Prof. Martens, Sie haben eine App zum Schreiben wissenschaftlicher Arbeiten entwickelt. Was kann diese App?
Die App soll dabei helfen, sich auf das Wesentliche einer wissenschaftlichen Arbeit, den Inhalt nämlich, zu konzentrieren. Ich bin immer wieder erschrocken darüber, wieviel Zeit für den formalen Teil einer Arbeit – insbesondere den Umgang mit Zitaten und Quellenbelegen – investiert wird. Die kurze und knappe Sammlung der wichtigsten Regelungen und Empfehlungen zum Schreiben wissenschaftlicher Texte erspart an vielen Stellen die umständliche und zeitraubende Recherche in Büchern oder im Internet. Das ist es, was die App kann.
Die ursprüngliche Vision und Planung ging noch viel weiter. Ich hätte gerne das Medium der geschriebenen Sprache durch andere Darstellungs- und Informationsformen ergänzt – so etwas wie kurze Audio-Tutorials oder kleine Lehrfilme. Das war aber erstens technisch zu aufwändig und zweitens auch mit zu hohen Produktionskosten verbunden. Am Ende ist es dann bei der geschriebenen Sprache geblieben.
Die App gibt es jetzt seit etwa einem Dreivierteljahr. Haben Sie schon Rückmeldungen von Studierenden erhalten?
Ja, das habe ich. Studierende aus meinen Kursen zum wissenschaftlichen Arbeiten und auch andere Studierende des Fachbereichs sprechen mich an, oder schicken mir Mails mit Kommentaren zur App. Insgesamt klingt das so, als würde die App das leisten, was ich mir gewünscht habe, und was die Studis brauchen. Die meisten Rückmeldungen gehen in die Richtung „kurz und hilfreich“.
In Deutschland ist die App in der Zwischenzeit mehrere tausend Mal heruntergeladen und auf Handys installiert worden. Einige Nutzer*innen haben Kommentare im App Store oder bei Google Play hinterlassen. Auch da heißt es meistens: kurz, übersichtlich, schnell zugänglich.
Wie kamen Sie auf die Idee, eine App mit Zitierregeln zu machen?
Die App ist nicht aus dem Nichts gekommen. Ich habe, kurz nachdem ich 1999 an die FH gekommen bin, eine Internetseite zum wissenschaftlichen Arbeiten entwickelt. Das war zunächst ein Sammelsurium von Themen zum wissenschaftlichen Arbeiten: Zitierregeln, Belegverfahren, Inhaltsverzeichnis, Quellenverzeichnis – bis hin zu Zeitmanagement und Umgang mit Prüfungen. In unserem Moodle-System habe ich das Ganze dann gezielt mit Blick auf die Anfertigung schriftlicher Arbeiten weiterentwickelt. Die App ist so etwas wie die logische Konsequenz aus Homepage und Moodle – aber mit dem Schwerpunkt auf einen schnellen Zugriff auf Informationen.
Ein anderer Anstoß für die App waren die Schwierigkeiten, die viele Studierende mit dem formalen Teil einer wissenschaftlichen Arbeit immer wieder haben. Das scheint nach wie vor eine große Hürde zu sein. Die Studis tun sich schwer mit der formalen Gestaltung einer Arbeit. Das hat nichts damit zu tun, dass sie einzelne Regelungen nicht verstehen; sie kapitulieren einfach vor der großen Menge unterschiedlicher Regeln und Empfehlungen. Das ist auch wirklich schwer verdaulich. Wir arbeiten hier an der Fachhochschule mit dem Literaturverwaltungsprogramm Citavi. Dort gibt es tatsächlich über 3700 unterschiedliche Zitationsstile. Da kann man nur in die Knie gehen. Mir war es an der Stelle wichtig, einen überschaubaren Kanon an Regeln anzubieten, die bei uns im Fachbereich Soziale Arbeit und Gesundheit Gültigkeit haben.
Das klingt, als könnte das ein ganzer Markt sein. Gibt es andere Anbieter, die in die gleiche Richtung gehen?
Das habe ich natürlich recherchiert, bevor ich mit meiner eigenen App angefangen habe. Ich wollte schließlich nichts anbieten, was es schon längst gibt. Tatsächlich tut sich auf dem App-Markt, was wissenschaftliches Arbeiten betrifft, nur sehr wenig. Da ist noch deutlich Luft nach oben. Wichtig wäre dabei aber aus meiner Sicht eine Vereinheitlichung der Regeln – ansonsten bleibt es für Studierende schwierig.
Die Kosten für die Appentwicklung trugen Sie selbst, verfügbar ist sie im Playstore für Android-Handys und im App-Store für iOs-Handys. Auf beiden Plattformen ist sie kostenfrei verfügbar.
Genau, sie ist unentgeltlich zu haben. Das ist mir wichtig. Die App liefert einen Beitrag zur Ausbildung an unserer Hochschule, und Bildung sollte – jedenfalls an dieser Stelle – zugriffsfähig sein, ohne dass Geld im Spiel ist.
Ist die App so final?
Lehre und Studium leben vom Dialog – das gilt auch für die App. Nutzerinnen und Nutzer sind herzlich eingeladen, Vorschläge zur Weiterentwicklung der App zu machen. Was sinnvoll ist und sich realisieren lässt, wird in die App eingebaut.