Drei Studentinnen sitzen in einer Reihe an einem Tisch. Sie halten ihre Hände in die Luft.© F. Klein
Die Teil­neh­mer*innen des Kur­ses ma­chen nach, was Urte Möl­ler vor­macht.

Wenig ge­spro­chen aber viel ge­sagt

von Felix Klein

Mitt­woch­nach­mit­tag, kurz nach vier. Es ist sehr ruhig im Se­mi­nar­raum im sechs­ten Stock des Ge­bäu­des C03. Und das wird es auch die nächs­ten ein­ein­halb Stun­den sein. Wäh­rend­des­sen gibt es nicht viel zu hören, außer dem Sur­ren des Pro­jek­tors, dem Auf­tre­ten von Füßen oder dem Ra­scheln von Klei­dung. Hier und da er­klin­gen Laute, und La­chen er­füllt den Raum. Bei wem jetzt der Ge­dan­ke auf­kom­men soll­te, das in die­sem Raum wenig pas­sie­ren würde, der irrt: Es wird ge­spro­chen – sehr viel sogar. Will­kom­men im Ge­bär­den­sprach­kurs an der Fach­hoch­schu­le Kiel.

An drei Tisch­rei­hen ver­teilt sit­zen Stu­die­ren­de. Ihnen ge­gen­über steht Ge­bär­den­sprach­do­zen­tin Urte Möl­ler. Sie un­ter­rich­tet als freie Re­fe­ren­tin an der FH Kiel den Kurs. Ein­mal war eine Ge­bär­den­spra­che-Dol­met­sche­rin mit dabei, die an­de­ren Male ver­stän­dig­ten sich Urte Möl­ler und die Stu­die­ren­den über Ges­tik und Mimik. Heute ste­hen unter an­de­rem Städ­te auf dem Lehr­plan. Urte Möl­ler macht es vor, die Teil­neh­mer*innen ma­chen es nach: Für ‚Kiel‘ tip­pen sie sich mit aus­ge­streck­tem Zei­ge­fin­ger auf die vor­de­re Seite des Hal­ses. Für ‚Eckern­för­de‘ füh­ren die Teil­neh­mer*innen die aus­ge­streck­ten Fin­ger bei­der Hände vor dem Kör­per zu einem V zu­sam­men. Doch nicht nur die Hand­zei­chen und deren Po­si­ti­on sind wich­tig: Da Ge­bär­den­spra­che ist eine vi­su­ell-ma­nu­el­le Spra­che ist, sind auch die Mund­be­we­gun­gen und die Mimik von gro­ßer Be­deu­tung.

Urte Möller beim Unterricht.©
Ge­bär­den­sprach­do­zen­tin Urte Möl­ler. Sie un­ter­rich­tet als freie Re­fe­ren­tin an der FH Kiel den Kurs.

Beim Ge­bär­den­sprach­kurs han­delt es sich um ein ge­mein­sa­mes Pi­lot­pro­jekt der Di­ver­si­täts­be­auf­trag­ten und des Zen­trums für Spra­chen und In­ter­kul­tu­rel­le Kom­pe­tenz (ZSIK) der FH Kiel. „Wir hof­fen, dass das Pi­lot­pro­jekt grö­ße­res In­ter­es­se weckt und dass wir einen re­gel­mä­ßi­gen Ge­bär­den­spra­che­kurs an­bie­ten kön­nen, auch wenn so­wohl Do­zent*innen als auch Dol­met­scher*innen schwer zu or­ga­ni­sie­ren sind“, sagt Di­ver­si­täts­be­auf­trag­te Alexa Mag­saam. Elena Will­son vom ZSIK er­gänzt: „Ge­bär­den­spra­che ist zwar keine Fremd­spra­che im Sinne der an­de­ren Spra­chen, die wir an­bie­ten, wie z.B., Eng­lisch oder Dä­nisch. Doch Spra­che ist Spra­che, und wir fan­den es wich­tig, dass es so etwas gibt.“ Seit Mai 2002 ist Ge­bär­den­spra­che in Deutsch­land als ei­gen­stän­di­ge Spra­che bun­des­weit an­er­kannt.

Den Teil­neh­mer*innen scheint der Kurs eine Menge Spaß zu ma­chen. Das liegt auch an Urte Möl­ler. Für sie sei In­ter­ak­ti­on wich­tig. Und wenn sie mo­ti­vier­te Teil­neh­mer*innen habe, mache so ein Kurs viel Spaß. Wäh­rend des Kur­ses müs­sen die Stu­die­ren­den immer wie­der klei­ne Dia­lo­ge mit­ein­an­der füh­ren. Wäh­rend die­ser Übun­gen bli­cken die sie hin und wie­der ver­un­si­chert zu Urte Möl­ler. Alles rich­tig so? Die Re­fe­ren­tin kor­ri­giert die Ge­bär­de, und dann geht es wei­ter. Jule Ora­ni­en­burg stu­diert den dua­len Ba­che­lor Phy­sio­the­ra­pie an der FH Kiel: „Ge­bär­den­spra­che hat mich schon immer In­ter­es­siert, und in einem so­zia­len Beruf kann so ein Kurs wich­tig sein“, sagt sie. Für die­ses Se­mes­ter ist der Kurs schon vor­bei. Doch die FH Kiel hofft, den Ge­bär­den­sprach­kurs auch nächs­tes Se­mes­ter wie­der an­bie­ten zu kön­nen.

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