Eine Frau posiert an einem Yachthafen und lächelt in die Kamera.© J. Königs
Henrike Wiesemann studiert im sechsten Semester MMP an der FH Kiel und ist mit ganzem Herzen ehrenamtlich tätig.

Stark sein für Kinder, Kulturen und Demokratie

von viel.-Redaktion

Henrike Wiesemann ist neben dem Studium ehrenamtlich aktiv

Es ist, als würde sie für ein Wochenende mit Freunden aufbrechen: Rucksack, Lernunterlagen und jede Menge gute Laune nimmt Henrike Wiesemann mit in den Zug nach Süddeutschland. Was die Studentin der Kieler Fachhochschule wirklich vorhat? Sie reist zu ihrem Ehrenamt, das ihr seit knapp fünf Jahren am Herzen liegt. Henrike (22) studiert Multimedia Production an der FH Kiel und hat der viel.-Redaktion erzählt, warum sie für interkulturellen Austausch, Politik und die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen einsteht.

 

Ehrenamt ist Ehrensache

Als Henrike siebzehn war und selbst aus einem Jahr in Pennsylvania in den USA, zurückkam, fing sie an, für den Verein Experiment tätig zu werden. Der Verein, für den Henrike gerne sechs Stunden Zugfahrt auf sich nimmt, organisiert Austausch- und Auslandsaufenthalte. „Ich führe Auswahlgespräche mit Kindern und Jugendlichen, wo es darum geht, mit Interessierten zu schauen, ob sie geeignet sind für einen Auslandsaufenthalt oder ein Stipendium“, erzählt Henrike. Sie begleitet auch Gruppenauswahlgespräche, in denen sie besonders auf die Dynamik zwischen den Jugendlichen achtet.

Ursprünglich kommt Henrike aus Kassel, wo Experiment e.V. stark vertreten ist – Mittel- und Süddeutschland gehören zum Hauptarbeitsgebiet der Organisation. Seit sie in Kiel wohnt, gibt es ein anderes Herzstück ihrer Ehrenamtstätigkeit: große Vorbereitungs- und Nachbereitungsseminare, die jeden Frühling und Herbst stattfinden. „Das sind Seminare, die über ein langes Wochenende gehen. „Wir bereiten die Kinder und Jugendlichen, die für ein Jahr ins Ausland gehen, intensiv darauf vor, was sie dort erwartet“, erzählt Henrike von ihrem Ehrenamtsalltag. „Die Teilnehmer werden sensibilisiert, was passieren kann, wir sprechen über potenzielle Probleme und schüren natürlich auch ganz viel Vorfreude.“

Im Herbst folgen die Nachbereitungsseminare für diejenigen, die aus dem Ausland zurückkommen. „Dann arbeiten wir das Erlebnis auf und geben allen die Möglichkeit, von ihrem Jahr zu erzählen“, sagt Henrike. Während der Zugfahrten zu den Seminaren arbeitet die Studentin an ihren Aufgaben für die FH. Trotz der zeitlichen Belastung machen die Wochenenden ihr viel Spaß: „Es ist den Aufwand jedes Mal wert. Zu sehen, wie die Kinder und Jugendlichen zusammenwachsen und am Ende als Team nach Hause gehen, das ist toll.“

Auch unter den Ehrenamtlichen entwickeln sich enge Freundschaften. Vorher gesehen haben sich die sechs Betreuerinnen und Betreuer eines Seminars meist noch nie. „Ich fahre danach mit so vielen Freundschaften zurück. Mit fast jeder Person, mit der ich in den fünf Jahren geteamt habe, habe ich Kontakt.“ Obwohl Henrike nur zwei Tage mit den Teilnehmenden verbringt, sehen sie die Studentin oft als Bezugsperson an. „Es ist ein schönes Gefühl, wenn Kinder zu mir kommen und ich merke, dass ich Ansprechpartnerin für ihre Probleme bin.“

Ehrenamt in der Fachschaft der FH – Hochschulpolitik mitgestalten

Seitdem Henrike 2015 angefangen hat, Multimedia Production zu studieren, ist sie in ihr zweites Ehrenamt hineingerutscht: Sie ist im ersten Vorstand in der Fachschaftsvertretung Medien aktiv. „Erst habe ich als Helferin mitgemacht, habe mich für den zweiten Vorstand aufstellen lassen, und jetzt bin ich seit einem Jahr im ersten Vorstand.“ In der Fachschaft gibt es Fachgruppen zu einzelnen Hochschulthemen, die der erste Vorstand organisiert und koordiniert. „Im Grunde sind wir dafür zuständig, dass Aufgaben ausgeführt werden und dass wir wissen, wie viele Leute wir wofür brauchen, was in einer Fachgruppe gerade relevant ist“, sagt Henrike. Sie nimmt an Sitzungen teil, behält einen Überblick über die Aufgabenverteilung und achtet darauf, dass alle Fachschaftsmitglieder sich wohlfühlen. Mindestens drei bis vier Tage ist sie in einer normalen Vorlesungswoche im Büro und nimmt an Sitzungen teil. „Das alles ist aber sehr freundschaftlich“, betont die 22-Jährige. „Manchmal treffen wir uns auch einfach so, sitzen zusammen und planen.“ Die „Prime-Time“ der Fachschaftsarbeit findet während der Erstsemesterwochen statt, sagt Henrike. Von morgens bis abends gibt es dann bei den Veranstaltungen für die Studienanfängerinnen und -anfänger viel zu tun.

Ein gutes Zeitmanagement hilft

Wie Henrike zwei Ehrenämter und ein Vollzeitstudium miteinander verbindet? Es sei extrem viel Zeitmanagement, sagt die Studentin. „Ich plane sehr viel voraus. Ich halte meinen Kalender immer gut sortiert und überlege sehr früh, wann ich Termine annehmen kann und welche Wochenenden für den Experiment e.V. frei sind.“ In der Fachschaft Medien wird Henrike von den anderen Mitgliedern unterstützt, sodass es kein Problem ist, Termine und Sitzungen zu übernehmen, wenn sie einmal nicht anwesend sein kann.

„Ich finde, viele Leute überschätzen die Arbeit, die man mit einem Ehrenamt hat“, sagt Henrike ganz bewusst. „Sie sehen es als weitere Arbeit, für die man kein Geld kriegt. Das ist nicht so. Ich würde es eher als Freizeitaktivität sehen.“ Sie könne nicht nachvollziehen, wenn jemand zu ihr sagt, dass er „ein Ehrenamt nie im Leben noch schaffen würde“, denn der Spaß überwiege den Arbeits- und Zeitaufwand. „Man hat ja auch Zeit, sich mit seinen Freunden zu treffen“, sagt Henrike. „Warum das nicht verbinden und gleichzeitig etwas Gutes tun? Für mich ist ein Wochenendseminar mit den Jugendlichen das gleiche, als würde ich mit Freunden ein Wochenende wegfahren.“

In schwierigen Zeiten Engagement beweisen

Für Henrike steht fest, dass in der heutigen Zeit interkulturelle Kompetenzen immer wichtiger werden. Die Verständigung zwischen Ländern und Kulturen, ein Zeichen gegen Rassismus und eine aktive Stimme in der Demokratie sind das, was die junge Studentin für ihre Ehrenämter motivieren. „Es ist wichtig, dass Kinder und Jugendliche zu diesen Themen sensibilisiert werden, und in der Hochschulpolitik mitzumachen ist der erste Schritt in einer funktionierenden Demokratie.“

Henrike rät allen, die sich engagieren wollen, auf die persönliche Motivation zu vertrauen. „Es macht keinen Sinn, ein Ehrenamt nur des Ehrenamts wegen zu machen und sich nur irgendetwas auszusuchen“, weiß sie. „Man sollte sich fragen: Was ist mir persönlich wichtig? Da, wo die eigenen Interessen liegen, kann man am besten helfen.“

Julia Königs

© Fachhochschule Kiel