennungstechnik zu setzen, ist so als hätte ich mich damals auf die Dampfmaschine spezialisiert“, so Scheinert lachend. Seit Februar 2019 ist er aus der aktiven Zeit bei Daimler ausgetreten und genießt seinen vorzeitigen Ruhestand.