Er düngt den Boden, vernichtet schädliche Pilze und bereitet Pflanzen den Weg zum tieferen Bodenwasser. Auch wenn er wohl nicht gerade das schönste aller Tiere ist – einen Ehrentag hat sich der Regenwurm redlich verdient. Und so begehen wir am 15. Februar also den Tag des Regenwurms, der uns ins Bewusstsein rufen soll, wie nützlich Streubewohner, Flachgräber und vor allem Tiefgräber für uns sind. Hartmut Ohm aus der viel.-Redaktion befragte Dr. Ute Kropf, die am Fachbereich Agrarwirtschaft der FH Kiel lehrt und forscht, und er erfuhr faszinierende Einzelheiten über einen kleinen, unscheinbaren Ackerbewohner.
Er pflegt den Boden und hilft den Pflanzen: Der Regenwurm hat sich seinen Ehrentag redlich verdient. Grafik: Stefan Roth
Frau Dr. Kropf, was hat der Regenwurm mit Regen zu tun?
Der Regenwurm hat seinen Namen vermutlich von seiner regen Tätigkeit, nicht vom Regen. Im Englischen ist er übrigens als earthworm bekannt. Dass er bei Regen an die Oberfläche kommt, um nicht zu ertrinken, ist ein Mythos. Regen treibt ihn zwar an die Oberfläche, aber nur weil er dann ohne auszutrocknen auf Nahrungssuche gehen kann. Regenwürmer können sogar mehrere Monate im wassergesättigten Boden überleben.
Was tut der Regenwurm für die Landwirtschaft?
Es gibt drei unterschiedliche Typen von Regenwürmen. Sie haben verschiedene Lebensweisen und damit auch sehr verschiedene Aufgaben in der dreidimensionalen Bodenökologie zur Zersetzung von Streu. Für die Landwirtschaft sind die Flachgräber und die Tiefgräber von Bedeutung, während die Streubewohner meist sehr oberflächennah im Waldboden, Kompost oder in Grasnaben leben.
Flachgräber verarbeiten meist vorzersetztes Material in den oberen Bodenschichten, vor allem im Feldfutterbau.
Tiefgräber wie der bekannteste der Regenwürmer, der Tauwurm (Lumbricus terrestris), sind die wichtigsten Vertreter im Ackerbau, da sie tote und nicht vorzersetze Pflanzenteile in ihre Röhren ziehen, um sie nach und nach zu pflanzenverfügbaren Nährstoffen zu recyceln. Ganz nebenbei vernichten sie dabei auch anhaftende Schadpilze. Ihre Röhren reichen bis in 1,80 Metern Tiefe selbst in sehr lehmigen Unterboden. Die Röhren kleiden sie dabei mit ihrer fruchtbaren Losung aus und bereiten den Weg für die Wurzeln, die dann auch an das tiefe Bodenwasser kommen, wenn das Jahr mal trockener wird, so wie 2019. In nassen Jahren dränen und belüften die Röhren den Boden.
Wie viele Regenwürmer leben auf einem Acker?
Unter Ackerböden findet man etwa 100 bis 200 Regenwürmer pro Quadratmeter. Wichtig für die Landwirtschaft ist gerade bei den Tiefgräbern aber nicht ihre absolute Anzahl, sondern ihre Aktivität.
Was frisst der Regenwurm?
Regenwürmer ernähren sich von abgestorbenen Pflanzenresten. Diese ziehen sie in ihre Röhren, um sie von anderen Mikroorganismen 2 bis 4 Wochen zermürben zu lassen. Mit dem Pflanzenmaterial nehmen sie auch Bodenteilchen, kleine Samen, Bakterien und Pilze auf, die sie verdauen und als stabile Ton-Humus-Komplexe wieder ausscheiden. Diese kugelige Regenwurmlosung ist regenstabil und mit Nährstoffen und Pflanzenhormonen angereichert, die wiederum das Pflanzenwachstum fördern.
Wie geht das vor sich, wenn Tiefgräber an der Oberfläche nach Nahrung suchen?
Sie bleiben mit dem hinteren Körperdrittel immer in ihrer Röhre stecken und sondieren die Oberfläche nach brauchbarem Material ab. Haben sie im Radius von 10 Zentimetern alles erfasst, ziehen sie sich zurück und graben eine neue Röhre.
Was bedeutet der Klimawandel für die heimische Regenwurmpopulation?
Im norddeutschen Raum werden mehr Niederschläge erwartet, und die Vegetationszeit wird sich durch die milden Winter verlängern. Damit verlängert sich die Aktivitätszeit für die Regenwürmer. Als Ausgleich zwischen zu nassen und zu trockenen Bodenzuständen wird er für uns immer wichtiger werden.