Wie war die Ernte im Jahr 2019, und vor welchen Herausforderungen stehen wir alle und insbesondere die Landwirtschaft angesichts der Klimaveränderungen? Zum Erntedankfest am 6. Oktober 2019 sprach Hartmut Ohm mit Prof. Dr. Helge Stephan, der am Fachbereich Agrarwirtschaft der FH Kiel Pflanzenbau und -ernährung lehrt.
Am 6. Oktober 2019 feiern wir Erntedankfest. Gab es in diesem Jahr eine gute Ernte?
Eine gute Ernte ist für die Landwirtschaft immer relativ zu sehen, da es bei landwirtschaftlichen Unternehmen darum geht Gewinne zu erwirtschaften. Und da ist neben der Erntemenge auch immer der Preis, der für die Produkte bezahlt wird, mit ein auschlaggebender Punkt. Rein ertraglich gesehen war die Ernte der meisten Ackerfrüchte in vielen Teilen Deutschlands niedriger als der langjährige Durchschnitt. Im Vergleich zum Vorjahr mit seiner extremen Trockenheit allerdings wieder besser. Es ist also eine Frage des Standpunktes, was eine gute Ernte ist. Im ursprünglichen Sinne lässt sich aber die Frage dahingehend beantworten, dass die Menge für alle reicht, um satt zu werden.
Wie hat sich der sehr trockene April 2019 auf den landwirtschaftlichen Ertrag ausgewirkt?
Ja nach Region in Deutschland war dies natürlich zum Teil schon ertragsmindernd. In Schleswig-Holstein aber hatten wir noch Glück, dass die Niederschläge meist rechtzeitig kamen, sodass die Ernte für die meisten Kulturen sich um den langjährigen Durchschnittsertrag bewegt.
Gibt es schon Anzeichen für einen bevorstehenden Klimawandel in der Schleswig-Holsteinischen Landwirtschaft?
Da der Klimawandel ein langsamer, aber stetiger Prozess ist und es Extremwetterlagen schon immer gegeben hat, kann man dies nicht an einem einzelnen Wetterereignis festmachen. Aber die Häufung von Extremwetterlagen in Verbindung mit Phasen wärmerer Temperaturen als der langjährige Durchschnitt sind sicherlich eine deutliche Tendenz, dass sich das Klima wandelt.
Wie wird sich das heimische Klima voraussichtlich entwickeln?
Es ist natürlich immer schwierig zu sagen, wie sich die Klimaänderungen im Detail auswirken. Aber generell herrscht Einigkeit darüber, dass sich die Durchschnittstemperaturen erhöhen werden und damit einhergehend wird sich die Niederschlagsverteilung ändern, d.h. der Herbst und Winter wird eher nasser, während im Sommer aufgrund höhere Temperaturen die Extremniederschläge z.B. in Form von Gewittern in der Häufigkeit zunehmen werden.
Was können Landwirt*innen tun, um dem Klimawandel zu begegnen?
Die Landwirtschaft war schon immer dem Wetter ausgesetzt und die Landwirt*innen haben gelernt, mit einer gewissen Unsicherheit umzugehen. Durch den Klimawandel wird z.B. durch Extremwetterlagen eine höhere Risikostreuung für die landwirtschaftlichen Betriebe nötig sein. Das kann über eine Diversifikation von angebauten Kulturarten bis hin zu neuen Betriebszweigen reichen. Auch die Produktionstechnik wird sich in vielen Bereichen anpassen müssen. Allerdings müssen alle Adaptionsmechanismen für den einzelnen landwirtschaftlichen Betrieb auch ökonomisch leistbar sein. Und natürlich darf dabei auch nicht übersehen werden, dass die Landwirtschaft als Wirtschaftszweig zwar eine Sonderrolle aufgrund der Nahrungsmittelproduktion einnimmt, aber eben auch selber Treibhausgase emittiert. Daher sollte auch hier das Bestreben fortgesetzt werden, diese zu minimieren.
Was können wir alle tun, um dem drohenden Klimawandel entgegenzuwirken?
Das ist generell schwer zu sagen, da es darüber ja jetzt eine gesellschaftliche Debatte gibt, welche auch ausgesprochen wichtig zu führen sein wird. In Bezug auf die Landwirtschaft kann sicherlich gesagt werden, dass z.B. mit einem regional und saisonal orientierten Kaufverhalten von Lebensmitteln ein höherer Beitrag zur CO2-Einsparung geleistet wird, als wenn strikt auf die Produktionsweise geachtet wird, die Produkte dann aber über längere Strecken transportiert werden müssen.
Wie wird sich das heimische Klima entwickeln, wenn wir nichts gegen einen Wandel tun?
Der Klimawandel schreitet dann schneller voran, es werden also die prognostizierten Veränderungen früher auftreten. Und in Konsequenz werden die Anpassungen in allen Bereichen sehr viel schneller geschehen müssen, was mit zusätzlichen Kosten verbunden ist. Aber vor allem global gesehen würden die Konsequenzen z.T. in einigen Regionen katastrophale Ausmaße annehmen, was sich kein Mensch wünschen kann.