Gastbeitrag von Prof. Dr. Doris Weßels
Inzwischen kennen nicht nur die norddeutschen Fachleute im Projekt- und Prozessmanagement den Termin. In den vergangenen sieben Jahren hat sich der letzte Freitag vor Weihnachten im Audimax der Fachhochschule Kiel zum „Szene-Treff“ entwickelt. Auf die mehr als 200 Unternehmensvertreterinnen und -vertreter, Hochschuldozentinnen und -dozenten sowie Studierenden beim siebten Prozessmanagementforum am 19. Dezember 2014 warteten knapp 20 Vorträge in vier Veranstaltungs-Streams, die „frischen“ Ideen der studentischen Teams auf dem „Markt der Möglichkeiten“, „Live Acts“ zum Anfassen sowie der Austausch mit anderen Teilnehmenden und Fachleuten – alles unter dem Titel „Prozesse in vernetzten Welten: Management zwischen Chaos und Kontrolle?“. Das Fragezeichen sollte das Dilemma beleuchten: Die Perspektiven der Zukunft erscheinen auf der einen Seite faszinierend, auf der anderen Seite auch beängstigend. Wer beherrscht wen? Der Roboter uns oder wir ihn?
Die Veranstaltungsleiterin Prof. Dr. Doris Weßels versprach gleich zu Beginn, dass die Veranstaltungsvielfalt mit Vorträgen, Workshops und „Live Acts“ zum Erleben nicht nur der digitalen Welt, sondern auch der analogen Welt führen sollte.
Stellen wir uns vor, im Jahre 2025 in die Oper zu gehen
In seinem Grußwort betonte Professor Dr.-Ing. Klaus Lebert, Vizepräsident der FH Kiel, die Bedeutung der Zusammenarbeit von Fachhochschule und Wirtschaft. Dass die Hochschule hier auf einem guten Weg sei, zeige ihre internationale Orientierung, die Interdisziplinarität ihrer Studiengänge und der Ausbau des Weiterbildungsangebotes. Am Beispiel einer fiktiven Weihnachtsveranstaltung in der Oper stellte Professor Lebert die Zukunftsperspektive dar: Per Sprachsteuerung bestellen wir zukünftig quasi automatisch Karte und Taxi. Das heraneilende Taxi ist ein autonomes Fahrzeug, das ohne Taxifahrer den Weg zur Oper findet, während wir als Fahrgast das Programm der Veranstaltung studieren können.
Industrie 4.0 – das Internet der Dinge ohne uns Menschen?
Dr. Klaus Thoms von der Industrie und Handelskammer zu Kiel betonte den Wert der Vernetzung mit externen Expertinnen und Experten begrüßte den aus Stuttgart angereisten Keynote-Speaker Dr.-Ing. Sebastian Schlund vom Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation. Dieser nahm die Teilnehmenden mit auf die Reise in die Zukunft der Produktion. Industrie 4.0 hat das Potenzial einer vierten industriellen
Revolution, die unsere Welt gravierend verändert. Gemeint ist damit eine echtzeitfähige, intelligente Vernetzung von Menschen, Maschinen und Objekten, die über eine Internetadresse und damit eine eigene Identität verfügen. Von Leichtbaurobotern bis hin
zu Datenbrillen reichen die Anwendungsmöglichkeiten.
Viele Teilnehmenden stellten sich die Frage: Wird die Fabrik der Zukunft menschenleer sein? Dr. Schlund versprach: „Die Fabrik der Zukunft ist genauso menschenleer wie heutige Büros papierlos sind.“ Die Teilnehmenden konnten dank des Engagements von Fachleuten der FH Kiel in der nachfolgenden Pause genau diese Leichtbauroboter, Datenbrillen und Aspekte der digitalen Fabrik
REFA Nordwest-Award für das „FootPad“
Integriert in das vielfältige Vortragsangebot am Nachmittag diskutierten elf studentische Gruppen mit den Unternehmensvertreterinnen und -vertretern, wie Prozesse für den Menschen besser gestaltet werden können. Bei der Publikumsabstimmung lag dann das Team „moveIT“ ganz vorne. Julian Bettighofer, Heinrich Hammerstein, Daniel Knapp und Mareike Muus überzeugten mit ihrer Idee eines „FootPad“. „Auch beim Autofahren
kommen Hände und Füße gemeinsam zum Einsatz. Wieso daher bei der Computerarbeit nicht das ungenutzte Potenzial der Füße mit einem FootPad ausschöpfen und Verspannungen im Schultern- und Nackenbereich vermeiden?“, so die Argumentation der vier Studierenden.
Bereits zum fünften Mal ehrten Ekkehard Krull und Martin Lott vom REFA-Regionalverband Schleswig-Holstein das erfolgreichste Team mit dem „REFA Nordwest-Award“ und betonten die nachhaltige Wirkung ihrer Nachwuchsförderung durch ein Interview mit den Vorjahressiegern.
Das Gewinnerteam sieht sich „nachhaltig“ bestärkt: „Wir möchten zukünftig weiter an unserem Projekt arbeiten und nicht aufgeben – auch angetrieben durch das positive Feedback und die Anregungen der Teilnehmer“.
Das Potenzial der Vernetzung in der digitalen Welt und zwischen uns Menschen
Erklärtes Ziel des Prozessmanagementforums ist vor allem die Förderung der Vernetzung von Fachleuten und Akteuren im Bereich Projekt-, Wissens- und Prozessmanagement in Schleswig-Holstein.
Der österreichische Wissenschaftler Dr. Lukas Zenk betonte in seinem Vortrag das Entstehen von Vernetzung bei Veranstaltungen. Wer kommt mit wem wie ins Gespräch? Wie können wir den Aufbau von Beziehungen zwischen Menschen fördern? Er hat dafür das Werkzeug Hallisto entwickelt, mit dem die Teilnehmenden gemeinsame Interessensgebiete entdecken können. Es kam auch im Vorwege des Kieler Prozessmanagementforums zum Einsatz und förderte den Beziehungsaufbau an diesem Tag. Moderne Führungsansätze und das Thema Networking entpuppten sich als Hallisto-Favoriten.
Kooperationspartner
Das Prozessmanagementforum 2014 war eine Kooperationsveranstaltung des Fachbereichs Wirtschaft der Fachhochschule Kiel, der Deutschen Gesellschaft für Projektmanagement, der Digitalen Wirtschaft S-H, der IHK zu Kiel, der Gesellschaft für Informatik in Schleswig-Holstein, der Deutschen Gesellschaft für Qualität, der Gesellschaft für Organisation, der Gesellschaft für Wissensmanagement, der beiden Vereine VDI und VDE Schleswig-Holstein und des REFA-Regionalverbandes S-H.
Prozessmanagementforum 2015
Die Tradition soll fortgeführt werden, so das Versprechen der Verantwortlichen beim Abschluss der Veranstaltung: Interessierte können sich Freitag, den 18. Dezember 2015, schon einmal im Kalender anstreichen – dann wird es im Audimax der FH Kiel wieder eine „vernetzungsintensive“ Veranstaltung geben.