Luftbild einer Stadt© Pixa­bay

Von Kiel nach Cluj: Ru­mä­ni­en im Eras­mus-Stu­di­um er­le­ben

von Julia Kö­nigs

Es habe ihn noch nie lange an einem Ort ge­hal­ten. Ab­wechs­lun­gen, neue Her­aus­for­de­run­gen? „Das liebe ich“, sagt Pas­cal Hahn. In Cluj-Na­po­ca, der Haupt­stadt von Sie­ben­bür­gen in Ru­mä­ni­en, ver­bringt der Me­di­en­stu­dent aus dem Stu­di­en­gang Mul­ti­me­dia Pro­duc­tion (MMP) als ers­ter FH-Stu­dent zwei Aus­lands­se­mes­ter an der Babeş Bo­lyai Uni­ver­si­tät. Das Be­son­de­re: Die Hoch­schu­le ist die ein­zi­ge drei­spra­chi­ge Uni­ver­si­tät im süd­öst­li­chen Eu­ro­pa. In drei Stu­di­en­rich­tun­gen wer­den hier rund 4.500 Stu­die­ren­de auf Ru­mä­nisch, Un­ga­risch und Deutsch un­ter­rich­tet.

Die his­to­ri­sche Ent­wick­lung der Re­gi­on be­ding­te die­ses An­ge­bot, denn seit der Grün­dung 1581 stand die äl­tes­te und grö­ß­te Uni­ver­si­tät Ru­mä­ni­ens unter deut­scher, un­ga­ri­scher und ru­mä­ni­scher Füh­rung. Sie zeich­net sich daher heute ins­be­son­de­re aus durch ihre mul­ti­kul­tu­rel­le Stu­die­ren­den­schaft.

Dop­pel­ab­schluss in Kiel und Ru­mä­ni­en

Der Fach­be­reich Me­di­en der FH Kiel schloss 2017 ein Dou­ble-De­gree-Agree­ment mit der Babeş Bo­lyai Uni­ver­si­tät ab. Das be­deu­tet, dass man nicht nur einen Ab­schluss der FH Kiel er­rei­chen, son­dern auch den Ab­schluss der ru­mä­ni­schen Hoch­schu­le er­hal­ten kann – zwei Ab­schlüs­se in einem Stu­di­um. Durch diese Ko­ope­ra­ti­on bie­tet die FH ihren Stu­die­ren­den den Pra­xis­be­zug über die deut­schen Lan­des­gren­zen hin­aus zu stär­ken und sich in­ter­dis­zi­pli­när wei­ter­zu­bil­den.

Pas­cal ist jetzt der erste Stu­dent, der seine Chan­ce ge­nutzt und die nicht all­täg­li­che Stu­di­en­op­ti­on mit zwei Aus­lands­se­mes­tern ge­wählt hat. An­fangs plan­te er, den Dop­pel­ab­schluss zu er­rei­chen: „Lei­der blieb mir das ver­wehrt, weil ich mit mei­nem Fach­ab­itur nicht aus­rei­chend qua­li­fi­ziert war.“ Doch auch sein zwei­se­mest­ri­ger Auf­ent­halt ohne Dop­pel­ab­schluss be­rei­tet ihm viel Freu­de.

In Kiel würde er ge­ra­de im sechs­ten Se­mes­ter des Ba­che­lor-Stu­di­en­gangs MMP stu­die­ren, ent­schied sich aber für sein Eras­mus-Stu­di­um in Ru­mä­ni­en, tat­kräf­tig un­ter­stützt von der FH-Kiel und dem In­ter­na­tio­nal Of­fice: „Vor mei­nem Stu­di­um habe ich schon eine Aus­bil­dung zum Er­zie­her ge­macht und auch ei­ni­ge Jahre in die­sem Beruf an Bord eines Kreuz­fahrt­schif­fes ge­ar­bei­tet. So durf­te ich viele sehr tou­ris­tisch er­schlos­se­ne Län­der ken­nen­ler­nen. Ru­mä­ni­en da­ge­gen ist nicht un­be­dingt das Ur­laubs­ziel Num­mer eins, ge­ra­de des­we­gen war ich sehr neu­gie­rig, mir das Land an­zu­schau­en“, be­grün­det Pas­cal sei­nen Ent­schluss.

Stu­die­ren in Cluj – fa­mi­li­är und span­nend

Die ru­mä­ni­sche Hoch­schu­le fin­det Pas­cal „super und sehr fa­mi­li­är, es wird sich sehr lieb um uns ge­küm­mert.“ Zu Weih­nach­ten rich­te­te die ge­sam­te Fa­kul­tät bei­spiels­wei­se eine große Feier für alle aus. Die Uni­ver­si­tät ver­teilt sich über ganz Cluj-Na­po­ca, da sie in 21 Fa­kul­tä­ten auf­ge­teilt ist, dar­un­ter die Fa­kul­tä­ten für Bio­lo­gie, Phy­sik und Che­mie, aber auch Busi­ness, Thea­ter-, Film- und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­wis­sen­schaf­ten. An letz­te­rer ist Pas­cal ein­ge­schrie­ben.  

In sei­nem zwei­ten Se­mes­ter hat er die Op­ti­on, auch Mo­du­le aller an­de­ren Fa­kul­tä­ten zu be­su­chen. Die Mo­dul­er­geb­nis­se kann er sich für sei­nen Ab­schluss an der FH an­rech­nen las­sen.

Sei­nen ak­tu­el­len Stun­den­plan konn­te Pas­cal sich nach sei­nen Vor­lie­ben selbst zu­sam­men­stel­len: „So habe ich in den ers­ten Wo­chen di­ver­se Mo­du­le be­sucht, um einen Ein­druck zu ge­win­nen und habe mir dann die Ro­si­nen her­aus­ge­pickt. Ob­wohl ich hier in einem ganz an­de­ren Be­reich stu­die­ren als mei­nem ei­gent­li­chen Stu­di­um in Kiel, also in PR, Kom­mu­ni­ka­ti­on und Jour­na­lis­mus, ist das Stu­di­um wirk­lich span­nend.“

Woh­nen und Leben in Cluj

Un­ter­ge­bracht ist der FH-Stu­dent in einem Stu­die­ren­den­wohn­heim. Je­weils zu zweit be­le­gen die In­ter­na­tio­nals hier ein Zim­mer. „Das ganze Wohn­heim ist voll mit Eras­mus­stu­den­ten, wo­durch eine gro­ß­ar­ti­ge Ge­mein­schaft ent­stan­den ist“, fin­det Pas­cal. „Bevor ich nach Cluj auf­ge­bro­chen bin, war ich erst­mal sehr skep­tisch, was diese Dop­pel­be­le­gung an­ging, im Hin­ter­kopf hatte ich mir vor­ge­nom­men, eine WG oder ein Apart­ment zu su­chen. Aber sehr schnell habe ich das Wohn­heim trotz spar­ta­ni­scher Aus­stat­tung lie­ben ge­lernt.“

Dass Pas­cal sich sicht­lich wohl­fühlt, ist auch sei­nen Kom­mi­li­to­nen ge­schul­det: Durch ge­mein­sa­me Fei­ern, Aus­flü­ge ins Bal­lett, Pro­jek­te für das Stu­di­um oder Prü­fungs­vor­be­rei­tun­gen hat er viele Freund­schaf­ten ge­schlos­sen. „Im März fahre ich mit einem Jahr­gang auch ge­mein­sam auf eine Hütte, wo wir be­stimmt ein sehr lus­ti­ges Wo­chen­en­de ver­brin­gen wer­den“, sagt der Eras­mus-Stu­dent vol­ler Vor­freu­de.

Alle Stu­die­ren­den der Babeş Bo­lyai Uni­ver­si­tät dür­fen näm­lich kos­ten­los mit dem Zug durch ganz Ru­mä­ni­en rei­sen und kön­nen so das Land ent­de­cken. Auch die Flüge in um­lie­gen­de Län­der sind im Ver­gleich zu Deutsch­land sehr preis­wert.

Daher plant Pas­cal auch, nach sei­nen letz­ten Prü­fun­gen im Juni durch Ost­eu­ro­pa zu rei­sen, ehe er im Au­gust zu­rück nach Deutsch­land kommt.

Hochs und Tiefs – Her­aus­for­de­run­gen und ein­ma­li­ge Er­leb­nis­se in Ru­mä­ni­en

Wie bei fast jedem Aben­teu­er in einem an­de­ren Land, hatte Pas­cal auch ei­ni­ge Her­aus­for­de­run­gen zu meis­tern, ins­be­son­de­re die ru­mä­ni­sche Bü­ro­kra­tie. „Deutsch­land ist ja schon be­kannt für diese Vor­lie­be, aber hier in Ru­mä­ni­en gibt es für jede Klei­nig­keit einen Aus­weis und eine An­lauf­stel­le. Da nicht jeder Ru­mä­ne Eng­lisch spricht, war es teil­wei­se schwer, alle not­wen­di­gen Un­ter­la­gen zu or­ga­ni­sie­ren“, be­rich­tet er. „Am Ende mei­nes Eras­mus-Auf­ent­halts habe ich jetzt einen Stu­den­ten-, einen Bi­blio­theks- und einen Wohn­hei­m­aus­weis, eine Trans­port­card und noch vier wei­te­re Aus­wei­se, fast alle mit Licht­bild!“

Die Hö­he­punk­te über­wo­gen je­doch al­le­mal, sagt der Me­di­en­stu­dent. Seine Aus­lands­se­mes­ter seien ge­prägt von schö­nen und span­nen­den Er­leb­nis­sen: „Weih­nach­ten in der Fa­kul­tät mit dem ge­mein­sa­men Wich­teln war si­cher ein High­light, aber auch die vie­len ge­mein­sa­men Aus­flü­ge, Par­tys, Spie­le­aben­de, das In­ter­na­tio­nal Din­ner ... wäh­rend mei­ner Zeit hat Ru­mä­ni­en auch sein 100-jäh­ri­ges Ju­bi­lä­um ge­fei­ert. Es gab ein Feu­er­werk in Cluj und viele klei­ne Kon­zer­te.“

Tipps für Kom­mi­li­to­nin­nen und Kom­mi­li­to­nen

Wer wie Pas­cal Hahn ein Aus­lands­se­mes­ter ab­sol­vie­ren oder einen Dop­pel­ab­schluss in Ru­mä­ni­en ab­le­gen möch­te, soll­te „ein­fach los­le­gen“, rät er. „Si­cher ist es nicht ver­kehrt, sich ein paar In­for­ma­tio­nen über die neue Hei­mat zu holen. Au­ßer­dem muss­te ich mir im Wohn­heim jeg­li­che Kü­che­n­uten­si­li­en neu an­schaf­fen – hätte ich das vor­her ge­wusst, hätte ich ei­ni­ge Dinge aus Deutsch­land mit­ge­bracht.“ Es sei si­cher­lich nicht mög­lich, an alles zu den­ken, doch mit etwas Vor­be­rei­tung könne jede und jeder das Eras­mus-Stu­di­um in Ru­mä­ni­en ge­nie­ßen: „Offen in das Aben­teu­er star­ten!“

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