Der Gründungswettbewerb ‚StartUp Challenge SH‘ geht zurück auf eine Initiative des Regionalen Berufsbildungszentrums (RBZ) Steinburg und des Innovationszentrums Itzehoe: Schülerinnen und Schüler der elften Klassen aus dem Kreis Steinburg entwickeln und präsentieren ihre Gründungsideen. „Auf seine Art ist der Wettbewerb einzigartig in Deutschland. Es begeistert mich immer wieder, wenn junge Menschen ihre Ideen einer Jury vorstellen, die sie ernst nimmt“, erklärt Bernd Krohn, Projektleiter und stellvertretender Schulleiter des RBZ Steinburg. Aus dieser lokalen Erfolgsgeschichte soll nun ein landesweites Projekt werden; der Wettbewerb nicht länger auf den Kreis Steinburg begrenzt sein, sondern sich auf ganz Schleswig-Holstein ausweiten. Damit diese Idee Fahrt aufnimmt, ist die Fachhochschule Kiel an Bord gekommen.
„Der Gründungswettbewerb ist als ein außerschulisches Lehrangebot konzipiert“, führt Prof. Dr. Ralf Thiericke, Geschäftsführer der Gesellschaft für Technologieförderung Itzehoe mbH (IZET Innovationszentrum), aus. „Es ist kein Projekt, das neben dem Unterricht – am Nachmittag, am Wochenende oder in den Ferien – läuft. Stattdessen kann man es relativ einfach in einen Projektunterricht implementieren und es ist einfach zu betreuen“, ergänzt Krohn. In Kreativitätsworkshops lernen die Projektteams, wie Ideen entstehen können. Die Erarbeitung eines vollständigen Businessplans gehört ebenso zu dem Projekt. Zudem nehmen die Schüler*innen Kontakt zu Unternehmer*innen auf, präsentieren ihre Ideen, bauen Prototypen und bestücken einen Messestand. Im Finale befragt die Jury die Gründungsteams, zeichnet die besten aus und Sponsoren ermöglichen Geldpreise. Manchmal gehe es auch noch weiter. Unternehmer*innen sprechen die Schüler*innen an. „Und auch wir vom IZET Innovationszentrum unterstützen manchmal“, berichtet Prof. Thiericke.
„Das Ganze ist sehr positiv verlaufen“, fasst Bernd Krohn die vergangenen Projektzeiträume im Kreis Steinburg zusammen. Junge Menschen, die von allgemeinbildenden Schulen an das RBZ kamen, hätten kaum betriebswirtschaftliche Kenntnisse gehabt. Das habe sich auch durch das Projekt gewandelt. „Die Schüler*innen sind selbstbewusster geworden, motivierter“, so Krohn. „Junge Menschen in ihrem eigenständigen Handeln und Denken zu fördern, sie zu unterstützen, das ist für mich der entscheidende Punkt. Die Schüler*innen sind selbstständig, mutig und motiviert dabei. Sie merken, wenn sie etwas machen, dann schaffen sie das auch.“ Insbesondere die Erfahrung, vor der Jury zu stehen und als junger Mensch ernst genommen zu werden, habe viel bewirkt. „Sie gehen raus aus ihrer Schulwelt, das ist eine ganz wertvolle Erfahrung. Und sie lernen viel zum Thema unternehmerisches Handeln.“
Bisher haben die Teams insgesamt etwa 150 Produkte in den elften Klassen entwickelt. Darunter ein Schnuller, der leuchtet, wenn das Baby Fieber hat oder eine Brille mit unterschiedlichen Funktionen. „Es waren viele kreative Ideen, die teilweise auch verwirklicht wurden“, sagt Krohn. „Viele unserer Gewinnerteams haben am bundesweiten ‚Jugend gründet‘-Wettbewerb teilgenommen“, ergänzt Prof. Thiericke. Die Teilnahmen waren erfolgreich, die Platzierungen meist im oberen Bereich. Dieses Abschneiden sieht der IZET-Innovationszentrum-Geschäftsführer als Qualitätsstempel für den Gründungswettbewerb und dies werde auch von außen so wahrgenommen. Die Qualitätssicherung sei aber kein Selbstzweck, denn es sei wichtig, die Schüler*innen ein Stück weit in Richtung Studium zu bringen. Die FH Kiel sei da der passende Ansprechpartner. Bernd Krohn ist daher froh, die Fachhochschule mit an Bord zu haben.
„Wir als FH Kiel brauchten nur noch auf den Zug aufzuspringen“, erklärt Prof. Poggensee. Die Idee, die Prof. Thiericke und Bernd Krohn für den Kreis Steinburg entwickelt haben, soll nun auf Schleswig-Holstein ausgeweitet werden. „Wir als FH sind in der Lage, aus dem Regionalzug einen ICE zu machen, weil wir die Ressourcen dafür zur Verfügung haben“, so Poggensee. Neu sei, dass die Ausrichtung nun interdisziplinär sein solle. Die betriebswirtschaftliche Herangehensweise soll ergänzt werden um die technische. „Das ist toll, wenn angehende Betriebswirtschaftler zusammen mit Technikern agieren können“, ergänzt Bernd Krohn. In der Vergangenheit habe es bei den Schüler*innen teilweise Probleme gegeben, technische Abläufe zu verstehen. Daher begrüßt er es, wenn die Teams aus verschiedenen Bereichen kommen.
Eine weitere Neuerung ist das geplante Gesamtfinale an der Fachhochschule Kiel, das im Anschluss an das bereits bestehende Regionalfinale im IZET Innovationszentrum und anderen Regionalausscheidungen in weiteren Landesteilen die Besten küren soll. Dort sollen Entscheider*innen aus der Wirtschaft aus Schleswig-Holstein mit Hochschullehrer*innen und Vertreter*innen von Innovationszentren als Jury eine Entscheidung über den Landessieger fällen. Das ermögliche Schüler*innen, landesweite Unterschiede zu sehen, Unternehmer*innen in für sie relevanten Branchen kennenzulernen und zu erfahren, wie Hochschule funktioniert, erklärt Poggensee die Vorteile.
Auch die FH Kiel profitiere von dem Gründungswettbewerb. Es sei ein Transferprojekt durch die Schüler*innen. Zudem könnte mit dem Projekt um Studierende geworben werden. Ein Großteil der Studierenden komme aus den Regionalen Berufsbildungszentren. Mit beispielsweise der Berichterstattung über das Finale werde der praxisnahe Transfer zwischen Theorie und Praxis darüber hinaus für weitere potenzielle Studierende erkennbar und die FH rücke auch bei ihnen in den Fokus für eine Studienortwahl, so Poggensee.
Konkrete Projekte sichtbar zu machen, um Schulabgänger*innen auf sich aufmerksam zu machen, sei entscheidend. Bisher waren dies hauptsächlich Projekte von Studierenden. Nun kann die FH mit dem Gründungswettbewerb ein weiteres Anwendungsprojekt präsentieren. Von der Praxisorientierung profitieren auch die Schüler*innen. „Das Projekt ist etwas, um sich daran aufzurichten. Man hat etwas Konkretes abgeliefert und nicht irgendwelche Matheformeln auswendig gelernt“, sagt Poggensee. Zudem sei es eine größere Herausforderung und Motivation, in einen Wettkampf auf Landesebene zu treten als auf Kreisebene. Sich über die Kreisebene für die Landesebene qualifizieren zu können, mache das Projekt noch attraktiver, sind sich alle vier Projektverantwortlichen einig. Die Vergleichbarkeit auf Landesebene biete den Schüler*innen auch einen Blick über den Tellerrand der eigenen Schule oder Region. Sie lernen unterschiedlichere Herangehensweisen an Problematiken kennen, können diese mit dem eigenen Prozess der Lösungsfindung vergleichen und daraus lernen.