Ein Start-up der Fachhochschule (FH) Kiel möchte die Nutzungsdauer von Lithium-Ionen-Batterien mit einem intelligenten Lademanagement verlängern. Das Land Schleswig-Holstein unterstützt das KI-Projekt „Life-Saver-Algorithmus für Lithium-Ionen-Batterien“ mit rund 200.000 Euro. Digitalisierungsminister Dirk Schrödter hat heute (11. November 2022) einen entsprechenden Förderbescheid übergeben.
Auf Deutschlands Straßen rollen immer mehr Elektroautos. Im ersten Halbjahr 2022 entfielen 13,5 Prozent der Neuzulassungen auf PKW mit Batterieantrieb, das sind fast 170.000. Ihre Zahl wird aller Voraussicht nach weiter steigen und damit der Bedarf nach leistungsfähigen und intelligenten Batteriesystemen. Mit ihnen befasst sich Prof. Dr.-Ing. Christoph Weber von der FH Kiel. Mit seinem Start-up Heimdalytics möchte er die Nutzungsdauer von Lithium-Ionen-Batterien erhöhen, indem er deren Aufladung intelligenter steuert. Eine schnelle Aufladung stresst die Batterien, weil große Ladeströme hohe Temperaturen erzeugen. Und genau die gilt zu minimieren, erklärt Weber: „Wir wollen mit maschinellen Lernverfahren die unmittelbare Temperaturentwicklung aufgrund von hohen Strömen prognostizieren, damit können wir z. B. rechtzeitig die Ströme nur geringfügig begrenzen. Am Ende soll ein Algorithmus stehen, der trotzdem hohe Ladeströme im idealen Temperaturbereich der Batterie ermöglicht. Ich gehe davon aus, dass durch einen solchen Algorithmus die Lebensdauer von Batteriesystemen um zehn bis 20 Prozent verlängert werden kann.“
Das Land Schleswig-Holstein fördert das Projekt „Life-Saver-Algorithmus für Lithium-Ionen-Batterien“ mit rund 200.000 Euro. Digitalisierungsminister Dirk Schrödter überreichte den Förderbescheid an der FH Kiel und würdigte das Vorhaben: „Die Dekarbonisierung unserer Wirtschaft wird nur möglich, wenn uns bei den Speichertechnologien ein großer Sprung gelingt.“
Dies ist Weber und seinen Mitstreitern im Bereich des sogenannten Refurbishment bereits geglückt. Im Rahmen seines Start-ups Heimdalytics hat Weber ein Diagnosesystem für die Qualität gebrauchter Batteriemodule entwickelt. Verbrauchsbatterien von Elektroautos bestehen gewöhnlich aus rund acht Batteriemodulen. Ist eines von ihnen defekt, wird in der Regel die gesamte Batterie ersetzt. Mit seiner Methode sei dies nicht mehr nötig, erklärt Weber. „Wir können innerhalb des Batteriemoduls jeden einzelnen Zellverbund analysieren. Damit ist es möglich, gebrauchte Module miteinander zu vergleichen und ein defektes Modul durch ein adäquates gebrauchtes Modul zu ersetzen.“
„Dank KI und mit Hilfe der gewonnenen Daten können wichtige Aussagen zur Lebenserwartung von Batterien getroffen werden, die helfen, Technologien in diesem Bereich zu verbessern“, ergänzt Schrödter. „Durch die verstärkte E-Mobilität spricht das bereits jetzt einen riesigen Markt an. Es ist großartig, dass durch dieses Kieler Projekt Batterien beispielsweise von E-Autos nicht nach einigen Jahren entsorgt, sondern aufbereitet werden können. Das ist nachhaltig und schont die Ressourcen. Hier zeigt sich eindrucksvoll, wie vielseitig KI ist und wie sinnvoll sie eingesetzt werden kann. Dies leistet einen großen Beitrag, Schleswig-Holstein zum ersten klimaneutralen Industrieland zu machen und weltweiter Exporteur von Spitzentechnologien zu sein.“
Tatsächlich hat das Verfahren bereits international Interesse geweckt, in diesem Sommer sind indische Investoren bei Heimdalytics eingestiegen. Webers Diagnosesystem hat sich im Labor bewährt. Nun wird es seit drei Monaten beim Kooperationspartner Renault Lüdemann und Sens getestet und dort im kommenden Jahr zum Einsatz kommen.
Weitere Informationen zum Unternehmen
Die Heimdalytics GmbH ist ein Start-up der FH Kiel und hat sich zum Ziel gesetzt, KI-Systeme mit selbstentwickelter, hochgenauer Messtechnik zu verbinden und damit intelligente Lösungen zur Zustandsprognose von Batteriesystemen zu schaffen. Der Ausgründung vorausgegangen waren eine Reihe von Förderungen an der FH Kiel durch das Land Schleswig-Holstein sowie der Gesellschaft für Energie & Klimaschutz Schleswig-Holstein (EKSH). Durch diese konnte sich Prof. Weber mit der Zustandsprognose von Lithium-Ionen-Batterien, intelligenten Batteriemanagementsystemen und der Anwendung von KI-basieren Modellen beschäftigten.