Einen Rennwagen von Grund auf konstruieren, bauen und sich damit schließlich in internationalen Wettbewerben mit anderen Formula-Student-Teams messen – darum geht es beim interdisziplinären Projekt Raceyard an der FH Kiel. In der Saison 2021/22 brachten sich etwa 40 Studierende verschiedener Fachbereiche mit ihren unterschiedlichen Kompetenzen in das Team ein und feierten gemeinsam einen in der Raceyard-Geschichte beispiellosen Erfolg. Jonas Chlechowitz, Head of Mechanics, lässt im Gespräch mit der Campusredaktion die Saison Revue passieren.
Auch die vergangene Saison startete mit dem „Recruiting“, erinnert sich Jonas Chlechowitz. „Wir waren in Vorlesungen vieler Fachbereiche und bei Veranstaltungen zum Semesterstart zu Gast und haben unser Projekt vorgestellt. Unser Ziel war es, möglichst viele Studierende für das Projekt zu begeistern, das sich ja über ein ganzes Jahr erstreckt.“ Im vergangenen Jahr waren auch Studierende der Christian-Albrechts-Universität dabei und haben sich um die Software-Entwicklung für das E-Fahrzeug gekümmert. „Wir haben im Laufe der Saison gespürt, wie wichtig es ist, nicht nur Studierende mit technischen Interessen im Team zu haben“, resümiert Chlechowitz. „Es geht nicht nur darum, den besten Rennwagen zu bauen. Wir brauchen auch Studierende, die sich um Pressearbeit und Marketing kümmern und vor allem auch solche, die mit ihren Skills dazu beitragen, ein Team zusammenzuhalten, wenn es mal nicht so gut läuft, wie man es sich vorstellt.“
Das Modell der zurückliegenden Saison plante und konstruierte das Team von Grund auf neu. Besonders viel Zeit und Arbeit floss in das Monocoque aus Carbon. „In der kommenden Saison wollen wir auf diesen Fahrgestell-Entwurf aufbauen. Zwar werden wir den Wagen wieder komplett bauen, aber die Verwendung der bewährten Komponenten und Technologien wird uns viel Zeit sparen. So haben wir Luft, an Verbesserungen zu arbeiten; während der Saison haben sich einige Optimierungs-Potenziale offenbart“, erklärt der 22-Jährige. Wie knapp die Zeit ist, zeigte sich während des „Rollouts“ des T-Kiel A 22 E im Mai 2022. „Bei der Fertigung der Motorwellen fiel eine unserer Maschinen aus. Daher mussten wir die Teile bei einem externen Unternehmen bestellen. Das hat uns drei bis vier Wochen gekostet, in denen wir den Wagen nicht testen konnten“, erinnert sich Chlechowitz.
Die Testfahrten im Juni auf dem Flugplatz „Hungriger Wolf“ in Itzehoe und einem Gelände in Kiel-Wellsee waren vielversprechend. Der erste Wettbewerb in der Schweiz Mitte Juli stand allerdings unter keinem guten Stern. „Kurz vor dem Event fiel das 8.000 Euro teure 600-V-Netzteil mit selbst entwickelter Ladeelektronik aus und wir konnten den Wagen nicht laden“, erinnert sich der Maschinenbau-Student. „Unsere Experten haben ihr Bestes gegeben, aber schließlich konnten wir nicht bei den dynamischen Wettbewerben antreten.“ Durch hervorragende Leistungen in den statischen Disziplinen, in denen die Teams unter anderem im „Engineering Design Report“ vor Expertengremien die Konstruktion und das Design ihrer Fahrzeuge erklären und dabei den 3. Platz erreichte, war die Reise dennoch ein Erfolg. Am Ende des Wettbewerbs konnte Raceyard den achten Platz für sich verbuchen. Die folgenden drei Wochen nutzte das Team, um den Fehler zu finden, zu beseitigen und den Wagen bei Testfahrten weiter zu optimieren.
Auch beim zweiten Wettbewerb in Ungarn lief nicht alles glatt. Nach sehr guten Ergebnissen in den Disziplinen „Autocross“, „ Skidpad“ und „Acceleration“ fiel der T-Kiel A 22 E in der 23. von 36 Runden des „Endurance“-Wettbewerbs aus. Entsprechend gab es hier und folglich auch in der verketteten „Effizienz“-Wertung keine Punkte. Dennoch reichte es am Ende auch in Ungarn für einen Platz in den Top Ten der Gesamtwertung. Fast direkt im Anschluss ging es zum prestigeträchtigsten Rennen der Saison auf dem Hockenheimring. Auch hier hatte der Bolide Probleme im Endurance-Wettbewerb, der glücklicherweise als letzter auf dem Programm stand. „In Hockenheim sind viele Emotionen hochgekocht und es gab auch Tränen“, beschreibt Chlechowitz die aufregende Zeit. „Wir haben hier aber auch gemerkt, wie stark der Zusammenhalt im Team war und dass wir uns über die anderen positiven Ergebnisse freuen konnten.“ Besonders angesichts der starken internationalen 70-Team großen Konkurrenz ist das Team stolz auf mehrere Top-10-Ergebnisse in Einzeldisziplinen und den 22. Platz in der Gesamtwertung.
Den Abschluss fand die Raceyard-Saison 2021/22 in Spanien. Ende August brach das Team mit 1.750 kg im Gepäck – der Wagen, Ersatzteile und eine komplette Werkstatt – nach Barcelona auf. Entgegen widrigster Bedingungen – neben durch tischtennisballgroßen Hagel Verletzte und durchschlagene Zeltdächer wurde der Campingplatz zweimal durch Sturzregen überflutet – erlebte das Team hier seine größten Erfolge. Die 75 Meter des „Acceleration“-Wettbewerbs bewältigte der T-Kiel A 22 E in 3,5 Sekunden, bei „Autocross“ fuhr Raceyard ebenfalls in die Top Fünf. Zusammen mit dem ersten Platz im „Efficiency“-Wettbewerb und dem dritten Platz im „Endurance“-Wettbewerb ergab sich in der Gesamtwertung der dritte Platz und damit eine der begehrten Positionen auf dem Treppchen. „Vor allem angesichts der harten Konkurrenz war das ein fantastisches Ergebnis, das uns für die kommende Saison weiter anspornt“, strahlt Jonas Chlechowitz auch noch gut eine Woche nach der Rückkehr.
Interessierte haben am 22. September 2022 zwischen 9 und 15 Uhr beim „Raceyard Recruiting Day“, der während des Markts der Möglichkeiten auf dem Sokratesplatz stattfinden wird, Gelegenheit, mit dem Raceyard-Team ins Gespräch zu kommen. Studierende aus allen Fachbereichen sind herzlich eingeladen, Teil des Teams zu werden. Anmeldungen sind über die Website www.raceyard.de möglich, die neben Impressionen der vergangenen Saison auch zahlreiche weiterführende Informationen zum Projekt bietet.
Bewegende Einblicke in die Saison finden sich auf der [Instagram-Seite](https://www.instagram.com/raceyard) und im Video-Tagebuch auf dem YouTube-Kanal des Raceyard-Teams.