Grafik mit blauen Blätter, roten Kirschen und weißen Eicheln© Fer­di­nand Tön­nies Ge­sell­schaft

So­zio­lo­gie nach Fer­di­nand Tön­nies: So ak­tu­ell wie nie

von Julia Kö­nigs

Seine Be­grif­fe zur em­pi­ri­schen, prak­ti­schen oder spe­zi­el­len So­zio­lo­gie gel­ten noch heute als bahn­bre­chend, sein Buch „Ge­mein­schaft und Ge­sell­schaft“ wurde ein Best­sel­ler, sogar ein Wohn­heim für Stu­die­ren­de in Kiel ist nach ihm be­nannt: Der Hu­su­mer So­zio­lo­gie, Phi­lo­soph und Öko­nom und Kie­ler Stu­dent und Do­zent Fer­di­nand Tön­nies ist Weg­be­rei­ter der So­zio­lo­gie in Deutsch­land. 

Zu Leb­zei­ten zwi­schen 1855 bis 1936 lie­fer­te Tön­nies mit sei­nen Wer­ken die grund­le­gen­den Be­grif­fe zu der Wis­sen­schaft, mit der wir heute das so­zia­le Mit­ein­an­der der Men­schen ana­ly­sie­ren und er­klä­ren. Jetzt ehren Wis­sen­schaft­ler*innen und Tön­nies-An­hän­ger*innen den Nach­lass des Vor­den­kers mit einem zehn­ten in­ter­na­tio­na­len Sym­po­si­um. 

FH Kiel lädt ein: 10. Tön­nies-Sym­po­si­um 

Vom 5. bis 7. Sep­tem­ber 2019laden die Fach­hoch­schu­le Kiel, die CAU zu Kiel, die Fer­di­nand-Tön­nies-Ge­sell­schaft e.V., das Stu­die­ren­den­par­la­ment der CAU, die Rosa Lu­xem­burg Stif­tung, die Fi­nanz­grup­pe Spar­kas­sen­stif­tung Schles­wig-Hol­stein, die Brunswi­ker Stif­tung und die Ham­bur­ger Stif­tung zur För­de­rung von Wis­sen­schaft und Kul­tur zum X. Tön­nies-Sym­po­si­um in Kiel ein. 

Ge­fei­ert wird das Er­schei­nen des Haupt­werks von Fer­di­nand Tön­nies („Ge­mein­schaft und Ge­sell­schaft“, erst­mals 1887) als zwei­ter Band der Tön­nies-Ge­samt­aus­ga­be, die sich kri­tisch mit den Tex­ten des So­zio­lo­gen aus­ein­an­der­setzt. Diese Aus­ga­be er­scheint seit 1998 in 24 Bän­den im Auf­trag der Fer­di­nand-Tön­nies-Ge­sell­schaft e.V. (FTG). 

Auf alle Gäste war­ten ge­halt­vol­le Vor­trä­ge rund um die Fa­cet­ten der Tön­nies-For­schung zum Haupt­werk des Den­kers. In the­ma­ti­schen Pa­nels dis­ku­tie­ren in­ter­na­tio­nal re­nom­mier­te Red­ner*innen Tön­nies’ An­sät­ze vor dem Hin­ter­grund ak­tu­el­ler so­zia­ler Her­aus­for­de­run­gen und Kri­sen. Gleich­zei­tig re­flek­tie­ren die Red­ner*innen die Wis­sen­schafts­ge­schich­te des 19. und 20. Jahr­hun­derts, die das Haupt­werk be­ein­fluss­te. 

„Mit dem Tön­nies-Sym­po­si­um wün­schen wir uns gute und span­nen­de Vor­trä­ge sowie Dis­kus­sio­nen über das Le­bens­werk von Fer­di­nand Tön­nies“, so Se­bas­ti­an Klau­ke, Ge­schäfts­füh­rer der FTG, die seit der Grün­dung 1956 stu­die­ren­de und ar­bei­ten­de Ju­gend­li­che för­dert, ihre po­li­ti­sche Bil­dung un­ter­stützt und zum Werk des Na­mens­ge­bers forscht. Klau­ke er­hofft sich eine rege Teil­nah­me der in­ter­es­sier­ten Öf­fent­lich­keit: „Wir haben Re­fe­rent*innen ge­fun­den, die neue Im­pul­se für die Tön­nies-For­schung set­zen und be­stehen­des Wis­sen ver­tie­fen wer­den.“ Da­durch werde deut­lich, dass ins­be­son­de­re der Band „Ge­mein­schaft und Ge­sell­schaft“ noch heute, rund 130 Jahre spä­ter, re­le­vant ist, wenn über ak­tu­el­le ge­sell­schaft­li­che Ent­wick­lun­gen nach­ge­dacht und ge­spro­chen wird. Klau­ke: „Tön­nies ist ein Klas­si­ker, der uns heute noch etwas zu sagen hat!“

In­ter­na­tio­na­les Pro­gramm in drei Tagen

Am 5. Sep­tem­ber er­öff­nen ab 18 Uhr im Schles­wig-Hol­stein-Saal des Lan­des­hau­ses im Dü­stern­broo­ker Weg 70 Hauke Pe­ter­sen, stell­ver­tre­ten­der Lan­des­be­auf­trag­te für po­li­ti­sche Bil­dung in Schles­wig-Hol­stein, Dr. Ana Er­do­zain, Vi­ze­prä­si­den­tin der Fer­di­nand-Tön­nies-Ge­sell­schaft, und Prof. Dr. Wal­ter Reese-Schä­fer, In­sti­tut für Po­li­tik­wis­sen­schaft der Georg-Au­gust-Uni­ver­si­tät Göt­tin­gen, das Sym­po­si­um mit einem fest­li­chem Emp­fang.

Wäh­rend des zwei­ten Pro­gramm­tags kön­nen Teil­neh­mer*innen zwi­schen 9 und 18.15 Uhr im Au­di­max der CAU zu Kiel an Vor­trä­gen teil­neh­men. Die Zeit­fens­ter sind the­ma­tisch un­ter­glie­dert und be­fas­sen sich mit der So­zi­al­wis­sen­schaft in phi­lo­so­phisch-ge­schicht­li­cher Hin­sicht, der mo­der­nen Tön­nies-For­schung und dem Bezug zu ak­tu­el­len Me­di­en­de­bat­ten. Es spre­chen unter an­de­rem Prof. Dr. Kon­rad Ott (CAU Kiel, Lehr­stuhl Phi­lo­so­phie) über den Bezug zwi­schen Tön­nies und dem Thema Nach­hal­tig­keit, Prof. Dr. Cars­ten Herr­mann-Pil­lath (Uni­ver­si­tät Er­furt, Max-Weber-Kol­leg) über Tön­nies’ kri­ti­sche Theo­rie der Wirt­schaft sowie Dr. Zhang Weiz­huo (Uni­ver­si­ty of Flo­ri­da) zur In­ter­pre­ta­ti­on der mo­der­nen Dok­tri­nen der Ge­sell­schaft. 

An der Fach­hoch­schu­le Kiel fin­den am 6. Sep­tem­ber zwi­schen 14 und 19 Uhr am Fach­be­reich Me­di­en in Ge­bäu­de 12 eben­falls Vor­trä­ge im Rah­men des fünf­ten Pa­nels „Ge­mein­schaft, Vir­tua­li­tät, Öf­fent­li­che Mei­nung“ statt. Bei­spiels­wei­se dis­ku­tiert Prof. Dr. Cars­ten Schlü­ter-Knau­er (FH Kiel) über die Kri­tik der öf­fent­li­chen Mei­nung, wäh­rend Dr. Ales­san­dro Bar­be­ri (Uni­ver­si­tät Wien) die me­dia­len Kon­sti­tu­ti­ons­be­din­gun­gen von Ge­mein­schaft un­ter­sucht und Dr. Marc Grau-Grau (Har­vard Ken­ne­dy School, Cam­bridge/Mas­sa­chu­setts) über die work-fa­mi­ly-ba­lan­ce bei Tön­nies­re­fe­riert. 

Au­ßer­dem fin­det zwi­schen 17.30 und 18.30 eine Füh­rung durch den Brief-Nach­lass von Fer­di­nand Tön­nies in der Schles­wig-Hol­stei­ni­schen Lan­des­bi­blio­thek mit Dr. Maike Man­s­ke (Wall 47, 24103 Kiel) statt. In­ter­es­sier­te kön­nen sich ab 18.30 Uhr zu­rück im Au­di­max der CAU Kiel zur Mit­ar­beit an der Tön­nies-Ge­samt­aus­ga­be tref­fen. Ober­bür­ger­meis­ter Dr. Ulf Kämp­fer emp­fängt an­schlie­ßend Gäste des Sym­po­si­ums ab 20 Uhr, für die­sen Emp­fang wird um An­mel­dung ge­be­ten an ftg-kiel(at)t-on­line.de

Ab­ge­run­det wird das Sym­po­si­um am 7. Sep­tem­ber mit Bei­trä­gen rund um Tön­nies als Be­ein­flus­sen­der der po­li­ti­schen Land­schaft und als Wirt­schafts­be­ra­ter. Es tra­gen unter an­de­remDr. Arnd Zschie­sche („Tön­nies als So­zi­al­öko­nom und Mar­ken­ver­ste­her“) vom Büro für Mar­ken­ent­wick­lung Ham­burg und Dr. Doris Schweit­zer („Tön­nies und die Rechts­wis­sen­schaf­ten sei­ner Zeit“) aus dem Rechts­kol­leg der Uni­ver­si­tät Kon­stanz vor. Die drei­tä­ti­ge Ver­an­stal­tung endet gegen 17 Uhr mit einem Ab­schluss­vor­trag an der CAU von Prof. Dr. Alex­an­der Deich­sel, dem Prä­si­den­ten der FTG. 

Das voll­stän­di­ge Pro­gramm ist unter https://​www.​toennies-​symposium.​deein­zu­se­hen. 

Teil­nah­me kos­ten­los für alle In­ter­es­sier­ten

Zur Teil­nah­me herz­lich ein­ge­la­den sind Per­so­nen, die sich für So­zio­lo­gie, po­li­ti­sches Den­ken und ins­be­son­de­re Nach­den­ken über die Ge­sell­schaft in­ter­es­sie­ren, so Se­bas­ti­an Klau­ke. Es gibt kei­ner­lei Be­gren­zun­gen oder Vor­aus­set­zun­gen für eine Teil­nah­me. Wer Lust am wis­sen­schaft­li­chen Dis­kurs hat, werde schnell in die De­bat­ten fin­den. „Ins­be­son­de­re für Stu­die­ren­de er­gibt sich so die Mög­lich­keit in Kiel, in den wis­sen­schaft­li­chen All­tag, der auch aus Ta­gun­gen und Sym­po­si­en be­steht, un­mit­tel­bar vor Ort Ein­blick zu neh­men und sich ein­zu­brin­gen. Auch wird es mög­lich sein, auf der Ta­gung Re­fe­rent*innen an­zu­spre­chen, mit ihnen die an­ge­spro­che­nen The­men­fel­der zu ver­tie­fen. So kann man sich für eine ei­ge­ne Wei­ter­be­schäf­ti­gung in­spi­rie­ren las­sen."

Der Ein­tritt ist kos­ten­los. Das Sym­po­si­um fin­det zwei­spra­chig auf Deutsch und Eng­lisch statt. 

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