Freedom an der Hörn© Crew Free­dom

Schif­fe er­fahr­bar ma­chen: Zwei Stu­den­ten und die Vi­si­on vom Kul­tur­schiff „Free­dom“

von Lena Kuhn

Die bei­den Stu­den­ten Marc Fah­ren­krog und Luca Wrage be­tei­li­gen sich am Aus­bau des Tra­di­ti­ons­gro­ß­seg­lers „Free­dom“, der an der Kie­ler Hörn liegt. Die Vi­si­on: Ein Schiff für alle!

Marc, Luca, ihr seid dabei, das Schiff „Free­dom“ aus­zu­bau­en. Was ist der Plan?

Marc: Wir möch­ten die „Free­dom“ zu einem Kul­tur­schiff aus­bau­en. Die Idee stammt von Jens, einem sehr guten Freund von mir. Wir beide hat­ten schon immer eine Be­geis­te­rung für Schif­fe. Jens hat immer ge­sagt, dass er ein Schiff haben möch­te. Au­ßer­dem fan­den wir es blöd, dass wir in Kiel, einer Stadt am Meer woh­nen, und hier gibt es viele Schif­fe, aber man kann auf kei­nes ein­fach so rauf­ge­hen. Der Zu­gang zu Schif­fen ist immer mo­ne­tä­rer Natur und ver­bun­den mit so­zia­lem Sta­tus – ent­we­der man hat ein ei­ge­nes Schiff oder man zahlt viel Geld für Se­gel­törns. Es ist nicht ohne wei­te­res mög­lich, ein­fach mal das Ge­fühl zu er­le­ben, wie es ist, auf einem Schiff zu sein. Ein­fach mal auf eines rauf­ge­hen, sich um­gu­cken. Das zu än­dern, haben wir uns zur Auf­ga­be ge­macht. Mit der Hilfe von vie­len Men­schen, die das Pro­jekt cool fin­den. Auf der „Free­dom“ sol­len Kon­zer­te, Le­sun­gen und Work­shops statt­fin­den. Wir möch­ten eine Platt­form bie­ten. Für Ver­ei­ne, für Ein­zel­per­so­nen. Fi­nan­zie­ren wol­len wir die­ses Pro­jekt mit einem vegan-ve­ge­ta­ri­schen Im­biss. Dafür haben wir das Schiff im ver­gan­ge­nen Som­mer in einer Werft in Polen aus­ge­baut. Ei­gent­lich war es ein ech­ter Schrott­hau­fen. Mit un­se­ren Hel­fer*innen haben wir das Schiff wie­der auf­ge­baut.

Luca: Die Hel­fer*innen un­ter­stüt­zen uns frei­wil­lig. Aber sie ar­bei­ten trotz­dem nicht um­sonst bei uns. Wir be­zah­len sie in See­ta­gen. Das be­deu­tet, dass die Hel­fer*innen, je nach­dem, wie viel sie uns aus­ge­hol­fen haben, mit einem ent­spre­chen­den Se­gel­trip be­lohnt wer­den. So wol­len wir eine Ge­mein­schaft schaf­fen, in der man sich ge­gen­sei­tig hilft. So ist das Pro­jekt her­an­ge­wach­sen. Am An­fang waren wir nur ganz we­ni­ge Leute, aber je mehr be­geis­ter­te Men­schen dazu kamen, desto grö­ßer wurde das Pro­jekt.

Marc hatte die Idee dazu mit sei­nem Kum­pel Jens. Wie kamst du ins Boot, Luca?

Luca: Marc hat mich ge­fragt. Wir ken­nen uns vom ge­mein­sa­men Stu­di­um der So­zia­len Ar­beit und sind seit dem ers­ten Se­mes­ter be­freun­det. Im Früh­jahr 2020 kam er dann mit die­ser ver­rück­ten Idee an. Ich war an­fangs ein biss­chen zu­rück­hal­tend, aber schnell be­geis­tert von dem Vor­ha­ben. Mitt­ler­wei­le bin ich kom­plett davon über­zeugt und be­reue nicht, da­mals ja ge­sagt zu haben. Ich habe vor­her Mul­ti­me­dia Pro­duc­tion stu­diert. Des­we­gen hat Marc ge­fragt, ob ich nicht bei dem So­ci­al-Media-Auf­tritt der „Free­dom“ mit­hel­fen möch­te. Ich war dann auch auf der Werft in Polen dabei. Be­son­ders ist für mich, dass man immer bei allem mit­ent­schei­den kann. Das hat mich be­geis­tert. Dass man nicht in einem Ar­beit­neh­mer­ver­hält­nis ge­fan­gen ist, son­dern dass man sich en­ga­gie­ren, seine Mei­nung und Ta­len­te ein­brin­gen kann. Das macht Spaß und mo­ti­viert, weil man nicht für ir­gend­wen ir­gend­was macht, son­dern auch sei­nen ei­ge­nen Kopf durch­set­zen, dis­ku­tie­ren und das Beste draus ma­chen kann.

Marc: Wir sind ei­gent­lich ein Kol­lek­tiv, aber weil wir wirt­schaf­ten müs­sen, brauch­ten wir eine Rechts­form, die das er­mög­licht. Des­we­gen sind wir eine Ge­nos­sen­schaft. Wir haben kei­nen Chef. Jede*r, die*der in­ves­tiert, hat un­ab­hän­gig von der Höhe der In­ves­ti­ti­on nur eine Stim­me. Mo­men­tan bin ich zwar Vor­sit­zen­der der Ge­nos­sen­schaft, falls etwas sein soll­te, bin ich der Ver­ant­wort­li­che. Aber ich habe nicht mehr zu sagen als an­de­re. Der Ge­dan­ke ist: Den Men­schen, die in einem Be­trieb ar­bei­ten, denen soll der Be­trieb auch ge­hö­ren. Wer nur in­ves­tiert, aber nicht mit­ar­bei­tet, ist als Nicht-Ak­ti­ve*r dabei. Wir möch­ten zei­gen, dass man auch ge­mein­schaft­lich wirt­schaf­ten kann.

Luca: Des­we­gen ist es uns auch so wich­tig, nach außen zu kom­mu­ni­zie­ren, was wir ma­chen. Durch den Lock­down pas­siert auch auf der Free­dom nicht viel. Aber wir haben den Auf­bau mit Be­rich­ten aus­führ­lich be­glei­tet. So haben wir uns eine ge­wis­se Com­mu­ni­ty auf­ge­baut. Es ist schön, dass so viele Leute von außen Be­stä­ti­gung zu dem Pro­jekt be­kun­den. Es freut uns, wenn wir Kom­men­ta­re oder Nach­rich­ten be­kom­men, in denen Men­schen fra­gen, wie sie uns un­ter­stüt­zen kön­nen. Das gibt uns noch mal An­trieb, weil wir das ja für die All­ge­mein­heit ma­chen. Die Be­geis­te­rung an­de­rer ent­facht un­se­re neu.

Ab wann soll die „Free­dom“denn offen sein in ihrer Funk­ti­on als Kul­tur­schiff?

Marc: Wir haben den April an­ge­peilt. Ei­gent­lich woll­ten wir schon im letz­ten Jahr in Kiel ein­lau­fen und dann öff­nen, aber das hat auf­grund ver­schie­de­ner Ver­zö­ge­run­gen nicht ge­klappt. Bis dahin haben wir vor auf jeden Fall mit dem Au­ßen­be­reich fer­tig zu wer­den. Dort soll ein Tre­sen er­rich­tet wer­den, der auf dem Steu­er­stand ent­ste­hen soll. Da­nach geht es wei­ter mit dem In­nen­aus­bau. Aus der Messe, dem grö­ß­ten Raum des Schif­fes, wol­len wir einen Saal ma­chen.

Luca: Dem­nächst ma­chen wir Live­streams von der „Free­dom“, wo Mu­si­ker*innen auf­tre­ten kön­nen. An Bord des Schif­fes kann man dann auf In­sta­gram, Face­book und You­Tube strea­men und so live auf­tre­ten. Wenn das hier also ge­ra­de in­ter­es­sier­te Mu­si­ker*innen lesen: Ihr könnt euch gerne bei uns mel­den, wenn ihr auch auf der „Free­dom“ auf­tre­ten wollt. Das lässt sich mit Spen­den­links auf eure Pa­y­pal-Kon­ten kop­peln, dann kön­nen Zu­schau­er*innen an euch spen­den, wenn sie eure Musik fei­ern. Dar­auf haben wir rich­tig Lust. Das Equip­ment ist auch grö­ß­ten­teils schon vor­han­den auf der „Free­dom“. Wir möch­ten auch jetzt eine Platt­form für Auf­trit­te und Kul­tur­ver­an­stal­tun­gen bie­ten, und da eig­net sich das Strea­men echt per­fekt. So kann man auch schon ein biss­chen die Stim­mung vom Schiff ver­mit­teln.

Wie ist denn eure Segel-Er­fah­rung bis­her?

Luca: Ich bin da kom­plet­ter Ama­teur, was das Se­geln an­geht. Ich hatte gar keine Vor­er­fah­rung, als ich das Pro­jekt be­gon­nen habe. Mein Fokus lag eher dar­auf, Men­schen den Zu­gang zu Schif­fen zu er­mög­li­chen, die Kul­tur­land­schaft zu er­wei­tern. Se­gel­trips waren eher ein Ne­ben­ge­dan­ke. Es gibt in un­se­rer Ge­nos­sen­schaft ei­ni­ge Leute, die sehr am­bi­tio­niert sind und Se­gel­schei­ne ma­chen wol­len. Ich bin da noch nicht ganz ent­schlos­sen. Ich kann es mir gut vor­stel­len, mal ein paar Stun­den zu Se­geln. Aber ein pas­sio­nier­ter Seg­ler bin ich nicht.

Marc: Rieke, der ehe­ma­li­ge Eig­ner der „Free­dom“, hat mei­nen Kum­pel Jens und mich öfter mal auf Se­gel­trips auf der Sig­an­dor, einem wun­der­schö­nen 110 Jah­ren alten Schiff, das eine ähn­li­che Bau­wei­se wie die „Free­dom“ hat, ein­ge­la­den. Er hat mich auch zu Se­gel­törns des Pro­jek­tes „Klima Sail“ mit­ge­nom­men. Da sind wir mit Schul­klas­sen ge­se­gelt. Da­durch haben Jens und ich di­ver­se Se­gel­erfah­run­gen ge­macht. Ich kenne mich mitt­ler­wei­le recht gut mit der The­ma­tik aus und habe de­fi­ni­tiv Blut ge­leckt, was das Se­geln an­geht. Ei­ni­ge un­se­rer Crew­mit­glie­der haben vor, ihren „Füh­rer­schein“ zu ma­chen, um die Be­rech­ti­gung zu er­lan­gen die Free­dom zu fah­ren. Wie man so einen gro­ßen Gaf­fel­scho­ner tat­säch­lich se­gelt, wird uns dann Rieke bei­brin­gen, der uns mit sei­ner Er­fah­rung als Ka­pi­tän zur Seite steht.

Wie habt ihr denn den Kauf der „Free­dom“fi­nan­ziert?

Luca: Der­zeit ist die „Free­dom“ von uns ge­pach­tet. Ende des Jah­res wol­len wir unser Vor­kaufs­recht nut­zen und das Schiff mit dem Geld aus un­se­rem Be­trieb kau­fen. Bis dahin ist es zwar noch ein wei­ter Weg, aber wir sind guter Dinge, dass wir das Geld zu­sam­men­be­kom­men.

Wie kön­nen In­ter­es­sier­te sich an der „Free­dom“be­tei­li­gen?

Marc: Wir sind bei Face­book, In­sta­gram und Te­le­gram. Ge­ne­rell sind wir immer auf der Suche nach Leu­ten, die Bock haben, was zu ma­chen. Und wir be­zah­len in Se­gel­ta­gen. Alle, die bei uns mit­ma­chen, wer­den also ent­lohnt. Wir freu­en uns über Hilfe auf allen Ebe­nen, wir sind ein bunt ge­misch­tes Team. Die „Free­dom“ ist ein Mit­mach­pro­jekt, wir wol­len das ge­mein­sam schaf­fen.

Luca: Per Mail kann man sich bei uns auch mel­den. Auf un­se­rer Web­site Free­dom-Kiel.de kann man noch mehr über das Pro­jekt er­fah­ren und fin­det eine wei­te­re Kon­takt­mög­lich­keit.

Marc: Über Spen­den freu­en wir uns auch. Auf der Web­site be­fin­det sich auch ein Spen­den­kon­to. Co­ro­na hat uns sehr ge­beu­telt. Wir wol­len gern, dass es wei­ter­geht. Aber es ist manch­mal schwie­rig. Es wird ir­gend­wie wei­ter­ge­hen, und wir haben auch schon viel ge­schafft, das wer­den wir jetzt auch noch schaf­fen. Wir freu­en uns über jede Art von Un­ter­stüt­zung. Den An­fang haben wir mit einer Crowd­fun­ding-Kam­pa­gne letz­tes Jahr ge­macht. Da haben wir 28 „Dan­ke­schön“-Ideen aus dem Boden ge­stampft. Unter an­de­rem gab es da unser ei­ge­nes Bier als Dank für Un­ter­stüt­zung. So­bald es wie­der mög­lich ist, kann man das auch an Bord kau­fen.

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