Was zieht einen Berliner an die Kieler Förde und was möchte der Ingenieur Prof. Dr.-Ing. Gunnar Eisenberg Medienstudierenden vermitteln? Thomas Richter traf den neuen Professor des Fachbereichs Medien auf ein paar Fragen.
Thomas Richter (TR): Warum haben Sie sich für Ihr Studium entschieden?
Gunnar Eisenberg (GE): Als gebürtiger Berliner habe ich meine Jugend in der Nachwendezeit der 1990er Jahre erlebt. Nach der Enge durch die Mauer erlebte die Stadt eine grenzenlose, fast schon anarchische künstlerische Freiheit. Die damals aufkommende Musikszene rund um elektronische Musikstile wie Techno, House und Electro hat mich persönlich stark geprägt und ich habe selbst angefangen, elektronische Musik zu produzieren. Um mir das damals noch sehr teure Equipment leisten zu können, begann ich schon als Schüler im Jahr 1996 als Hilfskraft bei Native Instruments zu arbeiten, einem gerade frisch gegründeten Unternehmen für Software-Synthesizer. Durch Gespräche mit den beiden Gründern, die selbst Elektrotechnik und Informatik studiert hatten, konnte ich mir ein gutes Bild von meinem zukünftigen Tätigkeitsfeld machen und habe mich dann für ein Studium der Elektrotechnik mit dem Schwerpunkt Nachrichtentechnik/Signalverarbeitung an der Technischen Universität Berlin entschieden.
TR: Der Bereich Medien und auch die Medienlandschaft sind dermaßen breit gefächert, dass es schwierig erscheint, den Überblick zu behalten. Was waren die Themenschwerpunkte Ihrer bisherigen Arbeit?
GE: In der Tat leben wir in einer extrem medialen Welt. Da ich mich ihr als Ingenieur aber immer von der technischen Seite nähern konnte, hatte ich das Glück, nicht so stark vom transportierten Content überrannt zu werden. Durch mein Studium und meine Promotion im Themengebiet der Mustererkennung war ich im Bereich der Signalverarbeitung und Medientechnik allgemein recht breit aufgestellt und das hat mir in meiner Industrietätigkeit und später auch für meine selbstständige Arbeit als Freelancer geholfen. Mein Hauptinteresse liegt aber seit jeher im Bereich der Audiosignalverarbeitung und insbesondere der Synthesizerentwicklung.
TR: Finden Sie, dass unseren Kindern in der Schule der Umgang mit modernen Medien früh genug und ausreichend vermittelt wird?
GE: Ich habe selbst drei Kinder, von denen zwei bereits in die Grundschule gehen. Dort herrscht aus meiner Sicht ein eher moderater Umgang mit modernen Medien und ich denke, das ist auch gut so. Ich halte es für sehr wichtig, dass Kinder erst eine grundsolide Rechen-, Schreib-, und Lesekompetenz erwerben und dies primär auf klassischem Wege. Ich erlebe immer wieder, dass Kinder sich in modernen Medien wie Tablets komplett verlieren und dabei ihr eigentliches Ziel vergessen. Hier sehe ich die Aufgabe der Eltern und Schule eher darin, zu bremsen und zu kanalisieren als weitere mediale Angebote und Möglichkeiten zu schaffen.
TR: Warum fiel Ihre Wahl auf die FH Kiel als neuen Arbeitsplatz?
GE: Ich lehre sehr gerne und ich freue mich, wenn auch vermeintlich schwierige technische Sachverhalte von meinen Zuhörerinnen und Zuhörern schlussendlich verstanden werden. Somit war die Tätigkeit als Professor immer eine Option, die ich im Hinterkopf hatte. Dazu kam der Wunsch mit meiner Familie irgendwann am Meer zu leben. Meine Professur hier an der FH Kiel hat nun beides perfekt miteinander verbunden.
TR: Was genau möchten Sie den Studierenden hier vermitteln?
GE: Als Ingenieur in Studiengängen für Nicht-Ingenieure möchte ich den Studierenden ihre Berührungsängste und Hemmungen gegenüber den technischen Sachverhalten nehmen. Ich möchte ihnen anschaulich technische Methodenkompetenz vermitteln, die diese dann ihr Leben lang anwenden können. Ich würde mich freuen, wenn ich die Studierenden dafür begeistern könnte, ihre Ideen oder Thesis-Themen schon früh als junge Gründerinnen und Gründer selbst umzusetzen.
TR: Was erwarten Sie von Ihrem ersten Semester in Kiel?
GE: Ich freue mich auf die jungen Studierenden, die mit meiner Vorlesung zu den Grundlagen der Medientechnik ihr Studium beginnen. Auch wenn die Inhalte für mich alltäglich sind, wird es eine Herausforderung sein, sie konsistent und sinnvoll als aufeinander aufbauendes Modul auszugestalten. Weiterhin freue ich mich auf spannende Themen für Thesis- und Projektarbeiten, worauf mich einige Studierende der höheren Semester bereits angesprochen haben.
TR: Haben Sie persönliche Anknüpfungspunkte an diese Stadt?
GE: Ganz klar die Ostsee, die seit jeher das liebste Urlaubsziel unserer Familie ist. Hier rund um Kiel begeistern uns insbesondere die wunderschönen Strände und die beeindruckende Förde. Die Stadt selbst hat im kleinen Maßstab viel Ähnlichkeit mit meiner Heimatstadt Berlin. Eine angenehme Mischung verschiedener Stile und Bauepochen vom Altbau bis hin zum lieblosen 1970er-Jahre-Funktionsbau. Dazu quirlige Studentenviertel und das Grundgefühl, dass man hier auch Ecken und Kanten liebt, sie eventuell sogar selber haben sollte, um sich hier wohl zu fühlen.