Für Sergo Guguchia aus Georgien sieht das Weihnachtsfest in diesem Jahr anders aus als sonst. Der Student aus Tiflis absolviert ein Auslandssemester am Fachbereich Wirtschaft der Fachhochschule Kiel. Auch die Feiertage wird er in der Schleswig-Holsteinischen Landeshauptstadt verbringen, etwa 3.500 Kilometer entfernt von seiner Heimat.
Unterschiede gibt es einige – der wohl größte ist das Datum, an dem die Feierlichkeiten anfangen. Als orthodoxe Christen beginnen die Weihnachtstage für Guguchia und seine Familie erst am 7. Januar. „Wir richten uns nach dem alten julianischen Kalender“, erklärt der Student. Anders als in Deutschland wird deshalb erst dreizehn Tage später festlich aufgetischt.
„An Heiligabend sind bei uns alle mit den Essensvorbereitungen beschäftigt“, erzählt er. Traditionell wird viel Fleisch gegessen. Der BWL-Student mag besonders das Putenfleisch, das in einer Wallnusssauce zubereitet wird. Neben herzhaften Gerichten beansprucht auch die Zubereitung mehrerer Kuchen und Torten die Zeit der Familie. Darin liegt ein weiterer Unterschied zu traditionellen deutschen Weihnachten. „Plätzchen habe ich erst im Kontext meiner Sprachreisen und Studienaufenthalte in Deutschland kennengelernt“, berichtet der Student. Selbst gebacken hat er sie auch schon. „Meine Favoriten sind Nussplätzchen“, sagt er lachend.
Nach dem abendlichen Essen geht es typischerweise in den Gottesdienst. In der Kirche wird dann bis morgens um vier Uhr gemeinsam gebetet, gelesen und gebeichtet. Für den Georgier ist das jedes Mal auch ein fester Termin, um alte Freund*innen wiederzusehen, denn der Kirchgang ist in seiner Heimat fester Bestandteil des Heiligabend-Rituals vieler Familien.
Bevor es an den weiteren Weihnachtsfeiertagen zur Verwandtschaft geht, treffen sich in Tiflis in jedem Jahr mehrere tausend Menschen vor der Hauptkirche, um von dort zum ‚Alilo‘ aufzubrechen. Das ist ein Umzug, auf dem warme Kleidung und Essen an Bedürftige verteilt werden.
In der Vorweihnachtszeit werden die Straßen der georgischen Hauptstadt hell erleuchtet. Dass es dann anders aussieht als in festlich beleuchteten deutschen Großstädten, liegt auch daran, dass Wahrzeichen aus dem Ausland nachgebildet werden. So sollte man sich bei einem Besuch nicht darüber wundern, wenn beispielsweise der Eiffelturm oder das Brandenburger Tor in Tiflis erstrahlt. Weihnachtsmärkte gibt es erst seit einigen Jahren in Guguchias Heimat. Vor 30 Jahren etwa hat die Regierung der Hauptstadt begonnen, die westeuropäische Tradition aufzugreifen. Nun trifft man sich in Tiflis auf einen oder zwei Glühwein im sogenannten ‚Weihnachtsdorf‘.
Seinen Glühwein genießt der Austauschstudent in Kiel am liebsten auf dem Rathausmarkt. Vor Weihnachten möchte er außerdem den Weihnachtsmarkt in Lübeck besuchen. Danach geht es für ihn nach Berlin, wo er die hiesigen Feiertage bei seiner Gastfamilie verbringt. Mit ihr hat er bereits während seiner Studienzeit in Berlin im Jahr 2020 gelebt. Das nächste Weihnachtsfest möchte er dann gerne wieder zuhause in Georgien verbringen. Mitbringen will er dann die Plätzchen-Tradition.