Muslimas und Muslime fasten vom 16. Mai bis 14. Juni 2018
Einen Monat lang tagsüber verzichten: Nichts essen, nichts trinken, nicht rauchen. Die wichtigsten Regeln des Ramadan, der zum islamischen Glauben gehört, kennt fast jeder. Doch warum fastet man eigentlich von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang, und das vier Wochen lang? Professorin Sabah Badri-Höher vom Fachbereich Informatik und Elektrotechnik sowie Erasmus-Student Mohammed aus Marokko haben der viel.-Redaktion erzählt, warum sie als gläubige Menschen muslimischen Glaubens Ramadan begehen und was ihnen in diesem Monat besonders wichtig ist.
Seit 2009 lehrt Sabah Badri-Höher an der Fachhochschule Kiel in der Digitalen Signalverarbeitung und Datenübertragung. Dabei fokussiert sie sich darauf, wie digitale Signale unter Wasser übertragen werden können: Sucht ein Roboter unter Wasser beispielsweise nach Müll oder gar einem toten Körper, benötigt er spezifische Sensoren, die unseren fünf Sinnen nahekommen. Eine Kamera dient dann als Augenpaar, ein Sonar als Ohren.
Sabah Badri-Höher ist Muslima und wird auch während ihrer Lehrzeit an der FH anlässlich des Ramadan wieder fasten. Sie erklärt: „Ramadan ist eine Säule des islamischen Glaubens.“
Der Islam kennt fünf Grundpflichten, die im Koran festgehalten sind:
- Das Glaubensbekenntnis ablegen (Schahada),
- fünfmal täglich das Gebet verrichten (Salat),
- fasten im Fastenmonat Ramadan (Siaym),
- von den eigenen Gewinnen eine Almosen-Steuer entrichten (Zakat) und
- eine Pilgerfahrt zur Kaaba nach Mekka unternehmen, wenn es möglich ist (Hadsch)
Für jeden Menschen des muslimischen Glaubens hat die Zeit des Ramadan eine ganz persönliche Bedeutung, abseits der festgelegten Regeln. „Ich sehe die Fastenzeit, in der man nicht essen oder trinken darf und sich darauf konzentriert, seinen Pflichten nachzugehen, als eine Art Therapie“, sagt Badri-Höher. Tieferer Sinn sei es, sich in Selbst-Erziehung zu üben. „In diesem Monat lernt man viel über sich, über gutes Verhalten und über Verzicht. Dieses Wissen sollte man auch nach Ramadan in das Leben aufnehmen und praktizieren“, so Badri-Höher.
Es gehe ihr besonders darum, nein zu sagen und sich zu beschränken, um aus der persönlichen Bequemlichkeit herauszukommen, die viel zu oft Überhand nehme. Der Verzicht auf Nahrung und Getränke für einen sehr langen Zeitraum mache klar, wie Menschen sich fühlen, die dieses Schicksal jeden Tag ihres Lebens durchstehen, betont die Professorin. „Andere Menschen haben so wenig und müssen hungern, wir haben ein Überangebot an Konsumgütern. Wenn wir das reduzieren, also lernen, mehr zu geben als wir haben, dann verpassen wir uns selbst einen sehr wichtigen Denkzettel.“
Zwei kleine Mahlzeiten wird Badri-Höher während des Ramadan zu sich nehmen: Ein Frühstück vor dem Sonnenaufgang und ein Abendessen nach Sonnenuntergang. Sie wird sich darauf konzentrieren, viel zu trinken und mit einem Minimum an Nahrung über den Tag zu kommen. In vielen Familien sei es Brauch, abends ein Festmahl zum Fastenbrechen zu veranstalten, doch für Badri-Höher sei dies nicht der eigentliche Sinn des Ramadan. „Es geht darum, mit wenig zufrieden zu sein“, sagt sie. „Viele Menschen haben Angst vor dem Fasten. Wenn sie es dann aber ausprobieren, merken sie, dass es gar nicht so schwer ist. Ich freue mich immer wieder, wenn unsere Tradition wahrgenommen wird und man sich mit uns auf diese Zeit freut.“ Ganz besonders gefalle ihr, wie im kanadischen Parlament festliche Reden zu Ramadan für die Muslimas und Muslime im Land gehalten werden.
Da Ramadan immer im neunten Monat des islamischen Mondkalenders begangen wird, findet er jedes Jahr zu einer anderen Zeit statt. Ramadan beginnt, wenn nach Neumond die erste Mondsichel zu sehen ist. Das Jahr dauert im islamischen Mondkalender nur 354 Tage, darum verschiebt sich Ramadan jedes Jahr um einige Tage und durchschreitet somit nach und nach alle Jahreszeiten. 2018 wird die Fastenzeit eines Tages fast 17 Stunden betragen, da etwa zwischen 5.00 Uhr und 21.30 Uhr nichts zu sich genommen wird. In islamischen Ländern, in denen die Sommertage besonders lang sind, könne ein Fastentag auch 20 Stunden dauern, erläutert Badri-Höher.
Auch ihre beiden Töchter und ihr Mann fasten mit Sabah Badri-Höher, nur der kleine Sohn wird das Fasten sporadisch ausprobieren. „Er ist noch zu jung, erst elf Jahre alt“, erzählt Badri-Höher. Im Islam sei es Brauch, dass Kinder erst mit Beginn der Pubertät, also etwa mit 13 oder 14 Jahren, den Fastenmonat begehen.
Das erste Mal an Ramadan teilgenommen hat Mohammed aus Marokko, als er zwölf Jahre alt war. Da auch er gläubiger Moslem ist, ist der Ramadan für ihn während seines Erasmus-Aufenthalts am Fachbereich IuE sehr wichtig. „Ich lerne etwas darüber, wie ich mit mir selbst umgehe und wie ich mich diszipliniere“, erzählt Mohammed auf die Frage, was er in den bisherigen Ramadan-Monaten in seinem Leben erfahren habe. „Außerdem werde ich stärker für andere harte Situationen, die auf mich zukommen können.“ Genau wie seiner Professorin sei es ihm wichtig, mehr Mitgefühl für die Menschen zu verspüren, für die der Hunger zum Alltag gehört.
Seine Mahlzeiten wird der Marokkaner klein halten: Das Sunshine-Meal, also das erste Essen bei Sonnenaufgang, besteht bei ihm aus Datteln, Milch, Wasser und etwas Käse. Abends gibt es Gemüse, Fleisch und frische Früchte.
Ist Ramadan am 14. Juni vorüber, begehen Mesnschen muslimischen Glaubens das Zuckerfest: Drei Tage wird mit den Familien gefeiert, ähnlich dem christlichen Weihnachtsfest.
Wir von der viel.-Redaktion wünschen Sabah Badri-Höher, Mohammed und allen anderen Muslimas und Muslimen, die die Fastenzeit feiern, Ramadan Mubarak, einen gesegneten Ramadan!
Julia Königs