Vom ersten bis zum letzten Tageslicht dürfen Muslimas und Muslime auf der ganzen Welt für eine bestimmte Zeit weder essen, noch trinken noch rauchen. Dieses Jahr findet der Fastenmonat Ramadan vom 6. Mai bis zum 5. Juni statt. Najat Magouh, Hamzah Bakhti und Jawwad Azam sind gläubige Muslime und studieren an der FH Kiel. Die Drei fasten aus Überzeugung an Ramadan. Sie sprachen mit Aenne Boye über ihre Motivation, ihren Glauben und ihre Vorfreude.
Hamzah und Najat kommen beide aus dem Norden von Marokko. Beide studieren Angewandte Mathematik und betreiben seit dem 1. März 2018 gemeinsam am Fachbereich Maschinenwesen experimentelle Forschung. Sie absolvieren momentan ihr Postgraduiertenstudium, das sie mit dem PhD abschließen werden. Der PhD ist der wissenschaftliche Doktorgrad, der in vielen englischsprachigen Ländern nach dem Abschluss eines Doktorstudiums verliehen wird. Jawwad hingegen ist Pakistani. Er studiert im 3. Mastersemester Informatik am Fachbereich Informatik und Elektrotechnik. Er ist schon seit März 2017 in Kiel. Für ihn ist es sein dritter Ramadan hier. Alle Drei sind begeistert von der Stadt Kiel – ihrer Natur, ihrer Ruhe, ihrer Sicherheit und Sauberkeit.
Um 3:30 Uhr kurz vor Anbruch des ersten Tageslichts nehmen Hamzah, Najat und Jawwad momentan jeden Morgen ihre erste und vorerst letzte Mahlzeit zu sich. Wenn die Sonne vollständig untergegangen ist, dürfen sie wieder essen und trinken. Weil es in Deutschland länger hell ist, müssen die Drei länger fasten als in ihren Heimatländern Marokko und Pakistan. Auf der anderen Seite erleichtert das kühle Klima in Deutschland den Ramadan.
Ramadan ist ein wichtiger Bestandteil der islamischen Religion. Der Fastenmonat richtet sich nach der Mondphase. Ramadan ist der neunte Monat des islamischen Mondkalenders. Da sich der Kalender an dem Mond orientiert, verschiebt sich die Fastenzeit jedes Jahr um 10 Tage. Als Jawwad 2017 nach Kiel kam, hat er beispielsweise im Juni und Juli gefastet. „Ramadan ist einer der fünf Säulen des Islams“, erklärt Najat. Die fünf Säulen sind: 1. Schahāda (Bekenntnis), 2. Salāt (Gebet), 3. Zakāt (Almosensteuer), 4. Saum (Fasten) und 5. Haddsch (Pilgerfahrt). „Ich bin eine gläubige Muslima und komme aus einer religiösen Familie. Diese Säule des Islams ist eher ein Geschenk an unseren Gott. Die anderen vier Säulen sind mehr für uns gedacht. An Ramadan sind wir dankbar dafür, nahe bei Gott sein zu können“, erklärt Najat. Hamzah hat früher einfach akzeptiert, dass Ramadan der heilige Monat ist: „Mittlerweile weiß ich, dass der Monat viele Werte mit sich bringt. In dieser Zeit versuchen wir Gutes zu tun, anderen Leuten Essen zu bringen – natürlich nur dann, wenn es erlaubt ist. Wir fühlen uns den Armen nah, weil wir am eigenen Leib erfahren, wie es sich anfühlt, den ganzen Tag zu hungern.“
Alle Drei fiebern Ramadan entgegen. Für sie hat es einen hohen kulturellen, religiösen und familiären Stellenwert. Najat versucht an Ramadan, sich schlechte Gewohnheiten, wie zum Beispiel eine ungesunde Ernährung oder Meckern, abzugewöhnen und sich mehr auf die Guten zu konzentrieren. „Durch den Hunger und die stressige Situation finde ich eine spirituelle Verbindung zu Gott. Ich beweise mir selbst, dass ich diszipliniert bin. Außerdem baut Ramadan die Verbindung mit der islamischen Gemeinschaft aus. Das gemeinsame Essen macht glücklich“, betont Jawwad. Für Jawwad, Hamzah und Najat hat die Gemeinschaft während des Ramadans eine besonders hohe Priorität. Dabei fühlen sie mehr, dass sie Teil einer Gemeinschaft sind. Alle versuchen hilfsbereit und offen zueinander zu sein. „Im Ramadan wird man sensibilisiert für die Probleme der anderen“, berichtet Hamzah.
Najat fühlt sich während des Ramadans sehr gut. Die ersten paar Tage seien zwar hart, aber sie gewöhne sich schnell daran. Najat sieht die Fastenzeit auch als Diät, als etwas Gutes, das sie ihrem Körper tut. „Wissenschaftliche Studien haben bewiesen, dass Fasten gesund für den Körper ist“, meint Najat. Hamzah erklärt, er könne sich sogar besser konzentrieren, weil er nicht über Nebensächlichkeiten wie Essen oder Trinken nachdenken würde. „Jeder sollte jedoch auf seinen Körper achten. Also während des Ramadans nicht zu hart körperlich arbeiten“, mahnt er. Jawwad ergänzt mit einem Augenzwinkern, dass ein positiver Nebeneffekt sei, dass das Mittagstief nach einem ausgiebigen Mittagessen ausbleibe.
Es gilt als verpönt, wenn Muslime tagsüber während des Ramadans in der Öffentlichkeit essen. „In muslimischen Gruppen ist es eine Beleidigung im Beisein anderer Fastender am Tag zu essen und zu trinken“, verdeutlicht Hamzah. Zu Hause könne jeder so viel essen, wie er möchte, nur in der Öffentlichkeit gelte es als unhöflich, weil man die anderen Fastenden so in Versuchung führe, ihr Fasten zu brechen. „Kranke, Kinder unter sieben Jahren oder ältere Menschen sind natürlich vom Ramadan freigestellt“, sagt Jawwad.