Eine Bühne© DGPuk

Von der Hoch­schu­le zur Fach­ta­gung

von Joa­chim Kläschen

Die Co­ro­na-Krise hat an­schau­lich ge­zeigt, dass Kom­mu­ni­ka­ti­on eine viel­schich­ti­ge An­ge­le­gen­heit ist -  ins­be­son­de­re im Span­nungs­feld von Wis­sen­schaft und Me­di­en. Wäh­rend Wis­sen­schaft­ler*innen dar­auf fo­kus­siert sind, In­hal­te über einen lan­gen Zeit­raum zu er­ar­bei­ten und durch kon­ti­nu­ier­li­che For­schung die je­wei­li­ge Fach­dis­zi­plin vor­an­zu­brin­gen, geht es den Me­di­en­ver­tre­ter*innen vor­ran­gig darum, Nach­rich­ten mög­lichst schnell und ver­ständ­lich zu ver­brei­ten. Wäh­rend die Lo­gi­ken des Me­di­en­sys­tems und der Öf­fent­lich­keits­ar­beit den meis­ten Stu­die­ren­den im Mas­ter-Stu­di­en­gang ‚An­ge­wand­te Kom­mu­ni­ka­ti­ons­wis­sen­schaft‘ be­reits aus ihrem Ba­che­lor­stu­di­um be­kannt sind, nimmt Prof. Kro­ne­waldnun mit ihnen auch die ‚an­de­re Seite‘ in den Blick: die Wis­sens­pro­duk­ti­on im ei­ge­nen Fach.

„Der Weg, den wis­sen­schaft­li­che For­schung von der ers­ten Idee bis zur öf­fent­li­chen Ver­brei­tung nimmt, ist ein kom­ple­xer und viel­schrit­ti­ger Pro­zess. Wer das ver­steht und die­sen Pro­zess durch­schaut, pro­fi­tiert spä­ter nicht nur in der be­ruf­li­chen Ar­beit als Kom­mu­ni­ka­tor*in oder Jour­na­list*in, son­dern auch im All­tag als mün­di­ges Mit­glied der Ge­sell­schaft“, er­klärt Elke Kro­ne­wald „Im Jahr 2017 habe ich en­ga­gier­ten Mas­ter-Stu­die­ren­den im Modul ‚Ver­tie­fen­de Kom­mu­ni­ka­ti­ons­wis­sen­schaft‘ daher zum ers­ten Mal das An­ge­bot ge­macht, die­sen Pro­zess selbst zu durch­lau­fen und so ei­ge­ne wert­vol­le Er­fah­run­gen zu sam­meln.“

Ziel des An­ge­bots ist es, dass Stu­die­ren­de auf einer Fach­ta­gung vor Ex­pert*innen einen wis­sen­schaft­li­chen Vor­trag über ihr ei­ge­nes For­schungs­pro­jekt hal­ten und sich der kri­ti­schen Dis­kus­si­on stel­len. Doch bis dahin ist es ein wei­ter Weg: Am An­fang steht der so­ge­nann­te ‚Call for Pa­pers‘. Wäh­rend der Pla­nung einer Fach­ta­gung ist die Fach-Com­mu­ni­ty auf­ge­ru­fen, Bei­trä­ge ein­zu­rei­chen. „Die Stu­die­ren­den müs­sen sich zu­nächst ein Bild von den der­zeit re­le­van­ten The­men des Fachs ma­chen und in Klein­grup­pen pas­sen­de The­men­vor­schlä­ge er­ar­bei­ten. Ihre kon­kre­te For­schungs­idee prä­sen­tie­ren die Stu­die­ren­den dann ihren Mit­stu­die­ren­den im Rah­men eines Pos­ter­vor­trags. Das ist ein kom­pak­tes For­mat, das auch auf wis­sen­schaft­li­chen Fach­ta­gun­gen immer be­lieb­ter wird und dazu zwingt, sich auf das Wich­tigs­te zu be­schrän­ken“, kon­kre­ti­siert Elke Kro­ne­wald.

Ein­ge­reich­te The­men­vor­schlä­ge, die ziel­füh­rend er­schei­nen und die die Stu­die­ren­den gerne um­set­zen wür­den, gehen in Form eines ‚Abs­tracts‘ an die Ta­gungs­ver­an­stal­ter, die die­ses von Ex­pert*innen auf ihre Ta­gungs­eig­nung ab­klop­fen las­sen – das so­ge­nann­te ‚Dou­ble Blind Peer Re­view‘. An­schlie­ßend er­hal­ten die Ein­rei­chen­den eine Rück­mel­dung. „Das hat in den ver­gan­ge­nen Jah­ren sehr gut ge­klappt“, freut sich die Pro­fes­so­rin. „Die Stu­die­ren­den haben Zu­sa­gen und Ein­la­dun­gen er­hal­ten, ihre For­schung auf Ta­gun­gen in Wien und Er­furt vor­zu­stel­len. Nur im Jahr 2020 haben lei­der viele Ta­gun­gen auf­grund von Co­ro­na nicht statt­ge­fun­den.“ Par­al­lel zu den Peer Re­views ar­bei­ten die Stu­die­ren­den an ihrer For­schungs­ar­beit, für die es –  un­ab­hän­gig von einer Ta­gungs­teil­nah­me – Leis­tungs­punk­te gibt. Wer auf die Ta­gung darf und möch­te, muss sich je­doch auch mit der Prä­sen­ta­ti­on der In­hal­te aus­ein­an­der­set­zen.

Der Auf­tritt auf der Ta­gung ist dann die Feu­er­tau­fe für die Stu­die­ren­den. „Ich halte mich hier im Hin­ter­grund und über­las­se den Stu­die­ren­den die Bühne, schlie­ß­lich ist es ihre Ar­beit“, er­klärt Elke Kro­ne­wald. „Auch, wenn die Ta­gun­gen, die wir be­sucht haben, eine meist über­schau­ba­re Größe mit etwa 50 Teil­neh­men­den haben, ist das schon ein span­nen­des Er­leb­nis.“ Viele Stu­die­ren­de sehen sich bei der Vor­stel­lung ihrer Er­geb­nis­se Wis­sen­schaft­ler*innen ge­gen­über, die sie bis­lang nur aus der Fach­li­te­ra­tur kann­ten. „Das sorgt für Auf­re­gung, aber ge­hört ein­fach dazu“, sagt die Pro­fes­so­rin. „Wenn man selbst ex­po­niert auf der Bühne steht und sich den Fra­gen stel­len muss, sen­si­bi­li­siert das für die Re­le­vanz des Dis­kur­ses im Er­kennt­nis­pro­zess.“

Elke Kro­ne­wald stellt fest, dass die Co­ro­na-Krise den Wis­sen­schafts­pro­zess stär­ker in den Fokus der Auf­merk­sam­keit ge­rückt hat. „Wenn ein wis­sen­schaft­li­cher Ex­per­te wie der Vi­ro­lo­ge Chris­ti­an Dros­ten im NDR-Pod­cast immer wie­der über For­schungs­de­signs von Stu­di­en, Pre­prints und Peer-Re­view-Ver­fah­ren spricht, kann das zu einem bes­se­ren Ver­ständ­nis von wis­sen­schaft­li­cher Ar­beit in der Öf­fent­lich­keit füh­ren. Zu­gleich the­ma­ti­siert er re­gel­mä­ßig die Kon­flikt­li­ni­en zwi­schen Wis­sen­schaft, Wis­sen­schafts­kom­mu­ni­ka­ti­on und Jour­na­lis­mus und zeigt auf, wie un­ter­schied­lich In­ten­tio­nen und Sicht­wei­sen sind. Wäh­rend die Wis­sen­schaft ver­sucht, die kom­ple­xen In­hal­te ver­ständ­lich zu ver­mit­teln, kann es vor­kom­men, dass der Jour­na­lis­mus sich für ganz an­de­re As­pek­te des The­mas in­ter­es­siert.“

Dass der Lern­pro­zess mit dem Auf­tritt auf einer Ta­gung nicht ab­ge­schlos­sen sein muss, hat sich für die ehe­ma­li­ge Mas­ter-Stu­den­tin Julia Kö­nigs ge­zeigt. Sie hielt ihren Vor­trag ‚Lernt doch, wie ihr wollt! Wis­sen und Ler­nen im Kon­text di­gi­ta­ler Kom­mu­ni­ka­ti­on‘ 2018 auf der Jah­res­ta­gung der Fach­grup­pe Di­gi­ta­le Kom­mu­ni­ka­ti­on der Deut­schen Ge­sell­schaft für Pu­bli­zis­tik- und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­wis­sen­schaft in Er­furt. „Ge­mein­sam mit Julia Kö­nigs habe ich ihr For­schungs­pro­jekt in ein Auf­satz­for­mat ge­bracht“, er­klärt Kro­ne­wald. „Und der Ein­satz hat sich ge­lohnt, denn im kom­men­den Jahr soll der Auf­satz in einem wis­sen­schaft­li­chen Fach­buch er­schei­nen.“

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