Ein Mann und eine Frau© S. Patzlaff

Stu­di­um, Kin­der, Grün­de­rin: Stu­den­tin der FH geht ei­ge­nen Weg

von viel.-Re­dak­ti­on

Stu­die­ren er­for­dert heut­zu­ta­ge viel Zeit, En­er­gie und Ein­satz­be­reit­schaft. Wenn dann plötz­lich noch vier Kin­der, eine ei­ge­ne Grün­dungs­idee und die Mas­ter­ar­beit hin­zu­kom­men, kann es mit der Zeit für Fa­mi­lie und Pri­va­tes eng wer­den. Wie Stu­den­tin Sonja Patzlaff (32) es schafft, er­folg­reich zu stu­die­ren und Mut­ter zu sein, hat sie Julia Kö­nigs aus viel.-Re­dak­ti­on im In­ter­view ver­ra­ten.

Sonja, du stu­dierst Be­triebs­wirt­schafts­leh­re am Fach­be­reich Wirt­schaft, mitt­ler­wei­le schon im Mas­ter und sitzt ge­ra­de an dei­ner Ab­schluss­ar­beit – wie bist du über­haupt dazu ge­kom­men, BWL an der FH Kiel zu stu­die­ren?

Die Idee zum Stu­di­um kam mir, weil ich schon immer mit dem Ge­dan­ken ge­spielt habe, spä­ter sel­ber zu grün­den, meine ei­ge­ne Che­fin zu sein. Diese Idee woll­te ich auf gut fun­dier­te Beine stel­len, also mit einem be­triebs­wirt­schaft­li­chen Stu­di­um un­ter­mau­ern. 2008 habe ich dann an der FH Kiel mein Ba­che­lor­stu­di­um in BWL an­ge­fan­gen, nach­dem ich nach dem Ab­itur eine Zeit lang erst in der Gas­tro­no­mie ge­jobbt habe.

Ur­sprüng­lich komme ich aus Hil­des­heim. Meine Schwes­ter stu­dier­te da­mals schon in Kiel, ich kann­te die Ost­see von vie­len Fa­mi­li­en­ur­lau­ben ... da bot sich der Umzug in den Nor­den an. Au­ßer­dem bin ich ein sehr pra­xis­ori­en­tier­ter Mensch, daher woll­te ich un­be­dingt an eine Fach­hoch­schu­le, statt an eine Uni­ver­si­tät. 2011 habe ich mei­nen Ba­che­lor­ab­schluss ge­macht. Da­nach bin ich auf Um­we­ge ge­ra­ten...

Wie meinst du das?

Mir wurde rein­ge­re­det, je­mand mein­te, ich soll­te doch noch wis­sen­schaft­li­cher ar­bei­ten und an die Uni­ver­si­tät wech­seln. Lei­der habe ich das dann auch ge­macht. Ich habe aber sehr schnell ge­merkt, dass mir die In­hal­te dort viel zu theo­re­tisch waren, ich habe mich nicht wohl ge­fühlt. 2017 bin ich des­we­gen zu­rück an die FH ge­gan­gen und habe hier den Mas­ter auf­ge­nom­men.

Dann hast du dei­nen Weg zu­rück an die FH wie­der­ge­fun­den. Du stu­dierst aber nicht nur, son­dern bist auch Mut­ter von vier Kin­dern – wann kam denn dein ers­tes Kind?

Ich habe mei­nen Mann im Ba­che­lor­stu­di­um ken­nen­ge­lernt. Als wir beide im vier­ten Se­mes­ter waren, das war 2009, da kam unser ers­tes Kind auf die Welt. Im Ab­stand von zwei Jah­ren sind un­se­re an­de­ren drei Kin­der ge­bo­ren wor­den, unser Jüngs­ter 2015. Mein Mann und ich woll­ten beide immer eine große Fa­mi­lie: Ich habe drei Ge­schwis­ter, er zwei. Eine große Fa­mi­lie heißt ja auch, dass immer Leben um einen herum ist. Das ge­fällt uns.

Für viele ist das Stu­die­ren mit Kin­dern eine zu große Hürde, sie ent­schei­den sich dann da­ge­gen. Wie schafft ihr es, Fa­mi­li­en­le­ben und Stu­di­um mit­ein­an­der in Ein­klang zu brin­gen?

Wir haben die Er­fah­rung ge­macht, dass es zeit­lich zwi­schen den Part­nern in der Kin­der­be­treu­ung viel aus­ge­gli­che­ner ist. Damit meine ich, dass wir beide, da wir ja noch stu­diert haben, uns glei­cher­ma­ßen viel um die Kin­der ge­küm­mert haben. Jeder eben so, wie es ge­ra­de pass­te, den Haus­halt haben wir ne­ben­bei ir­gend­wie ge­schmis­sen. Im Stu­di­um ist man zeit­lich ein­fach viel fle­xi­bler. Wenn beide Part­ner stu­die­ren, kann man alles frei­er ein­tei­len. Jetzt ar­bei­tet mein Mann in Voll­zeit, wäh­rend ich noch stu­die­re, und er sieht die Kin­der viel we­ni­ger. Manch­mal kann er ihnen nur Gute Nacht sagen, weil er schon aus dem Haus ist, wenn sie auf­ste­hen, und erst wie­der­kommt, wenn sie ins Bett müs­sen.

Wur­det ihr wäh­rend des Stu­di­ums mit Kin­dern auch viel un­ter­stützt?

Fi­nan­zi­el­le Un­ter­stüt­zung hat­ten wir durch Bafög und Wohn­geld, auch ein Schwan­ger­schafts­se­mes­ter konn­te ich mir pro­blem­los an­rech­nen las­sen. Da­nach gab es ein paar Hür­den zu neh­men, es war nicht immer leicht, aber wir sind immer ir­gend­wie durch­ge­kom­men. Einen Kin­der­gar­ten­platz haben wir für un­se­ren Äl­tes­ten da­mals schnell be­kom­men, wir sind in der KiTa in der Ols­hau­sen­stra­ße. Die Ge­schwis­ter konn­ten immer pro­blem­los nach­kom­men. Toll fin­den wir auch, dass das Stu­den­ten­werk fle­xi­ble Ab­hol­zei­ten er­mög­licht. Wir kön­nen die Kin­der so ab­ho­len, wie es in un­se­ren Ta­ges­ab­lauf passt

Was sind die grö­ß­ten Her­aus­for­de­run­gen, die dir in der gan­zen Zeit dei­nes Stu­di­ums be­geg­net sind?

Wäh­rend der Prü­fungs­pha­sen war es schwer, Zeit zu fin­den und sich zu kon­zen­trie­ren, da wäre es si­cher ein­fa­cher ohne Kin­der. Aber ich kann mich auch mal abends an den Schreib­tisch set­zen, das habe ich dann immer ge­schafft. An­fangs war es mit der Kin­der­be­treu­ung nicht so leicht, mitt­ler­wei­le ist die FH aber sehr fa­mi­li­en­freund­lich ge­wor­den: Ich konn­te die Kin­der mit in den Hör­saal neh­men, ihnen ein Hör­spiel mit Kopf­hö­rern an­ma­chen und sie dann neben mir sit­zen haben. Die Kin­der waren und sind also immer viel auf dem Cam­pus dabei. Viele Leh­ren­de haben sich dem „Stu­die­ren mit Kin­dern“ mehr ge­öff­net, was ich sehr gut finde.

Das Thema dei­ner Mas­ter­ar­beit ist „Un­ter­neh­mens­grün­dung mit Kin­dern“ und „Un­ter­neh­mens­grün­dung ab 40“. Wie bist du zu die­ser Idee ge­kom­men?

In mei­nem bis­he­ri­gen Stu­di­um hatte ich schon die Schwer­punk­te Por­jekt­ma­nage­ment und Start-Ups. Da woll­te ich grund­le­gend an­knüp­fen und gleich­zei­tig an mei­ner Idee fest­hal­ten, spä­ter selbst zu grün­den.

Es kur­siert in der Grün­der­sze­ne immer wie­der das Ge­rücht, man könne nicht mit Kin­dern grün­den, was ich aber für falsch halte. Des­we­gen habe ich Kurse bei open­cam­pus.sh be­sucht, an der Ver­an­stal­tungs­rei­he „Schles­wig-Hol­stein braucht Grün­de­rin­nen“ von der In­ves­ti­ti­ons­bank teil­ge­nom­men und mich wei­ter­ge­bil­det. Bei einer Ver­an­stal­tung habe ich vom Grün­den in Teil­zeit ge­hört. Die­ser Ge­dan­ke ge­fällt mir gut, denn ich habe schlie­ß­lich meine Kin­der, um sie auch zu sehen und nicht, um sie ir­gend­wo zu par­ken. In mei­ner Mas­ter­ar­beit un­ter­su­che ich nun wis­sen­schaft­lich, wie man es schafft, mit Kin­dern zu grün­den. Das zwei­te Thema, Grün­den ab 40, kam über eine In­itia­ti­ve von Frau Prof. Dr. Doris We­ßels dazu:

Für Stu­die­ren­de mit Grün­dungs­idee gibt es viel Un­ter­stüt­zung, aber wie ist das ei­gent­lich, wenn man schon älter ist und sich Ge­dan­ken um die Al­ters­vor­sor­ge ma­chen muss? Daher kann man den gan­zen The­men­kom­plex mei­ner The­sis als „Un­ter­neh­mens­grün­dung bei be­son­de­ren Her­aus­for­de­run­gen“ be­schrei­ben.

Im Juli 2019 wirst du dein Stu­di­um dann ab­schlie­ßen. Was sind deine Pläne für die Zeit da­nach?

Ob ich nach mei­nem Ab­schluss si­cher grün­den werde,  hängt noch von den Er­geb­nis­sen mei­ner The­sis ab. Ich könn­te mir auch vor­stel­len, in die Grün­dungs­be­ra­tung oder -för­de­rung zu gehen. Das wer­den die nächs­ten Mo­na­te zei­gen. The­ma­tisch ge­fällt mir die Rich­tung Nach­hal­tig­keit, junge Un­ter­neh­men wie Um­tü­ten finde ich span­nend. Bis zum Ab­schluss bleibt das alles beim Ge­dan­ken­spiel. Aber dem Grün­den zu­ge­neigt bin ich de­fi­ni­tiv. 

Wür­dest du das Stu­di­um mit Kin­dern wie­der so ma­chen?

Man soll­te sich nicht in die ei­ge­ne Ent­schei­dung hin­ein­re­den las­sen, denn ir­gend­wer weiß es ja immer bes­ser. Wenn man aber meint, dass man es schaf­fen kann, dann wird es auch klap­pen. Ich finde es toll, dass meine Kin­der so in­vol­viert in mein Stu­di­um waren: Sie ken­nen das ganze Cam­pus­vo­ka­bu­lar wie „Credit Points“, „Modul“ und „Vor­le­sung“ aus­wen­dig – wir haben immer ge­scherzt, dass unser Gro­ßer sei­nen Ba­che­lor haben wird, ehe er in die Grund­schu­le kommt. 

Danke für deine Zeit, Sonja! Wir wün­schen dir für dei­nen wei­te­ren Weg alles Gute.

Auf­ruf:

Sonja sucht für ihre Mas­ter­ar­beit nach Ge­sprächs­part­ne­rin­nen und –part­nern, die ihre Un­ter­neh­mens­grün­dung mit be­son­de­ren Her­aus­for­de­run­gen ge­ra­de pla­nen oder schon um­ge­setzt haben. Wenn ihr Sonja un­ter­stüt­zen könnt, schreibt ihr unter sonja.​patzlaff(at)stu­dent.fh-kiel.de

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