Bis zum Ende seiner Hauptblütezeit strahlt der Raps in einem satten Gelb. (Foto: Schlüter)© Schlü­ter

Theo­rie in der Pra­xis: Ver­suchs­feld schafft Platz für Pflan­zen­for­schung

von Ma­rie­sa Brahms

Wer über Schles­wig-Hol­steins Stra­ßen fährt, dem bie­tet sich im Früh­som­mer ein far­ben­fro­hes Na­tur­schau­spiel – der Raps steht in sei­ner vol­len Blüte, taucht die Land­schaft in ein sat­tes Gelb, und ver­ein­zelt die­nen Lu­pi­nen an den Feldrän­dern als Farb­tup­fer. Viele neh­men dies als immer wie­der­keh­ren­des Na­tur­schau­spiel hin, in an­de­ren keimt die Neu­gier­de nach den ge­nau­en Hin­ter­grün­den auf. Die ver­mit­telt der Fach­be­reich Agrar­wirt­schaft der Fach­hoch­schu­le Kiel.

Seit 30 Jah­ren bie­tet der Fach­be­reich sei­nen Stu­die­ren­den die Mög­lich­keit, 12 Ki­lo­me­ter öst­lich vom Stand­ort der Lehr­ge­bäu­de in Os­ter­rön­feld aufs Feld zu gehen – auf das Lin­den­hof-Ver­suchs­feld unter Lei­tung von Prof. Dr. Klaus Schlü­ter. 25 Hekt­ar Flä­che wer­den dort in Ver­suchspar­zel­len auf­ge­teilt, um einer Viel­zahl an­ge­wand­ter Fra­ge­stel­lun­gen aus dem Be­reich der Pflan­zen­pro­duk­ti­on im Acker­bau nach­zu­ge­hen. In Par­zel­len von je drei Me­tern Brei­te und ma­xi­mal zehn Me­tern Länge wird gesät, be­ob­ach­tet und ge­forscht. Im ak­tu­el­len Ver­suchs­jahr be­fin­den sich dort um die 15 Pflan­zen­ar­ten, ein Gro­ß­teil davon Ge­trei­de. Nebst hei­mi­scher Ve­ge­ta­ti­on ar­bei­tet man in Os­ter­rön­feld auch an dem Er­kennt­nis­ge­winn zu einer eher exo­ti­schen Gat­tung: Zu­sam­men mit der Uni­ver­si­tät Ho­hen­heim un­ter­sucht das Team vom Lin­den­hof die Leis­tungs­fä­hig­keit von So­ja­boh­nen unter kli­ma­tisch nach­tei­li­gen Be­din­gun­gen. „Zu­sam­men mit un­se­rer frü­he­ren For­schungs­ar­beit zu Fut­ter­pflan­zen ist das schon sehr viel­fäl­tig“, er­zählt der Pro­fes­sor, „ein biss­chen so wie ein Mo­sa­ik.“

Seit 1999 liegt die Ver­ant­wor­tung für das Feld in den Hän­den des Pflan­zen­pa­tho­lo­gen. Mit zwei fest an­ge­stell­ten Ver­suchs­tech­ni­kern und der pla­ne­ri­schen Un­ter­stüt­zung durch den La­bo­r­in­ge­nieur wer­den die Kern­auf­ga­ben be­wäl­tigt. Ohne die zu­sätz­li­che fach­li­che Be­treu­ung durch eine lang­jäh­ri­ge wis­sen­schaft­li­che Pro­jekt­mit­ar­bei­te­rin und die Un­ter­stüt­zung durch eine Labor- und eine Feld­as­sis­ten­tin wären die vie­len Auf­ga­ben aber nicht zu rea­li­sie­ren. Die Per­so­nal­kos­ten für diese drei Fach­kräf­te und der sons­ti­ge fi­nan­zi­el­le Auf­wand wer­den durch For­schungs­auf­trä­ge ge­deckt. Part­ner für sol­cher­lei Auf­trä­ge kom­men aus ganz Deutsch­land, man­che auch aus dem Aus­land. Die Zu­sam­men­ar­beit sieht häu­fig so aus, dass der Pro­fes­sor wis­sen­schaft­li­che Fra­ge­stel­lun­gen und neue Ent­wick­lun­gen, die für die Lehre at­trak­tiv sind, an­fragt. In­ter­es­sant sind die Er­kennt­nis­se aus den Ver­suchspar­zel­len nicht nur für Stu­die­ren­de, denn Ko­ope­ra­ti­ons­part­ner wie bei­spiels­wei­se Kalk­wer­ke oder Dün­ge­mit­tel­her­stel­ler und Un­ter­neh­men aus dem Be­reich des Pflan­zen­schut­zes sind re­gel­mä­ßi­ge Auf­trag­ge­ber für Ent­wick­lungs­pro­jek­te.

Dem Pro­fes­sor selbst ist ein Pro­jekt be­son­ders im Ge­dächt­nis ge­blie­ben: Von 1996 bis 2002 hat er er­forscht, wie sich die Frucht­fol­ge im Ver­gleich mit ver­schie­de­nen Bo­den­be­ar­bei­tungs­maß­nah­men hin­sicht­lich der Pflan­zen­ge­sund­heit ge­stal­tet. Die hier­aus ent­stan­de­nen Daten sind heute so re­le­vant wie nie, denn Prof. Dr. Schlü­ter ver­folg­te schon da­mals die De­vi­se der Ex­ten­si­vie­rung. Was für alle Nicht-Agrar­in­ter­es­sier­ten herr­lich kom­pli­ziert klingt, be­schreibt ein be­son­ders um­welt­freund­li­ches Wirt­schaf­ten mit be­darfs­ge­rech­tem und nicht-ma­xi­ma­lem Ein­satz von Dünge- und Pflan­zen­schutz­mit­teln „Ganz so wie es die eu­ro­päi­sche Agrar­po­li­tik jetzt vor­gibt“, sagt der Ver­suchs­feld­lei­ter er­freut.

Wenn Stu­die­ren­de das In­ter­es­se haben, an­ge­wand­te For­schung zu be­trei­ben, so haben sie auch unter Ein­bin­dung des Ver­suchs­fel­des die Mög­lich­keit dazu. Das schär­fe näm­lich das Pro­fil der Stu­die­ren­den und komme gut an bei po­ten­zi­el­len Ar­beit­ge­bern, weiß der Pro­fes­sor.

Im kom­men­den März be­ginnt für Dr. Klaus Schlü­ter die Pen­si­on. Bis dahin zieht es ihn aber noch re­gel­mä­ßig auf das Feld - im Win­ter schlie­ßt er mit sei­ner wis­sen­schaft­li­chen Mit­ar­bei­te­rin sein letz­tes Pro­jekt auf dem Ver­suchs­feld ab. Zwi­schen On­line-Vor­le­sun­gen sind die Ma­kro­fo­to­gra­fie von Krank­heits­er­re­gern und Schäd­lin­gen und das In­spi­zie­ren der Test­par­zel­len eine will­kom­me­ne Ab­wechs­lung. Dass er sein Werk in guten Hän­den weiß, hilft bei dem Ab­schied: „Über die Jahre haben wir uns einen her­vor­ra­gen­den Ruf auf­ge­baut, meine Ar­beit wird bald von mei­nen jün­ge­ren Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen wei­ter­ge­führt."

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