Zwei Frauen halten ein großes Mikrofon, an einer Stange fest.© FH Kiel

Schü­le­rin­nen dre­hen an der FH Kiel Spots gegen Ras­sis­mus

von Jana Tresp

Vom 14. bis 16. Mai 2012 nah­men acht Schü­le­rin­nen an einem Vi­deo­work­shop an der Fach­hoch­schu­le (FH) Kiel teil. David Wi­scher­hoff, Stu­dent des Stu­di­en­gangs Mul­ti­me­dia Pro­duc­tion lei­te­te das Pro­jekt, das Teil sei­ner Mas­ter­ar­beit ist. Wäh­rend des drei­tä­gi­gen Work­shops er­lern­ten die Schü­le­rin­nen des 10. Jahr­gangs der Toni-Jen­sen-Ge­mein­schafts­schu­le die Grund­la­gen der pro­fes­sio­nel­len Film­pro­duk­ti­on und setz­ten diese di­rekt um. Das Re­sul­tat: Zwei Vi­deo­spots, in denen The­men wie Ras­sis­mus im All­tag, Dis­kri­mi­nie­rung und In­to­le­ranz dem Fair­ness­ge­dan­ken im Sport ge­gen­über­ge­stellt wer­den. Den sport­li­chen Part dabei über­nah­men die bei­den THW-Ju­gend­spie­ler Felix Scha­wal­la und Leon Sasse.

Wer Regie führt hat das Sagen

Jen­ni­fer Gröb ist im Stress. Mit ein paar losen Zet­teln, dem Sto­ry­board, in der Hand steht sie auf einer Ver­kehrs­in­sel an der FH Kiel vor ihren Mit­schü­le­rin­nen. Die 15-Jäh­ri­ge soll in der nächs­ten Szene Regie füh­ren, aber noch ist keine auf ihrem Pos­ten. „Woll­test Du die­ses Mal nicht Ton ma­chen?“, fragt Jen­ni­fer eine ihrer Mit­schü­le­rin­nen. „Nein, ich würde gerne fil­men“, ant­wor­tet Lea Behn­ke. „Und Ihr, Nele, Jule, Na­tha­lie?“ Keine Chan­ce – alle reden durch­ein­an­der. Jen­ni­fer wird en­er­gisch: „Wer macht hier ei­gent­lich was?“ Zeit für David Wi­scher­hoff ein­zu­grei­fen: „Du führst Regie. Du ent­schei­dest, wer wel­chen Job über­nimmt.“ Das hilft Jen­ni­fer wei­ter, zügig teilt sie die Auf­ga­ben für den nächs­ten Take zu. Und plötz­lich läuft‘s. Jede hat ihre Rolle ge­fun­den, ist mit Spaß und Kon­zen­tra­ti­on bei der Sache.

David Wi­scher­hoff steht am Rand des Sets und be­ob­ach­tet. Wäh­rend der Dreh­ar­bei­ten hält er sich meis­tens im Hin­ter­grund, hilft aber immer, wenn Fra­gen oder Pro­ble­me auf­tau­chen.

Der Vi­deo­work­shop ist Teil sei­ner Mas­ter­ar­beit, in der der 28-Jäh­ri­ge ein Bei­spiel für eine An­ti­ras­sis­mus-Kam­pa­gne ent­wi­ckelt. Dabei rückt er die Dis­kre­panz zwi­schen dem Fair­ness­ge­dan­ken im Sport und der Dis­kri­mi­nie­rung und In­to­le­ranz im All­tag in den Fokus. „So­wohl im Hob­by­sport als auch im pro­fes­sio­nel­len Be­reich gibt es eine be­son­de­re zwi­schen­mensch­li­che Ver­stän­di­gung. Die Sport­le­rin­nen und Sport­ler ach­ten sich ge­gen­sei­tig. Sie re­spek­tie­ren sich, egal wel­che Haut­far­be sie haben oder woher sie kom­men. Ich finde, diese po­si­ti­ven As­pek­te aus dem Sport soll­te man sich vor Augen füh­ren und auf den All­tag be­zie­hen“, er­klärt Wi­scher­hoff sei­nen An­satz.

Flie­gen­de Kaf­fee­be­cher, stür­zen­de Mäd­chen und der THW

Am ers­ten Tag des Work­shops hat­ten die Schü­le­rin­nen die Ideen für die bei­den Spots ent­wi­ckelt. Ein Film spielt an einem Kaf­fee­au­to­ma­ten, an dem sich eine Schlan­ge ge­nerv­ter Men­schen ge­bil­det hat. Es ent­steht Ge­drän­ge, durch das sich ein Mäd­chen mit einem vol­len Kaf­fee­be­cher den Weg bah­nen muss. Sie wird ge­schubst, der Kaf­fee­be­cher fliegt ihr aus der Hand. Die an­de­ren aus der Au­to­ma­ten­schlan­ge in­ter­es­siert das aber nicht. Sie igno­rie­ren das Mäd­chen. Am Ende kommt Leon Sasse ins Spiel. Der THW-Jung­spie­ler über­reicht dem Mäd­chen einen neuen Kaf­fee und sagt an die Zu­schaue­rin­nen und Zu­schau­er ge­rich­tet, dass so ein Ver­hal­ten im Sport ein „Foul“ ge­we­sen wäre.

Im zwei­ten Spot stürzt ein Mäd­chen beim Über­que­ren einer Stra­ße, nie­mand re­agiert. Hier löst der THW-Jung­spie­ler Felix Scha­wal­la die Szene mit dem Slo­gan ‚Fair­ness ist nur einen Wurf ent­fernt‘ auf und hilft der 16-Jäh­ri­gen wie­der auf die Beine. Die Bot­schaft der Filme ist klar: „Die Spots sol­len zei­gen, dass Fair­ness, wie sie im Sport meist herrscht, im All­tag nicht exis­tiert“, er­klärt Lea Behn­ke. „Auch mit Klei­nig­kei­ten kann man an­de­ren hel­fen“, fügt Nele Geest hinzu.

Lie­ber hin­ter als vor der Ka­me­ra

Die Schü­le­rin­nen sam­meln wäh­rend des Work­shops an der FH Kiel viele neue Er­fah­run­gen. Sie ar­bei­ten zum ers­ten Mal mit einer pro­fes­sio­nel­len Ka­me­ra­aus­rüs­tung, kon­zi­pie­ren und pro­du­zie­ren na­he­zu ei­gen­stän­dig Vi­deo­spots und be­schäf­ti­gen sich in­ten­siv mit einem ge­sell­schaft­lich wich­ti­gen Thema. Sogar das Schau­spie­lern über­neh­men sie selbst. „Be­ruf­lich vor der Ka­me­ra zu ste­hen, kann ich mir über­haupt nicht vor­stel­len“, be­tont Nele Geest. Dabei stürzt sie sehr über­zeu­gend auf die Stra­ße. Be­son­ders gut habe ihr aber das Fil­men mit ‚rich­ti­gen‘ Ka­me­ras ge­fal­len. Für ein Kunst­pro­jekt an der Schu­le hät­ten sie bis­her nur mit ihren Han­dys Vi­de­os ge­dreht.

Am Ende des Dreh­ta­ges sind vier Stun­den Film­ma­te­ri­al zu­sam­men­ge­kom­men, aus denen zwei 30-se­kün­di­ge Spots ent­ste­hen. „Das Schnei­den bringt Spaß, weil wir da di­rekt mit­be­kom­men, was für einen tol­len Film wir ge­macht haben“, fin­det Lea Behn­ke. In der Tat: Das Er­geb­nis kann sich sehen las­sen. „Ich bin über­rascht, dass das alles so gut funk­tio­niert hat“, sagt David Wi­scher­hoff. Die Schü­le­rin­nen seien hoch­mo­ti­viert bei der Sache ge­we­sen.

Grund­stein für zu­künf­ti­ge Pro­jek­te

Von Wi­scher­hoffs Mas­ter­ar­beit könn­ten seine Kom­mi­li­to­nin­nen und Kom­mi­li­to­nen noch pro­fi­tie­ren. „Ich lie­fe­re mit dem Vi­deo­work­shop einen An­knüp­fungs­punkt für zu­künf­ti­ge Ar­bei­ten. Stu­die­ren­de aus dem Fach­be­reich Me­di­en könn­ten mög­li­cher­wei­se schon in die­sem Win­ter­se­mes­ter ein grö­ße­res Pro­jekt für 2013 um­set­zen“, sagt der Stu­dent. Jedes Jahr plant und rea­li­siert der „Ar­beits­kreis An­ti­ras­sis­mus“ Kam­pa­gnen für die in­ter­na­tio­na­le Ak­ti­ons­wo­che gegen Ras­sis­mus, die jähr­lich im März statt­fin­det. 2011 ent­wi­ckel­ten Ba­che­lor­stu­die­ren­de des ers­ten Se­mes­ters ge­mein­sam mit dem Kunst­leis­tungs­kurs der Toni-Jen­sen-Ge­mein­schafts­schu­le eine Pla­kat­aus­stel­lung, die sie im März 2012 im Hols­ten­törn prä­sen­tier­ten. Für die Ak­ti­ons­wo­che 2013 ist eine Zu­sam­men­ar­beit mit dem THW Kiel an­ge­dacht. Des­we­gen auch die Be­tei­li­gung der bei­den Jung­spie­ler an Wi­scher­hoffs Vi­deo­work­shop. David Wi­scher­hoff ar­bei­tet dann viel­leicht schon in sei­nem Traum­job – Ab­ga­be­ter­min sei­ner Mas­ter­ar­beit ist der 20. Juni 2012.

Text: Jana Tresp

© Fach­hoch­schu­le Kiel