Mittwochnachmittag, kurz nach vier. Es ist sehr ruhig im Seminarraum im sechsten Stock des Gebäudes C03. Und das wird es auch die nächsten eineinhalb Stunden sein. Währenddessen gibt es nicht viel zu hören, außer dem Surren des Projektors, dem Auftreten von Füßen oder dem Rascheln von Kleidung. Hier und da erklingen Laute, und Lachen erfüllt den Raum. Bei wem jetzt der Gedanke aufkommen sollte, das in diesem Raum wenig passieren würde, der irrt: Es wird gesprochen – sehr viel sogar. Willkommen im Gebärdensprachkurs an der Fachhochschule Kiel.
An drei Tischreihen verteilt sitzen Studierende. Ihnen gegenüber steht Gebärdensprachdozentin Urte Möller. Sie unterrichtet als freie Referentin an der FH Kiel den Kurs. Einmal war eine Gebärdensprache-Dolmetscherin mit dabei, die anderen Male verständigten sich Urte Möller und die Studierenden über Gestik und Mimik. Heute stehen unter anderem Städte auf dem Lehrplan. Urte Möller macht es vor, die Teilnehmer*innen machen es nach: Für ‚Kiel‘ tippen sie sich mit ausgestrecktem Zeigefinger auf die vordere Seite des Halses. Für ‚Eckernförde‘ führen die Teilnehmer*innen die ausgestreckten Finger beider Hände vor dem Körper zu einem V zusammen. Doch nicht nur die Handzeichen und deren Position sind wichtig: Da Gebärdensprache ist eine visuell-manuelle Sprache ist, sind auch die Mundbewegungen und die Mimik von großer Bedeutung.
Beim Gebärdensprachkurs handelt es sich um ein gemeinsames Pilotprojekt der Diversitätsbeauftragten und des Zentrums für Sprachen und Interkulturelle Kompetenz (ZSIK) der FH Kiel. „Wir hoffen, dass das Pilotprojekt größeres Interesse weckt und dass wir einen regelmäßigen Gebärdensprachekurs anbieten können, auch wenn sowohl Dozent*innen als auch Dolmetscher*innen schwer zu organisieren sind“, sagt Diversitätsbeauftragte Alexa Magsaam. Elena Willson vom ZSIK ergänzt: „Gebärdensprache ist zwar keine Fremdsprache im Sinne der anderen Sprachen, die wir anbieten, wie z.B., Englisch oder Dänisch. Doch Sprache ist Sprache, und wir fanden es wichtig, dass es so etwas gibt.“ Seit Mai 2002 ist Gebärdensprache in Deutschland als eigenständige Sprache bundesweit anerkannt.
Den Teilnehmer*innen scheint der Kurs eine Menge Spaß zu machen. Das liegt auch an Urte Möller. Für sie sei Interaktion wichtig. Und wenn sie motivierte Teilnehmer*innen habe, mache so ein Kurs viel Spaß. Während des Kurses müssen die Studierenden immer wieder kleine Dialoge miteinander führen. Während dieser Übungen blicken die sie hin und wieder verunsichert zu Urte Möller. Alles richtig so? Die Referentin korrigiert die Gebärde, und dann geht es weiter. Jule Oranienburg studiert den dualen Bachelor Physiotherapie an der FH Kiel: „Gebärdensprache hat mich schon immer Interessiert, und in einem sozialen Beruf kann so ein Kurs wichtig sein“, sagt sie. Für dieses Semester ist der Kurs schon vorbei. Doch die FH Kiel hofft, den Gebärdensprachkurs auch nächstes Semester wieder anbieten zu können.