Dr. Christiane Metzger leitet das Zentrum für Lernen und Lehrentwicklung an der FH Kiel. Im Gespräch mit der Campusredaktion erklärt sie, wie man das Studium online gut organisieren kann.
Frau Metzger, das ZLL bietet sowohl für Lehrende als auch für Studierende Kurse an. Wie legen Sie in der aktuellen Zeit einen Schwerpunkt auf Online-Lehre?
Bereits im vergangenen Semester haben wir viele Kurse online veranstaltet. Wir haben Online-Veranstaltungen und Online-Sprechstunden für Studierende und Lehrende durchgeführt, aber auch viele neue Materialien in unsere Moodle-Kurse eingestellt, um den Info-Pool zu vergrößern.
Leider hat uns die Kollegin verlassen, die für die Seminare für Studierende zum Thema wissenschaftliches Arbeiten zuständig war – diese Stelle war durch Projektmittel finanziert, wie viele Stellen im ZLL. Zu Fragen dazu können wir daher nur noch auf schriftliches Material verweisen. Alternativ kann man die Betreuer*innen der schriftlichen Arbeiten oder die Verantwortlichen fragen, die Module zum wissenschaftlichen Arbeiten durchführen.
Kurz vor Beginn der Vorlesungszeit lief die Fachtutorenausbildung. In dem Format bilden wir Studierende zu Tutor*innen aus. Das fand aufgrund der kleinen Gruppengröße in Präsenz statt. Dort sind wir ebenfalls auf Online-Methoden eingegangen. Außerdem stand die Planung der IDW an. Im Sommer hatten wir uns mit den Fachbereichen verständigt, dass abgefragt wird, ob Veranstaltungen auch online angeboten werden können, oder ob Präsenz sinnvoller ist. Nun steht das Programm, und es gibt ein Angebot von knapp 180 Veranstaltungen – zumeist als virtuelle Formate.
Sie bieten für Studierende Kurse zum Selbstmanagement an. Wie kann man sich den Ablauf dieser Kurse momentan vorstellen?
Diese Workshops finden derzeit meistens online statt und wurden dafür von meiner Kollegin Corinna Lütsch angepasst. Wenn es sich um ganztägige Veranstaltungen handelt, dann sind sie so konzipiert, dass die Online-Phasen durch Offline-Einzelarbeitsphasen unterbrochen werden. Die Teilnehmenden bekommen dann Aufgaben, sodass sie sich nicht acht Stunden am Stück in einer Videokonferenz aufhalten. Für eine gewisse Zeit erarbeiten sie dann eigene Themen. Das bietet dann Gelegenheiten dafür, z.B. bei individuellen Dingen wie einem Lernplan und den Zielen fürs Studium in Ruhe alleine darüber nachzudenken.
Wie konnten Sie die Herausforderungen der Corona-bedingten Veränderungen der Lehre in Ihre Kurse integrieren?
Eine der größten Herausforderung der Online-Lehre für Studierende ist die Selbstorganisation. Im Studium ist das generell eine große Aufgabe, zu gucken, wie man das Studium organisiert. Es gibt z.B. weniger Zwischenkontrollen als in der Schule. Man hat keine Hausaufgaben, wird nicht abgefragt, schreibt meistens keine Tests zwischendurch. Studieren ist viel eigenverantwortlicher. Das wird dadurch erschwert, dass in der Online-Lehre die informellen persönlichen Kontakte zu Kommiliton*innen verringert werden. Lerngruppen fallen aus, man kann nach der Vorlesung der/dem Dozierenden nicht noch eine schnelle Frage beim Rausgehen stellen. Online kann man zwar auch nachfragen und sich treffen, aber der „schnell zwischendurch“-Charakter entfällt. Es ist ein höherer Organisations- und Abstimmungsaufwand. Darauf geht meine Kollegin auch ein.
Für Lehrende haben wir hochschuldidaktische Weiterbildungsangebote. Dort wurden im Prinzip die Themen beibehalten, die im Programm vorgesehen waren, weil sie in jeder Art von Lehre relevant sind. Dennoch wurden die Workshopleiter*innen gebeten, auf Besonderheiten der Online-Lehre einzugehen. Im Wintersemester haben wir nun ergänzend kurzfristig auch neue Kurzformate zum Thema „Online-Lehre“ aufgenommen, z.B. Webinare zu E-Moderation, zum Podcasting, zur Erstellung von interaktiven Lernvideos und dazu, wie man virtuell eine gute Lernatmosphäre herstellen kann.
Die Kurse zum Thema Selbstmanagement sind für dieses Semester bereits ausgebucht, Sie verweisen u.a. auf Sprechstunden. Was kann man sich unter einer Sprechstunde vorstellen?
Dort können Studierende ihre Probleme schildern, oder Fragen stellen, mit denen sie konfrontiert sind. Sie werden individuell beraten und bekommen Strategien an die Hand, mit denen sie dann hoffentlich gut weiterlernen können.
Bietet das ZLL an sich in diesem Jahr wieder IDW-Kurse an?
Ja, für Studierende gibt es in den IDW auch Angebote zum Selbstmanagement. Und auch für Lehrende bieten wir dann hochschuldidaktische Weiterbildungsveranstaltungen an und sind auch in einzelnen Fachbereichen für Weiterbildungswebinare engagiert. Da während der IDW der „normale“ Stundenplan ausgesetzt ist, haben viele Lehrende dann zwischendurch etwas Zeit, solche Angebote wahrzunehmen. Außerdem gibt es am 1. Dezember den diesjährigen Tag der Lehre.
Wie würden Sie grob die Aufgabe des ZLL für den Campus und die Hochschule beschreiben?
Wir haben fast alle Mitglieder der Hochschule als Zielgruppe. Für Studierende sind wir – neben den Kursusangeboten zum Selbstmanagement und der Tutorenausbildung – vor allem in Sachen Koordination zuständig, besonders die Koordination der interdisziplinären Angebote, die fachbereichsübergreifend angeboten werden.
Für Lehrende haben wir zwei große Bereiche: einerseits die hochschuldidaktische Weiterbildung, in der z.B. Lehrmethoden und -konzepte erlernt werden können, um die eigene Lehre, Prüfungen und Beratungsangebote weiterzuentwickeln; außerdem gibt es individuelle Beratungs- und Coachingangebote für Lehrende; und andererseits die Studiengangs- und Modulentwicklung, bei der strukturelle Einheiten wie Studiengänge und Studienabschnitte bearbeitet werden. Ziel der ZLL-Aktivitäten für Lehrende ist es, Impulse aus der Lehr-Lernforschung in die Hochschullehre einzubringen, durch verschiedene Formate Foren für einen hochschulweiten Austausch über Lehre zu schaffen und Prozesse zu moderieren, denn gerade, wenn es mehrere Beteiligte gibt, existieren viele Interessenslagen, die sich mitunter widersprechen und da kann es sehr hilfreich sein, eine neutrale Moderationsinstanz dabei zu haben.
Was raten Sie Studierenden, die nun Interesse an Ihren Kursen haben, aber leider an den Kursen zum Beginn der Vorlesungszeit nicht mehr teilnehmen konnten, weil sie ausgebucht waren?
Hier möchte ich auf entsprechende Kurse in den IDW hinweisen. Ansonsten haben wir vom ZLL noch einen Moodle-Kursus, in dem wir Informationen bereitstellen. Er heißt „Lerntipps für Studierende“. Die Herausforderung dabei ist, dass wir damit potentiell Studierende aller Studiengänge ansprechen. Gerade im wissenschaftlichen Schreiben gelten allerdings fachspezifische Regeln, weswegen wir im Zweifelsfall auf Fachbereichsangebote und -infomaterialien verweisen. Die Nachfrage nach einem Ausbau unserer Angebote besteht auf jeden Fall, und wir versuchen uns natürlich bestmöglich an die aktuellen Zeiten anzupassen; die Ressourcen dafür sind aber leider beschränkt und vor allem nicht langfristig für alle Angebote gesichert.
Unterscheidet sich denn die Anfrage zu den Vorjahren?
Gerade die Nachfrage nach den Kursen zum Selbstmanagement unterscheidet sich stark, sie ist deutlich gestiegen. Diese Kurse waren immer schon gut ausgebucht, aber mittlerweile müssen wir wirklich viele Menschen auf Wartelisten setzen. Das finden wir sehr schade, denn wir wissen, dass die Leute sich nicht einfach nur so bei uns anmelden möchten, sondern weil sie tatsächlich ein Anliegen haben. Die ungewohnte Situation des Online-Studiums trägt dazu sicher bei. Außerdem sprechen wir mit den Online-Kursen eine andere Zielgruppe an, weil man nicht mehr extra vor Ort sein muss, um teilzunehmen. Das vergrößert wahrscheinlich die Gruppe der Interessierten. Deswegen überlegen wir, für welche Angebote wir einen gemischten Präsenz- und Online-Modus vielleicht beibehalten, auch wenn die Hochschullehre wieder in Präsenz übergeht.
Haben Sie einen abschließenden Tipp für alle Studierenden für dieses Semester?
Wirklich wichtig ist, mit Kommilton*innen in Kontakt zu bleiben. Das zufällige Treffen auf dem Campus entfällt ja leider. Denjenigen, die schon länger studieren, wird es leichter fallen, sich mit anderen zusammenzutun. Sie wissen, mit wem sie gut können und mit wem Lerngruppen gut funktionieren. Für Erstsemesterstudierende ist das natürlich sehr schwierig. Deswegen versuchen die Fachbereiche, für sie Möglichkeiten zur Vernetzung zu schaffen. Gegenseitig kann man sich besser motivieren. Außerdem lohnt es sich, Lernpläne zu machen. Dann sieht man, was die Aufgaben im Semester sind und wie sie zeitlich verteilt wurden. So kann man sich Puffer organisieren, um nicht in letzter Minute unter hohem Druck alles zu leisten, denn das kann sehr belastend sein.
Und für die Lehrenden?
Da kann ich auf die Kurz-Workshops verweisen, die wir neu ins Programm genommen haben. Und auf die Moodle-Kurse; z.B. gibt es einen Kursus zu Methoden in der Online-Lehre und einen zu den verschiedenen Funktionen von Moodle. Außerdem gibt es natürlich auch für Lehrende immer das Angebot der individuellen Beratung. Wir versuchen immer, kurzfristig zu reagieren, wenn Themen auf uns zukommen. Sich mit akuten Interessen und Anliegen bei uns zu melden, ist nützlich, denn dann können wir versuchen, entsprechende Veranstaltungen zu organisieren und Beratung und Unterstützung anzubieten.