Von der deutschen Presse gern als „Enfant terrible“ bezeichnet, führt uns US-Milliardär Elon Musk mit seinen oft umstrittenen Aktionen die gefühlte Absurdität unserer Gegenwart vor Augen. Bei all den Schlagzeilen, Skandalen und Skandälchen verliert man leicht den Überblick, und die Causa Musk verkommt zu einem Brei aus polarisierenden Anekdoten. Der YouTube-Kanal „Ultralativ“ vom Multi-Media-Production-Absolventen Fynn Kröger arbeitet mit seinen Videoessays Geschichten wie die von Musks Machenschaften strukturiert und kritisch auf. Das gefällt nicht nur Krögers 365.000 Abonnent*innen, sondern auch der Fachjury des Grimme-Preises, von der er 2019 in der Kategorie „Wissen und Bildung“ ausgezeichnet wurde. Heute denkt Kröger ans Aufhören: „Ich glaube nicht, dass der Kanal noch acht weitere Jahre von mir bespielt werden wird.“
Der gebürtige Kieler, der in seinem Leben nie woanders wohnte, schaute auf YouTube „Gronkh“ oder „The Yogscast“ – Gaming-Inhalte also. „Damals gab es tiefsinnigeren Content auf dem Videoportal nur durch hochgeladene Fernsehdokumentationen“, erinnert sich Kröger an die frühen Jahre von YouTube. Den Anstoß zur Idee eines eigenen Kanals gab das erste Semester seines Medien-Studienganges an der Fachhochschule Kiel im Wintersemester 2015/2016. „Die Vorlesungen haben mir eine medienkritische Sicht vermittelt, die ich gedanklich in das Digitale übertragen habe. Es gab auch dort eine Menge Gesprächsbedarf“, erläutert Kröger die Initialzündung. 2016 gründete er seinen eigenen Kanal „Ultralativ“.
So begann er, damals noch mit einem Kumpel, Inhalte von Youtube-Stars, wie „Die Lochis“, Simon Desue oder Sami Slimani kritisch zu analysieren. Schon nach kurzer Zeit likten und kommentierten YouTube-Größen wie Rezo (Zerstörung der CDU) und andere seine Beiträge. „Das gab einen enormen Schub. Ende 2016 hatten wir wenige hundert Abonnent*innen, im Januar 2017 knackten wir die 100.000.“ Im Laufe der Jahre widmete sich Kröger mal kritischen Betrachtungen von YouTuber*innen, oder er analysierte Framing, Priming oder Agenda-Setting in den Medien. Mal berichtete er vom „Betrugs-Business mit eBooks“ und dem „anderen absurden Rest“, wie es in der Kanalbeschreibung heißt.
2019 erhielt Kröger einen Grimme-Preis für seinen Kanal. „Ich hatte die Befürchtung, durch die Bubble meiner affirmierenden Followerschaft konditioniert zu sein. Der Preis brachte die Erkenntnis, dass auch Leute von Außerhalb meine Inhalte gut finden können. Daran denke ich immer zurück“, erklärt der Kieler. Ob er sich angesichts eines Journalisten-Preises als Journalist sieht? „Rein vom Tätigkeitsfeld her ja. Allerdings glaube ich, würde sich ein Gegenüber auf einer Party etwas Anderes vorstellen, wenn ich sage, ich sei Journalist“, so Kröger.
Nachdem er seinen Bachelor 2021 abschloss, begann er, in „normalen“ Medien-Berufen zu arbeiten. „Ich will finanziell nicht auf den Kanal angewiesen sein und ich genieße die Freiheit, einfach aufhören zu können“, so der FH-Kiel-Alumnus. Von dieser Freiheit wird er wohl „in den nächsten Jahren“ Gebrauch machen. „Ich habe Lust auf etwas Anderes“, wie er sagt. „Der Kanal war eine sehr gute Entscheidung. Er hat mir viele Türen geöffnet und ist eine Visitenkarte, die mich zu einer Bandbreite an Tätigkeiten befähigt“, skizziert Kröger seine kreative Zukunft grob.