Neuer Name, neue Ziele
Der Senat der Fachhochschule Kiel hat am Donnerstag (23. März) auf einer Sondersitzung auf Initiative des Rektorats eigene Vorschläge der Hochschule für die Novellierung des schleswig-holsteinischen Hochschulgesetzes (HSG) einstimmig beschlossen.
Kernpunkte sind:
- Fachhochschule Kiel – eine Hochschule neuen Typs mit dem neuen Namen:
- "Universität für angewandte Wissenschaften Kiel"
- Promotionsrecht für die Fachhochschule Kiel – Exzellente Köpfe fördern
- Konsistorium, Senat – Gelebte Demokratie; Hochschulbeirat
- Hochschule und Qualitätssicherung – Bürokratie abbauen
- Geschlechtergerechtigkeit sicherstellen
- Eingliederung des Studienkollegs – Internationalität verstärken
Prof. Dr.-Ing. Constantin Kinias, Rektor der Hochschule: "Wer gut ist, aber stehen bleibt, der ist schlechter geworden. Diesem Motto gemäß hat die Hochschule nicht den Referentenentwurf des Wissenschaftsministeriums abgewartet, sondern im Sinne der Hochschulautonomie einen eigenen Text für das Hochschulgesetz vorgelegt, in den die Erfahrung aus der Hochschulpraxis ebenso Eingang fand wie das Bemühen um exzellente Ausbildung und Wissenstransfer. Nach unserer Überzeugung muss ein neues schleswig-holsteinisches Hochschulgesetz, so wie es auch das Gütersloher Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) im vergangenen Jahr in seinen „Kriterien für die Bewertung eines Hochschulgesetzes“ forderte, in allen seinen Regelungsbereichen reformorientiert und weiterführend sein.“
Insgesamt zielen die Vorschläge der Fachhochschule Kiel auf eine wesentliche Verschlankung des Hochschulgesetzes. Die Hochschulen sollen mit Zielvereinbarungen ihre Zukunft in Abstimmung mit dem Ministerium gestalten. Diese Autonomie ist ökonomisch sinnvoll und dient dem Bürokratieabbau.
Hochschule neuen Typs mit neuem Namen:
„Universität für angewandte Wissenschaften Kiel“ (§1, §116)
Die deutschen Hochschulen befinden sich in einer Umbruchphase. Zentrale Reformen wie die Einführung gestufter Studiengänge im Zuge des europaweiten Bologna-Prozesses mit den neuen Abschlüssen Bachelor und Master werden in den nächsten Jahren die bisherigen Unterschiede zwischen Universitäten und Fachhochschulen aufheben. Der Wissenschaftsrat prognostiziert in seinem im Januar in Berlin veröffentlichten Grundsatzpapier „Empfehlungen zur künftigen Rolle der Universitäten im Wissenschaftssystem“, als Folge dringend notwendiger größerer Gestaltungsspielräume bei den Universitäten sowie einer stärkeren Differenzierung zwischen den Fachbereichen der jeweiligen Universität wie auch zwischen den Universitäten „könnten in längerer Frist auch neue, innovative Hochschultypen jenseits der bestehenden Einteilung in Universitäten und Fachhochschulen entstehen“.
Somit wird auch insgesamt die bisherige Differenzierung zwischen Fachhochschulen und Universitäten, wie sie nach dem Prinzip ’Gleichwertig, aber andersartig’ seit Jahrzehnten bestand, zurückgehen.
Für die Fachhochschule Kiel bedeutet dies, die sich abzeichnende Entwicklung der beiden bisherigen deutschen Hochschultypen als Chance zu begreifen und einen neuen Weg im Verhältnis zu den anderen Hochschulen, zum Staat, aber auch in der internen Organisation und im Management einzuschlagen.
Die Fachhochschule Kiel bekennt sich zum Bolognaprozess und will zur modellhaften Bolognahochschule werden. Beispielhafte Merkmale sind: ein durchgängiges Konzept nach europäischem Standard (Bachelor-Master-Doktor-Abschlüsse), die Transformation von Ergebnissen der Forschung in praxisnahe Lösungen; eine enge Verzahnung mit Wirtschaft und Gesellschaft sowie die eigenverantwortliche Qualitätssicherung nach internationalen Standards.
Mit der neuen Namensgebung "Universität für angewandte Wissenschaften" trägt die heutige Fachhochschule Kiel diesem Veränderungsprozess Rechnung. Der neue Name ist die konsequente Rückübersetzung der bundesweit etablierten englischen Bezeichnung "University of Applied Sciences“ für die deutschen Fachhochschulen.
Promotionsrecht für die Fachhochschule Kiel – Exzellente Köpfe fördern (§87a, §116)
Im Zusammenhang mit dem bereits erwähnten Bologna-Prozess und den wegfallenden Grenzen zwischen Universität und Fachhochschule wird an Stelle der bisherigen Fachhochschulen ein neuer Hochschultyp entstehen, in dem die angewandte Forschung und Entwicklung zum Wohle von Wirtschaft und Gesellschaft erheblich zunimmt. Die dafür notwendige Erhöhung der Forschungskapazitäten ist allerdings nur in Verbindung mit dem Promotionsrecht auch an diesem Hochschultyp zu verwirklichen. Die Fachhochschule Kiel führt bereits ausgezeichnete Forschung und Entwicklung in mehreren Wissensbereichen auf höchstem wissenschaftlichem Niveau durch. Die Promotionsmöglichkeit zum Beispiel für die Projektmitarbeiterinnen und -mitarbeiter „im eigenen Hause“ ist daher „mehr als nur gerecht". Gleichzeitig soll den besten Studierenden der auf Exzellenz ausgerichteten Hochschule die Möglichkeit der Promotion geboten werden. Zur besseren Durchführung der Promotionsverfahren wird eine fachbereichsübergreifende Graduate School gebildet.
Konsistorium, Senat – Gelebte Demokratie (§ 36ff), Hochschulbeirat (§19a)
Bislang war das Konsistorium das höchste Gremium der Hochschule und der Senat das wichtigste Gremium im operativen Bereich.
Zur Verbesserung der Entscheidungsprozesse innerhalb der Hochschule werden die Aufgaben dieser beiden bedeutenden Hochschulgremien zukünftig in einem neuen und gestärkten Senat zusammengefasst. Um die Mitbestimmungsrechte der Studierenden sowie der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angemessen berücksichtigen zu können, wird – außer in Fragen von Studium und Lehre sowie Forschung und Entwicklung – eine Drittelparität nach dem Vorbild des Konsistoriums angestrebt. Die aktive Beteiligung der Studierenden wird von der Fachhochschule Kiel nicht nur als gelebte Demokratie betrachtet, sondern auch für die Lehrenden als optimale Möglichkeit der Reflexion der eigenen Leistung. In diesem Sinne sollen die Studierenden partnerschaftlich an den zentralen Entscheidungen beteiligt sein. Denn: Wer die Hochschule für die Gesellschaft transparent machen will, muss sich intern noch mehr als bisher den Studierenden öffnen.
Der Senat wählt das Rektorat, überwacht dessen Geschäftsführung und entscheidet über alle Angelegenheiten der Hochschule von grundsätzlicher Bedeutung.
Die Fachhochschule Kiel sieht in der von ihr praktizierten Zusammensetzung des Hochschulbeirats eine erstklassige Verbindung mit der Gesellschaft, mit Wirtschaft und Politik. Deswegen schlägt die Hochschule eine Abstimmung zwischen dem Senat der Hochschule und dem Beirat bei der Auswahl der zukünftigen Leitung der Hochschule vor.
Nach Ansicht der Hochschule soll die Stelle des Rektors oder der Rektorin der Hochschule zukünftig öffentlich ausgeschrieben werden.
Hochschule und Qualitätssicherung – Bürokratie abbauen (§6)
Hochschulen haben ein ureigenes Interesse an einem qualitativ hochwertigen Lehr- und Wissensangebot. Dabei sind zufällig hintereinander aufgereihte Managementsysteme, wie sie das bisherige HSG vorsieht, zwar beschäftigungsintensiv, aber wenig hilfreich.
Die Fachhochschule Kiel schlägt vor, zukünftig unter Qualitätssicherung in den Hochschulen ein System aus Akkreditierung und Evaluation zu verstehen: Neue BA/MA-Studiengänge sind zu akkreditieren, nach ihrem Start in regelmäßigen Abständen intern und extern zu evaluieren, und das Instrument Evaluation zur Qualitätssicherung ist weiter auszubauen. Dabei sollen sowohl die Akkreditierung als auch die externe Evaluation von unabhängigen Agenturen und Gutachtern durchgeführt werden. Da mit der Akkreditierung vor allem die Mindeststandards für Studiengänge überprüft werden sollen, regt die Fachhochschule Kiel an, ernsthaft darüber nachzudenken, ob es tatsächlich notwendig ist, diesen Vorgang mit drei- bis fünfjährigem Abstand ständig zu wiederholen. Gleichzeitig will die Fachhochschule Kiel ihre Erfahrung mit Qualitätsmanagementsystemen wie ISO 9002ff nutzen und übertriebenen Bürokratismus sowie unnötigen Papierverbrauch abbauen.
Geschlechtergerechtigkeit sicherstellen (§2)
Neben der Frauenförderung wird sich die Fachhochschule Kiel zukünftig vom Grundsatz der Geschlechtergerechtigkeit leiten lassen. Sie sieht Geschlechtergerechtigkeit als Qualitätskriterium und integralen Bestandteil ihrer Entwicklungsstrategie. Sie wird die Chancengleichheit und Gleichstellung der Geschlechter als Querschnittsaufgabe mit ihrem Qualitätsmanagement verknüpfen.
Eingliederung des Studienkollegs – Internationalität verstärken (§116a, neu)
Seit dem Jahr 1998 ist das Studienkolleg Schleswig-Holstein für ausländische Fachhochschulbewerber in einem Gebäude auf dem Campus der Fachhochschule Kiel untergebracht. Das Studienkolleg vermittelt vor allem den Studienbewerberinnen und -bewerbern ausländischer Herkunft die erforderlichen Voraussetzungen für ein erfolgreiches Hochschulstudium, einschließlich der hinreichenden Kenntnisse der deutschen Sprache. Dies gilt laut Staatsvertrag zwischen den Landesregierungen für die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein. Bislang ist das Studienkolleg eine „besondere Schule“ nach § 26 Abs. 2 Schleswig-holsteinisches Schulgesetz. Die Kollegiatinnen und Kollegiaten des Studienkollegs konnten aufgrund ihres Status als Schülerinnen und Schüler bislang an den akademischen und sozialen Angeboten der Fachhochschule Kiel nicht angemessen partizipieren.
Die Fachhochschule Kiel strebt zur Stärkung ihrer Internationalität an, das Studienkolleg an die Fachhochschule Kiel einzugliedern. Diesen Status genießen solche Studienkollegs in den Hochschulgesetzen fast aller deutschen Länder. Die Organisation des Studienkollegs und der rechtliche Status der Kollegiatinnen und Kollegiaten soll in § 116 a (neu) HSG geregelt werden.