Zwei Frauen sitzen vor einer Infowand, an einem runden Tisch.© FH Kiel

Sinn­voll ge­nutz­te War­te­zeit – die Ein­schreib­wo­che an der FH Kiel

von Jana Tresp

Diens­tag, 28. Au­gust 2012, 10 Uhr. Seit zwei Stun­den läuft die Ein­schrei­bung des Fach­be­reichs Ma­schi­nen­we­sen an der Fach­hoch­schu­le (FH) Kiel. Die Mappe mit sei­nen Un­ter­la­gen läs­sig unter den Arm ge­klemmt, be­tritt Roman Laloi das rap­pel­vol­le Mehr­zweck­ge­bäu­de. Er zieht eine Num­mer: 523. Ge­ra­de dran ist Num­mer 377. Das kann dau­ern, denkt er sich und sieht sich um. Die zwei Jungs, die di­rekt neben ihm ste­hen, spricht er an. Wenn er schon war­ten muss, kann er auch gleich ein paar erste Kon­tak­te zu zu­künf­ti­gen Kom­mi­li­to­nen knüp­fen.

In der Ein­schreib­wo­che an der FH Kiel ist jeden Tag ein an­de­rer Fach­be­reich dran: Mon­tag So­zia­le Ar­beit und Ge­sund­heit, Diens­tag Ma­schi­nen­we­sen, Mitt­woch In­for­ma­tik und Elek­tro­tech­nik, Don­ners­tag Wirt­schaft und Frei­tag Me­di­en. Nor­ma­ler­wei­se ist das Büro von acht bis zwölf Uhr ge­öff­net. „Aber am Diens­tag war es sehr stres­sig. Der letz­te Be­wer­ber ist erst um 17.30 Uhr hier raus ge­gan­gen“, sagt Sa­bi­ne Cor­nils, Lei­te­rin der Ab­tei­lung für stu­den­ti­sche An­ge­le­gen­hei­ten. Die Ein­schreib­wo­che fin­det an der FH Kiel zwei­mal im Jahr statt, wobei die zum Som­mer­se­mes­ter we­sent­lich über­schau­ba­rer ist – viele Stu­di­en­gän­ge star­ten nur zum Win­ter­se­mes­ter.

Vor, wäh­rend und nach der Ein­schreib­wo­che zum Win­ter­se­mes­ter ist die Ab­tei­lung für stu­den­ti­sche An­ge­le­gen­hei­ten im Dau­er­ein­satz. Am An­fang steht das Aus­wahl­ver­fah­ren aus über 7.500 ge­prüf­ten Be­wer­bun­gen. Doch mit der Emp­fang­nah­me und Über­prü­fung der Un­ter­la­gen ist es nicht getan. „Wir müs­sen alles be­sor­gen, was an die zu­künf­ti­gen Stu­die­ren­den ver­teilt wer­den soll. Hin­weis­blät­ter, das Cam­pus­ma­ga­zin viel., vor­läu­fi­ge Stu­di­en­be­schei­ni­gun­gen, die von un­se­ren Hiwis Lara Jeß und Ve­re­na Heut­mann ge­stem­pelt wer­den“, zählt Sa­bi­ne Cor­nils auf. Alle ein­ge­hen­den Daten müs­sen in den Com­pu­ter ein­ge­ge­ben wer­den, damit die Chip­kar­ten ge­druckt wer­den kön­nen. „Au­ßer­dem or­ga­ni­sie­ren wir, dass eine Kran­ken­kas­se hier im Haus ist – wir wis­sen, dass man­che noch eine Be­schei­ni­gung brau­chen.“ Damit spricht Sa­bi­ne Cor­nils ein sen­si­bles Thema an. Mit den An­ek­do­ten über die Ver­gess­lich­keit und Schus­se­lig­keit der Be­wer­be­rin­nen und Be­wer­ber könn­te sie ganze Bü­cher fül­len. „Ein­mal kam ein Vater zur Ein­schrei­bung. Mit einer Voll­macht in der Hand woll­te er die Un­ter­schrift sei­nes Soh­nes leis­ten. Die­ser hatte aber lei­der schon im Vor­feld nicht am Ver­fah­ren teil­ge­nom­men, weil er be­reits sei­nen An­trag nicht un­ter­schrie­ben hatte. Er hatte ein­fach nicht sei­nen Sta­tus im In­ter­net über­prüft.“ Mit der Be­wer­ber­num­mer und dem ei­ge­nen Ge­burts­da­tum kön­nen sich die Be­wer­be­rin­nen und Be­wer­ber je­der­zeit auf der Home­page der FH Kiel ein­log­gen und nach­schau­en, ob beim ei­ge­nen An­trag noch etwas fehlt und ge­ge­be­nen­falls Un­ter­la­gen nach­rei­chen. Der Vater be­zeich­ne­te Sa­bi­ne Cor­nils da­mals als ‚hart­her­zig‘. Das war in ihrer ers­ten Ein­schreib­wo­che. „Da habe ich schon ge­schluckt. Es gab aber na­tür­lich auch wit­zi­ge und schö­ne Si­tua­tio­nen.“

Eine sol­che er­lebt auch Roman Laloi. Trotz der lan­gen War­te­zeit ist der Kie­ler guter Dinge. Dank der Check­lis­te, die zum Down­load auf der In­ter­net­sei­te be­reit steht, hat er alles Nö­ti­ge bei­sam­men. Er möch­te In­ter­na­tio­na­les Ver­triebs- und Ein­kaufs­in­ge­nieur­we­sen stu­die­ren. Beim Ein­rei­chen sämt­li­cher Be­le­ge hatte er sich auf den Post­weg ver­las­sen. Da er kei­nen In­ter­net­an­schluss zu Hause hat, fiel auch die Über­prü­fung sei­nes Sta­tus weg. „Doch wäh­rend ich fünf Stun­den ge­war­tet habe, ist ei­ni­ges pas­siert“, sagt Roman Laloi. Bei Phil­ipp ist auf ein­mal die Auf­re­gung groß. Er hatte die Check­lis­te nicht durch­ge­le­sen und seine Zeug­nis­se nicht dabei. „Wo sind sie denn?“, fragt Roman Laloi ihn. „In Damp“, ant­wor­tet sein ver­zwei­fel­ter Mit­strei­ter und fragt in die Runde: „Kann mich schnell einer dort­hin fah­ren?“ Da noch reich­lich Num­mern vor La­lois lie­gen, bie­tet er sich als Fah­rer an. Am Ost­ring will er noch ein­mal tan­ken. „Da tra­fen wir durch Zu­fall Phil­ipps Mut­ter – total ver­rückt“, er­zählt Laloi. Er­leich­tert schickt Phil­ipp sie nach Damp, wäh­rend er mit Roman Laloi zur Fach­hoch­schu­le zu­rück­kehrt.

Ganz an­ders und wider Er­war­ten deut­lich ru­hi­ger geht es am Don­ners­tag beim Fach­be­reich Wirt­schaft zu. Gegen elf kom­men nur noch ver­ein­zelt Men­schen ins Mehr­zweck­ge­bäu­de, um sich ein­zu­schrei­ben. Eine Num­mer zu zie­hen, ist fast über­flüs­sig. Kurze Zeit muss Ka­ri­na Ebertz den­noch Platz neh­men. Sie möch­te sich für den nicht­kon­se­ku­ti­ven Mas­ter in BWL ein­schrei­ben. „Mei­nen Ba­che­lor habe ich im Fach Pro­jekt­ma­nage­ment Bau an der FH Bie­le­feld ab­sol­viert.“ Seit einem Jahr lebt sie in Ham­burg und möch­te am liebs­ten zwi­schen­fah­ren. Durch die Check­lis­te ist auch sie sich ziem­lich si­cher, alles dabei zu haben. Dann wird sie auch schon auf­ge­ru­fen. Wider Er­war­ten dau­ert es etwas län­ger. „Ich hatte nicht die rich­ti­ge Be­schei­ni­gung von der Kran­ken­kas­se dabei. Das konn­te aber per Fax ge­re­gelt wer­den“, er­zählt Ka­ri­na Ebertz er­leich­tert.

Bei jeder Ein­schrei­bungs­wo­che mit dabei ist ‚Pelle‘, der wasch­ech­te Coton de Tuléar von Re­gi­ne Grun aus der Ab­tei­lung für stu­den­ti­sche An­ge­le­gen­hei­ten. An sei­nem Ge­schirr trägt der ver­schmus­te Hund sogar ein ei­ge­nes Schild: Herr Pelle, der klei­ne Amts­in­spek­tor. „Er sorgt ei­gent­lich immer für gute Stim­mung“, sagt Re­gi­ne Grun. „Auch wenn bei einer Be­wer­be­rin oder einem Be­wer­ber mal ein wenig die Ner­ven blank lie­gen, weil ir­gend­et­was fehlt.“
Auf diese ‚Hilfe‘ brauch­te Roman Laloi nicht zu­rück­zu­grei­fen. Als er end­lich um fünf­zehn Uhr auf­ge­ru­fen wurde, ging alles ganz schnell. Im Hand­um­dre­hen war er of­fi­zi­ell einer der 1.085 Erst­se­mes­te­rin­nen und Erst­se­mes­ter der FH Kiel, die sich am Ende der Woche ein­ge­schrie­ben hat­ten.

Text und Fotos: Jana Tresp

© Fach­hoch­schu­le Kiel