Umfangreiche Bauvorhaben lassen sich nur gemeinsam mit den unmittelbar Betroffenen und nicht über ihre Köpfe hinweg zu einem konstruktiven Abschluss bringen. Entsprechend werden alle größeren Infrastruktur-Maßnahmen heute von Beteiligungsverfahren flankiert, die die Wahrnehmungen und Ideen der Stakeholder abfragen. Entsprechend vermittelt das Institut für Bauwesen seinen Studierenden mit dem Wahlfach ‚Teilhabe und Beteiligung‘, wie eine nachhaltige Beteiligung aussehen kann.
Gemeinsam mit Dozentin Prof. Dr. Brigitte Wotha haben sich jüngst Bauwesen-Studierende vom 3. bis 7. Semester mit der Umsetzung des Mobilitätskonzeptes der Fachhochschule auseinandergesetzt. Im Kern stand dabei die Frage, wie sich unterschiedliche Zielgruppen – Studierende, Lehrende, Menschen aus dem Stadtteil, Ältere und junge Menschen – mit der Mobilitätswende auseinandersetzen und wie sich diese Zielgruppen am besten erreichen lassen, damit ihre Ideen und Ansprüche Gehör finden.
„Es war ein echtes Feuerwerk der Ideen, das die Studierenden beim Brainstorming gezündet haben“, freut sich Brigitte Wotha. „Neben konventionellen Werkzeugen wie Online-Befragungen, Workshops und Newslettern schlugen die Studierenden auch Brötchenaktionen für Fahrradpendler vor. Sehr ambitioniert, aber auch erfolgversprechend, war die Idee einer Mobilitäts-App auf der Basis des kommunalen Angebots ‚Melde.Möwe‘.“ Kinder und Jugendliche, so die Idee der Studierenden, könnten über Podcasts angesprochen werden. In Zusammenarbeit mit dem Jungen Rat, einem Gremium, das jungen Menschen in Kiel eine politische Teilhabe einräumt, sollen über die Ostufer-Schulen Ideen zur Mobilitätswende konkretisiert werden.
Um Menschen mit körperlichen und sensorischen Beeinträchtigungen eine Beteiligung zu ermöglichen, konzipierten die Studierenden ein Verfahren, das ihnen durch Apps im Zusammenspiel mit hybriden Veranstaltungen die Möglichkeiten bietet, Ansprüche an eine nachhaltige Mobilität im Stadtteil zu äußern. Verbunden war das Konzept mit Schulungen für Verkehrsbetriebe. Diese sollen ihnen aufzeigen, wie sie die Zielgruppe in verkehrlich herausfordernden Situationen unterstützen können.
Weiter erarbeiteten die Studierenden Beteiligungs-Konzepte für die Umsetzung einer Schwentine-Querung. Dabei sollten Menschen, die um die Schwentine leben, Lücken in der Verkehrsinfrastruktur mit Fotos dokumentieren. Diese sollten als Basis für die Entwicklung konkreter Verbesserungsvorschläge dienen. „Eine Studentin hat vorgeschlagen, vor der Umsetzung eine umfängliche Beteiligung im Stadtteil Neumühlen-Dietrichsdorf vorzunehmen“, erinnert sich Wotha. „Anschließend soll dann eine repräsentative Planungszelle die Ergebnisse ihrer Arbeit immer wieder in den Stadtteil spiegeln.“
Nach Meinung der Studierenden sollen die Lehrenden an der FH Kiel auf allen Ebenen dahingehend informiert und weitergebildet werden, wie sie sich durch die Verkehrswende gesünder, umweltfreundlicher und ressourcensparender bewegen können. Dieses Wissen sollen sie durch ihre Lehre an die Studierenden weitertragen. Die Studierenden hingegen sollen durch eine App zu einer Änderung ihres Mobilitätsverhaltens herausgefordert werden. Angedacht waren dabei Wettbewerbe zwischen den Fachbereichen, um weitere Motivation zu schaffen.