Am 12. September 2024 um 18 Uhr eröffnet die Doppel-Ausstellung »Weder Blume,
noch Fleisch« in der Galerie des Bunker-D der Fachhochschule Kiel. In der eigens für diese Räume konzipierten Ausstellung bieten die Künstler*innen Mateusz Dworczyk und Susanne Nothdurft einen Einblick in ihr Schaffen der vergangenen Jahre.
Der aus der Fotografie kommende Mateusz Dworczyk irritiert mit digital bearbeiteten Bildern organisch wirkender Haut- und Körper-Architekturen. In ihnen durchdringen sich zwischen medizinischer Nahaufnahme und fleischiger Opulenz Formen und Flächen. Die Orientierung zwischen Innen und Außen gerät ins Wanken. Susanne Nothdurft agiert zwischen Malerei und Grafik und scheint mit rhythmisch wiederholten Farbflächen und minimalistischen Modulen ästhetisch auf einen biologisch-wissenschaftlichen Kontext zu verweisen.
Formal treffen zwei sehr künstlerische Ansätze aufeinander, inhaltlich bilden sie geistige Schnittmengen mit Anknüpfungspunkten an aktuelle Diskurse in Kultur und Gesellschaft.
Mit dem Ausstellungstitel »Weder Blume, noch Fleisch« spielen die beiden Künstler*innen auf die Redewendung „Weder Fisch noch Fleisch“ an. Beiderlei Kunst entzieht sich klaren Zuordnungen, bewahrt dabei jedoch „eine Nähe zu vertrauten Erfahrungen und Sinneseindrücken“, sagen sie. Gemeinsam ist ihnen „ein hohes Maß an sinnlichen Reizen“ und die Auseinandersetzung mit sich auflösenden Gewissheiten. Sei es durch neue Technologien, sei es durch rätselhaft wirkende Maltechniken zwischen Makro- und Mikrokosmos.
Bei Mateusz Dworczyk steht die Wahrnehmung und Darstellung des menschlichen Körpers im Mittelpunkt. „In meiner Arbeit geht es zurzeit hauptsächlich um die Wechselwirkung zwischen Körper, Technik und Körperbild“, sagt der bereits international ausstellende Künstler. „Vereinfacht gesagt, wie die technischen Möglichkeiten der digitalen Bildgenerierung und -bearbeitung das Verhältnis zu unserem Körper verändern.“
Dworczyk beschäftigen „Möglichkeiten und Grenzen der visuellen Reproduktion des Körpers durch digitale Programme und Algorhythmen“ und die Frage nach Zusammenhängen zwischen Techniken der visuellen Repräsentation des menschlichen Körpers und kultur-, kunst- und medizinhistorischen Entwicklungen. Ausgehend von der Auseinandersetzung mit dem Medium Fotografie entwirft der 30-Jährige multimedial verzahnte neue Körpereindrücke im digitalen Bildraum. Gezeigt werden teils sehr große Formate mit vermeintlichen Körperformen aus abstrakten Haut- oder Fleischflächen, die starke Assoziationen an medizinische Kontexte hervorrufen.
Susanne Nothdurfts künstlerische Praxis zeichnet sich durch die konzeptuelle Verwendung von grundlegenden Prinzipien künstlerischer Ausdrucksweisen wie Form, Farbe und Material aus. Sie schafft mit grafischen, malerischen und skulpturalen Mitteln Momente, die zur Auseinandersetzung mit Wahrnehmung und „Repräsentation“ einladen. „Der Standpunkt des Betrachters wird auf die Probe gestellt“, so die Künstlerin, in deren Werkzyklen meist formale Anordnungen von Modulen, Reihungen und Rhythmen eine Rolle spielen. „Wir wissen nicht genau, wo Anfang und Ende im Bild sind und das macht den Reiz aus. Wir sind immer mittendrin in einem Kosmos aus Chaos, mathematischer Ordnung und Schönheit.“
Etwa in den seriellen „Moves“ mit geometrischen Formen als rhythmisch gegliederte Farbflächen auf MDF-Platten, die sich im Vorbeigehen in Bewegung zu setzen scheinen. In den sogenannten „Tondarien“ seit einiger Zeit auch die Kreisform: „Das ist die geometrische Form, die am wenigsten Kontakt nach außen hat, quasi eine Entgrenzung nach innen.“ In dieser Werkgruppe weiß das Publikum nicht, ob es auf ein Bullauge oder eine Petrischale blickt, wenn sich ein unklar definiertes Gewimmel aus Farbflecken oder Lichtpunkten rätselhaft ausdehnt oder verdichtet. Schaut man in Höhen oder Tiefen, Natur oder durch technische Hilfsmittel? Die „Richtungslosigkeit“ ist dabei gewollt, so Nothdurft. In ihren neuen Großformaten von 140 mal 160 cm sieht man sich grafischen fliegenden Teilchen auf einer malerischen Fläche gegenüber, alles ist in Bewegung. „wie eine Schwebephase“, sagt die 51jährige. „Tatsächlich muss man sich von festen Konstrukten lösen.“
Die Doppel-Ausstellung »Weder Blume, noch Fleisch« wird am 12. September 2024 um 18 Uhr eröfffnet, der Leiter der Stadtgalerie Dr. Peter Kruska wird eine kurze Einführung geben. Die Ausstellung ist bis zum 23. Oktober 2024 zu sehen und kann von Montag bis Freitag von 10 bis 14 Uhr und Mittwoch von 10 bis 20 Uhr besucht werden. Der Eintritt ist frei.
Informationen zu den Künstler*innen
Mateusz Dworczyk, geboren 1994 im polnischen Zabrze, studierte an der Muthesius-Kunsthochschule Kiel Fotografie bei Prof. Peter Hendricks und legte seine theoretische Prüfung bei Prof. Dr. phil. habil. Petra Maria Meyer ab. 2019-2022 war er Stipendiat der Hans-Böckler-Stiftung. Im Oktober 2020 Arbeitsaufenthalt an der Escola Maumaus, Lissabon. Im Dezember 2023 erhielt Dworczyk den Gottfried-Brockmann-Preis der Stadt Kiel. Zahlreiche Ausstellungen im In- und Ausland. Bis zum 17. November 24 ist er Teilnehmer der Gruppenausstellung »Tools for Change« im HEK Haus der Elektronischen Künste, Basel. https://www.fd8594.eu/
Susanne Nothdurft, geboren 1973 in Tönning, Schleswig-Holstein, studierte nach mehreren USA-Aufenthalten (New York, San Francisco und Florida zwischen 1993 und 2001) Malerei bei Prof. Peter Nagel und Birgit Jensen an der Muthesius-Hochschule Kiel. (2005 Diplom). 2005 bis 2005 war sie Meisterschülerin bei Prof. Karl-Heinz Herrfurth in Berlin. Seit 2012 ist sie Lehrbeauftragte an der Muthesius Kunsthochschule Kiel. Ihre Arbeiten befinden sich in zahlreichen öffentlichen Sammlungen Schleswig-Holsteins; seit 1998 ist Susanne Nothdurft kontinuierlich in Solo- und Gruppenausstellungen im In- und Ausland vertreten. https://www.susannenothdurft.de/