Spiel- und Thea­ter­päd­ago­gik

Was ist Spiel?

Sylva Brit Jür­gen­sen

 

Diese Frage zu be­ant­wor­ten, scheint eine der schwie­rigs­ten Auf­ga­ben der Mensch­heit zu sein. Eine ein­deu­ti­ge De­fi­ni­ti­on von SPIEL zu geben, ist bis heute nicht ge­lun­gen. Phi­lo­so­phen der An­ti­ke bis zu den Ar­chi­tek­ten der Mo­der­ne ver­such­ten immer wie­der das Wesen des Spiels zu er­fas­sen. Für Päd­ago­gen aller Zeit­al­ter war es ein Haupt­an­lie­gen nach dem Sinn und Wesen des Spiels zu fra­gen.

 

Spiel ist ein his­to­ri­scher Be­griff, die Er­klä­rungs­ver­su­che las­sen er­ken­nen, wel­che geis­ti­gen Strö­mun­gen die Ge­sell­schaft in der je­wei­li­gen Epo­che be­ein­fluss­ten. So ist für Rous­seau (1762) das Spiel die zwang­lo­se Na­tür­lich­keit, für Schil­ler (1793) ein äs­the­ti­scher Zu­stand, Frö­bel (1826) sah es als höchs­te Stufe der Kin­des­ent­wick­lung, Büh­ler (1929) ver­such­te Spiel als Funk­ti­ons­lust zu er­klä­ren,  Ker­schen­stei­ner (1923) sah  Spiel im Ge­gen­satz zur Ar­beit, (vgl. Scheu­erl, 1975, S.7).  Keine der De­fi­ni­tio­nen war zu­frie­den­stel­lend, son­dern warf noch wei­te­re Fra­gen auf.

 

Eine teils kon­kre­te, teils er­wei­tern­de De­fi­ni­ti­on, die bis heute die Dis­kus­si­on mit­be­stimmt, ist die von Hui­zin­ga: Spiel ist eine frei­wil­li­ge Hand­lung oder Be­schäf­ti­gung, die in­ner­halb ge­wis­ser fest­ge­setz­ter Gren­zen von Zeit und Raum nach frei­wil­lig an­ge­nom­me­nen, aber un­be­dingt bin­den­den Re­geln ver­rich­tet wird, ihr Ziel in sich selbst hat und be­glei­tet wird von einem Ge­fühl der Span­nung und Freu­de und einem Be­wu­ßt­sein des An­ders­seins als das ge­wöhn­li­che Leben. (HUI­ZIN­GA IN ZA­CHA­RI­AS, 1987, S. 16)

 

Es ist ein Phä­no­men des Spiels, sich nicht ein­fan­gen zu las­sen, denn bei der Viel­zahl der De­fi­ni­tio­nen fällt ein Grund­pro­blem auf: Je kon­kre­ter der  Spiel­be­griff um­schrie­ben wird, desto we­ni­ger Spiel­mög­lich­kei­ten um­fasst er. Je wei­ter der Spiel­be­griff ge­fasst wird, desto un­ge­nau­er wird er auch.

 

Bis­her je­den­falls hat das Spiel noch jeder lo­gi­schen und de­fi­ni­to­ri­schen End­gül­tig­keit der Phi­lo­so­phi­en und Wis­sen­schaf­ten sein Schnipp­chen ge­schla­gen. Das scheint so seine Art: Nicht nur dem theo­re­ti­sie­ren­den Be­trach­ter, auch dem Spie­ler selbst schlägt es ja immer wie­der sein Schnipp­chen: Es zieht ihn in sei­nen Bann, er­regt und be­glückt ihn; aber so­bald er es be­herr­schen, er­zwin­gen oder fest­hal­ten will, ent­win­det es sich sei­nem Zu­griff oder bricht zu­sam­men. Und doch ist es an­der­seits zu­gleich so ein­fach, dass es schon klei­nen Kin­dern zu­gäng­lich ist. Es ist ein­fach und viel­fäl­tig, ele­men­tar und hoch­pro­ble­ma­tisch zu­gleich. Es ent­hält of­fen­bar eine Fülle von Pa­ra­do­xi­en. (Scheu­erl , 1975, S. 9)

 

Hans Scheu­erl be­faß­te sich in­ten­siv mit den Spiel­theo­ri­en von der An­ti­ke bis zur Mo­der­ne und ver­such­te die Frage nach dem Wesen des Spiels durch die Ge­mein­sam­kei­ten der Spiel­theo­ri­en zu klä­ren. Er fand her­aus, dass

 

·     das Mo­ment der Frei­heit

·     das Mo­ment der in­ne­ren Un­ru­he

·     das Mo­ment der Schein­haf­tig­keit

·     das Mo­ment der Am­bi­va­lenz

·     das Mo­ment der Ge­schlos­sen­heit

·     das Mo­ment der Ge­gen­wär­tig­keit  

 

in vie­len Spiel­de­fi­ni­tio­nen be­nannt wurde. (vgl. KREU­ZER, 1983, S. 10)

 

Ge­mein­sam­keit vie­ler Er­klä­rungs­ver­su­che war es eben­so, dass das Spiel als die vor­wie­gen­de Tä­tig­keit des klei­nen Kin­des ge­se­hen wird. Da sich das Er­le­ben von Kind­heit in den ver­gan­ge­nen Jahr­hun­der­ten we­sent­lich ver­än­dert hat, so er­leb­te auch das Spiel eine Ent­wick­lung.

 

Der Be­griff Spiel ist eng mit dem Be­griff Kind­heit ver­floch­ten und, wie er, eine ge­sell­schaft­lich er­fun­de­ne/ent­stan­de­ne Ka­te­go­rie. Aus die­sem Grun­de ist er auch wie die­ser, nur his­to­risch und ge­sell­schaft­lich zu fas­sen.  In un­se­rer heu­ti­gen Zeit sind Kind­heit und Spiel zwei un­trenn­ba­re Be­grif­fe. Kin­der­spiel ist nor­mal und na­tür­lich  und bis zum Schul­al­ter die Tä­tig­keit, die im All­tag eines Kin­des vor­herrscht.` (BUND DER JU­GEND­FAR­MEN, 1997, S. 21)

 

In der Ent­wick­lungs­psy­cho­lo­gie wird Spiel als eine der wich­tigs­ten Vor­aus­set­zun­gen für eine ge­lin­gen­de So­zia­li­sa­ti­on des Men­schen ge­se­hen.  

 

´Mit Vy­gots­ky und Leont­jew kann man das Spiel daher auch als die be­vor­zug­te und wich­tigs­te Tä­tig­keit des Kin­des im Vor­schul­al­ter an­se­hen. Tä­tig­keit meint hier einen zen­tra­len psy­cho­lo­gi­sche Be­griff, näm­lich die sinn­stif­ten­de Ak­ti­vi­tät, die In­di­vi­du­um und Um­welt, Sub­jekt und Ob­jekt, zu einem Gan­zen ver­bin­det. Spiel bil­det dazu den Rah­men und die Sinn­deu­tung, die das Kind be­vor­zugt, der Er­wach­se­ne hin und wie­der sei­nen Um­welt­be­zie­hun­gen gibt. (OER­TER,1987, S.215)

 

Kreu­zer er­wei­tert die­sen Tä­tig­keits­be­griff des Spiels auf den Men­schen über­haupt. Spie­len ist neben dem Ler­nen die päd­ago­gisch be­deut­sams­te Tä­tig­keit des Men­schen. Aber es steht nicht im Ge­gen­satz zum Ler­nen, son­dern er­mög­licht es in viel­ge­stal­ti­ger Weise. Spie­len ist Leben, schafft Leben, ist immer le­ben­dig, le­bens­voll. Als Teil des Le­bens ist es kein den Kin­dern, oder gar nur den klei­nen Kin­dern, vor­be­hal­te­nes Tun und als sol­cher be­rührt er auch alle Be­rei­che, die für das mensch­li­che Leben Be­deu­tung be­sit­zen. (KREU­ZER, 1983, S. 3) 

 

Wenn nun das Spiel eine sol­che grund­le­gen­de Be­deu­tung im Leben von uns Men­schen hat, daß es seit Jahr­tau­sen­den die Men­schen be­schäf­tigt, soll­ten wir da­nach fra­gen, was das Spiel an uns Men­schen be­wirkt:

 

·      es löst Ge­füh­le aus wie Spaß, Freu­de, Lust und auch Wut , Ärger, Hass

·      es ist sinn­li­ches Er­le­ben

·      es führt uns in freu­di­ge An­span­nung

·      es er­mög­licht Ent­span­nung, Er­ho­lung

·      es über­rascht uns mit Un­er­war­te­tem

·      es be­inhal­tet va­ria­ble Ge­stal­tungs- und Aus­drucks­pro­zes­se

·      es er­mög­licht uns Kon­takt zu an­de­ren Men­schen und Din­gen

 

 

Durch das Spiel wer­den die ge­stal­ten­den, pro­duk­ti­ven und imi­ta­ti­ven Kräf­te des Men­schen ge­weckt, ge­för­dert bzw. er­hal­ten, vor allem in der Kind­heit, aber auch der Er­wach­se­ne kann bis ins hohe Alter schöp­fe­ri­sche, krea­ti­ve Kräf­te aus dem Spiel ge­win­nen. Im Spiel knüpft der Mensch Be­zie­hun­gen zu den Mit­men­schen und eben­so zu den Din­gen, es regt die me­di­ta­ti­ven und ge­stal­te­ri­schen, äs­the­ti­schen und sym­bo­li­schen Fä­hig­kei­ten an wie auch seine Krea­ti­vi­tät und seine Phan­ta­sie. (ZIM­MER, 1991, S .10 ff) Zu­sam­men­fas­send kön­nen wir sagen, dass das Spiel den Men­schen in sei­ner gan­zen Per­sön­lich­keit durch­dringt.

Was ist Spiel­päd­ago­gik?


Klä­ren wir als ers­tes den Be­griff Päd­ago­gik und wie sich Spiel zu ihm ver­hält.

Päd­ago­gik ist die Lehre von der Er­zie­hung des Men­schen. Das um­fas­sen­de Auf­ga­ben­ge­biet der Päd­ago­gik be­steht im Nach­den­ken über die Er­zie­hung des Men­schen, über das Han­deln in einer be­stimm­ten Er­zie­hungs­pra­xis und über das Ver­schrän­ken bei­der Be­rei­che. Dabei stellt sich die Frage nach der Er­zieh­bar­keit des Men­schen über­haupt, die Päd­ago­gik muss die er­zie­he­ri­sche Ar­beit in ihrer ak­tu­el­len Pra­xis re­flek­tie­ren und an­zu­lei­ten ver­su­chen und den mög­li­chen Ab­schluss und die mög­li­che Voll­endung von Er­zie­hung be­stim­men. (EN­ZY­KLO­PÄ­DIE DER SON­DER­PÄD­AGO­GIK, 1992, S.468)

 

Hal­ten wir uns die Aus­wir­kun­gen des Spiels ein­mal vor Augen so  be­schäf­tigt sich Spiel­päd­ago­gik dem­nach mit dem Phä­no­men Spiel als Me­di­um in der Er­zie­hung des  Men­schen. Der Spiel­päd­ago­ge in­ter­es­siert sich so­wohl für die Vor­aus­set­zun­gen  und Be­din­gun­gen des Spiels als auch die mög­li­chen Ziel­per­spek­ti­ven. Er fragt nach dem sinn­vol­len Ein­satz von Spie­len eben­so wie nach den Gren­zen einer päd­ago­gisch ge­lei­te­ten Spiel­erfah­rung. (KREU­ZER, 1983, S. 21)

 

Da sich das Spiel als Er­fah­rungs­raum und Me­di­um zu­gleich er­weist, nimmt die Be­deu­tung des Spiels im Zu­sam­men­hang  mit Kom­mu­ni­ka­ti­on, In­ter­ak­ti­on oder Grup­pen­dy­na­mik zu. Über das Spiel wer­den zum Bei­spiel In­ter­ak­tio­nen in­iti­iert, Wahr­neh­mungs­be­rei­che sen­si­bi­li­siert, so­zia­le Re­geln ein­ge­übt usw. Das Spiel ver­bin­det sich mit viel­fäl­ti­gen Be­rei­chen oder wird in ihnen prä­sent. Kunst, Musik, Tanz, Thea­ter und Sport sind klas­sisch zu nen­nen­de Be­rei­che spie­le­ri­scher Ak­ti­vi­tät und spie­le­ri­schen Ge­sche­hens. Mit der Frage, wo Kin­der (und Men­schen aller Al­ters­stu­fen, An­mer­kung die Ver­fas­se­rin) spie­len kön­nen und wo sie dies am bes­ten kön­nen, stellt sich auch die Frage nach der Spielum­welt: der Spiel­raum, der Spiel­platz, sie wer­den zu wich­ti­gen päd­ago­gi­schen Be­rei­chen, so­wohl als päd­ago­gisch ge­stal­te­te Um­welt, als auch als päd­ago­gi­sches Ex­pe­ri­men­tier- und For­schungs­feld. (KREU­ZER a.a.O)

 

Für den Spiel­päd­ago­gen Rene Rei­chel be­deu­tet Spiel­päd­ago­gik päd­ago­gisch be­grün­de­te Ab­sich­ten me­tho­disch un­ter­stüt­zen. Dazu ge­hört vor allem: Alle mög­li­chen Aus­drucks­mit­tel her­an­zie­hen, weil erst in der Viel­falt von Be­we­gen, Malen, Spra­chen, sze­nisch Spie­len, Musik Ma­chen und Er­le­ben, Kör­per­aus­druck, Ma­te­ri­al Ge­stal­ten die gan­zen Aus­drucks­mög­lich­kei­ten des Men­schen le­ben­dig wer­den. In die­sem Sinn ist Spiel­päd­ago­gik kein ei­ge­nes Ziel, keine selbst­zweck­haf­te Dis­zi­plin, son­dern sie be­rei­chert und un­ter­stützt wich­ti­ge Ar­beits- und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­for­men. (REI­CHEL, 1987, S. 9)

 

Wenn das Me­di­um Spiel in der Er­zie­hung des Men­schen einen so wich­ti­gen Platz in­ne­hat, so fra­gen wir auch nach der ge­sell­schaft­li­chen Be­deu­tung von Spiel­päd­ago­gik. Spiel­päd­ago­gik möch­te Werte und Ver­hal­tens­wei­sen, die in dem tra­di­tio­nell über­lie­fer­ten Spiel­re­per­toire ent­hal­ten sind un­ter­su­chen und auf­zei­gen. Sie möch­te den über­lie­fer­ten Spiel­for­men und deren ge­sell­schaft­li­cher Wir­kung neue­re Spiel­for­men ge­gen­über­stel­len.

 

Sol­che Spie­le sind eher:

- per­so­nen­be­zo­gen statt ein­sei­tig leis­tungs­be­zo­gen

- er­mu­ti­gend statt ent­mu­ti­gend

- krea­tiv statt re­pro­du­zie­rend

- viel­fäl­tig statt ein­sei­tig

- ko­ope­ra­tiv statt kon­kur­ren­zie­rend

- ver­än­der­bar statt starr ge­re­gelt

- her­aus­for­dernd statt ein­engend.` (REI­CHEL,a.a.O.) 

 

Spiel­päd­ago­gik be­ach­tet wich­ti­ge We­sens­merk­ma­le des Spiels und setzt diese  sinn­voll in der päd­ago­gi­schen Ar­beit mit Men­schen ein. Durch den Ein­satz von Spiel als Me­di­um zei­gen sich bei den Mit­spie­len­den Ver­än­de­run­gen in der Sen­si­bi­li­sie­rung der  Eigen - und Fremd­wahr­neh­mung, in der Kon­takt­fä­hig­keit und in der Er­wei­te­rung der Aus­drucks­mög­lich­kei­ten. Diese vom In­di­vi­du­um aus­ge­hen­de Ver­än­de­rung be­wirkt im Kon­takt mit an­de­ren wei­te­re, so dass tra­di­tio­nel­le Werte und Nor­men über­dacht und be­wusst bei­be­hal­ten oder er­neu­ert wer­den kön­nen.         

 

Spiel­päd­ago­gi­sche Ar­beits­fel­der

Spiel­päd­ago­gik kann theo­re­tisch über­all dort an­set­zen, wo Men­schen leben und in Be­zie­hung zu­ein­an­der ste­hen, denn Spiel­päd­ago­gik ist um­fas­sen­de Grup­pen­päd­ago­gik, mit den Zie­len In­ter­ak­ti­on, Kon­takt und Be­wusst­heit (vgl. REI­CHEL, 1983, S. 22).

 

Daher ent­wi­ckel­te sich Spiel­päd­ago­gik bis­lang vor­wie­gend in päd­ago­gi­schen Räu­men wo ein hö­he­res Maß an Frei­wil­lig­keit herrscht als in an­de­ren: Of­fe­ne Kin­der- und Ju­gend­ar­beit, Ama­teur­thea­ter­grup­pen, Spiel­platz­ar­beit, per­sön­lich­keits­be­zo­ge­ne Er­wach­se­nen­bil­dung, man­che Be­rei­che der So­zi­al­ar­beit. (REI­CHEL, 1983, S. 11)

 

Im In­for­ma­ti­ons­blatt des Er­gän­zungs­stu­di­en­gan­ges Spiel­päd­ago­gik- und Thea­ter­päd­ago­gik der Fach­hoch­schu­le Kiel wer­den als spiel­päd­ago­gi­sche Ar­beits­fel­der in der so­zia­len Pra­xis die Be­rei­che Thea­ter, Al­ters­heim, Ju­gend-, Kin­der-, Al­ten­kul­tur­zen­tren, Psych­ia­tri­sche Ein­rich­tun­gen, Mas­sen- und Bil­dungs­tou­ris­mus, Kul­tur­re­fe­ra­te, Ver­la­ge, als Ani­ma­teu­re, beim Rund­funk, im Fern­se­hen, als Al­lein­un­ter­hal­ter, Er­wach­se­nen­bil­dung... an­ge­ge­ben.

 

Da Spiel als Me­di­um sich her­vor­ra­gend zum Kon­flikt­lö­sen und neue Ideen schöp­fen sowie be­wuss­ten Um­gang mit sich und an­de­ren eig­net,  sind spiel­päd­ago­gi­sche Me­tho­den auch in die Be­rei­che der Frei­en Wirt­schaft vor­ge­drun­gen, in denen es um In­no­va­tio­nen, Krea­ti­ves Den­ken und Team­ar­beit geht. (vgl. ROG­GEN­KAMP in DIE ZEIT, 1998)

 

Ein Feld, in dem Spiel­päd­ago­gik zu­neh­mend als vor­wie­gen­de Me­tho­de ein­ge­setzt wird, ist die schu­li­sche oder au­ßer­schu­li­sche  Ar­beit mit Kin­dern und Ju­gend­li­chen.  Wie wir in Ka­pi­tel  4.1. sehen konn­ten, gibt es hier­für die ent­wick­lungs­psy­cho­lo­gi­sche Be­grün­dung, dass das Spiel die vor­wie­gen­de Tä­tig­keit des Kin­des sei.

Was ist Thea­ter­päd­ago­gik?

Quel­le: www.​ausbildung-thea­ter­päd­ago­gik.de

 

Thea­ter ist in aller Munde, hält Ein­zug in die Lehr­plä­ne der Län­der, hat es sogar bis zum Ab­itur­fach ge­bracht. Thea­ter mit Schü­lern, Thea­ter mit An­ge­stell­ten, Thea­ter im Schul­un­ter­richt, Thea­ter in Fort­bil­dun­gen, Un­ter­neh­mens­thea­ter, Thea­ter in der The­ra­pie, Thea­ter mit so­zia­len Rand­grup­pen oder in Brenn­punk­ten, in­te­gra­ti­ves Thea­ter, ge­ne­ra­tio­nen­über­grei­fen­des Thea­ter, Se­nio­ren­thea­ter, Ju­gend­clubs am Thea­ter und so wei­ter und viel mehr... Aber wie lernt man, in all die­sen Be­rei­chen wirk­lich fach­lich kom­pe­tent und auch künst­le­risch über­zeu­gend mit Men­schen zu ar­bei­ten?

 

Ihrer Her­kunft nach ist die Thea­ter­päd­ago­gik der So­zi­al­päd­ago­gik und dem Schul­spiel ent­wach­sen. Die ers­ten An­sät­ze me­tho­di­scher und di­dak­ti­scher Über­le­gun­gen zur „An­wend­bar­keit“ und Ver­mitt­lung thea­tra­ler Vor­gän­ge ent­sprin­gen si­cher­lich dem Be­dürf­nis thea­ter­be­geis­ter­ter Päd­ago­gen ver­schie­dens­ter Dis­zi­pli­nen, Thea­ter in ihr ei­ge­nes Be­rufs­feld zu in­te­grie­ren. Da­ne­ben ent­stan­den in den letz­ten 30 Jah­ren an den meis­ten eta­blier­ten Thea­tern und Opern­häu­sern Stel­len für (Musik-) Thea­ter­päd­ago­gen, die die In­hal­te der Pro­duk­tio­nen an das Pu­bli­kum kom­mu­ni­zie­ren (theo­re­tisch und prak­tisch), eine bes­se­re In­te­gra­ti­on in das all­täg­li­che Kul­tur­le­ben ent­wi­ckeln sol­len und die kul­tu­rel­le In­sti­tu­ti­on „Thea­ter“ für ein brei­tes Pu­bli­kum der je­wei­li­gen Re­gi­on re­prä­sen­tie­ren und ver­mit­teln. Hier­aus ent­stan­den auch die Ju­gend­clubs an Thea­tern, in­te­gra­ti­ve & ge­ne­ra­ti­ons­über­grei­fen­de Pro­jek­te, sowie zahl­rei­che Pro­duk­tio­nen, in denen Pro­fis mit Laien zu­sam­men­ar­bei­ten.

Aus die­sen bei­den Rich­tun­gen kom­mend hat sich unter der Be­zeich­nung „Thea­ter­päd­ago­gik“ also eine päd­ago­gi­sche Fach­schaft dem Thea­ter an­ge­nä­hert sowie das Thea­ter sich an die Ziel­grup­pen klas­si­scher (So­zi­al-) Päd­ago­gik.

Seit ei­ni­gen Jah­ren gibt es nun Richt­li­ni­en (her­aus­ge­ge­ben vom „Bun­des­ver­band Thea­ter­päd­ago­gik, BuT“) zur Fort- und Aus­bil­dung von Thea­ter­päd­ago­gen, und gar nicht ein­mal we­ni­ge Aus­bil­dungs­gän­ge mit ver­schie­de­ner Schwer­punkt­set­zung und In­ten­si­tät.

So sind neben zahl­rei­chen be­rufs­be­glei­ten­den Wei­ter­bil­dun­gen auch drei- bis vier­jäh­ri­ge Voll­zeit­aus­bil­dun­gen ent­stan­den, die nicht mehr haupt­säch­lich der Fort- oder Wei­ter­bil­dung von Päd­ago­gen, Er­zie­hern und Thea­ter­leu­ten an­ge­dacht sind, son­dern sich an junge Men­schen rich­ten, die Thea­ter­päd­ago­gik als Erst­aus­bil­dung wäh­len. Daher über­trifft ihr Aus­bil­dungs­an­ge­bot auch bei wei­tem die Min­dest­an­for­de­run­gen der Richt­li­ni­en. Damit und mit der Ent­wick­lung neuer thea­ter­päd­ago­gi­scher Ar­beits­wei­sen und -fel­der ent­wi­ckelt sich in jün­ge­rer Zeit na­tür­lich auch ein ver­än­der­tes Be­rufs­bild und Selbst­ver­ständ­nis.