Dass sie Ingenieurin werden wollte, war Deborah Kaschube früh klar. „Wenn es Bezüge zur Praxis gab, hatte ich in der Schule immer Spaß an Mathe und Physik. Zudem ist mein Vater Bauingenieur und mein Bruder Maschinenbauer. So wusste ich, worum es ging, wollte aber unbedingt in eine andere Richtung gehen“, erinnert sich die Saarländerin. Da sie schon als Kind viel gesegelt war – an Wochenenden ging es häufig auf einen Weiher im nahen Frankreich – entschied sie sich nach dem Abitur für ein Schiffbau-Studium. Klar war ihr auch, dass sie wegen der Praxis-Anteile an einer Fachhochschule studieren wollte. Sie hatte Zusagen für Hamburg und Kiel und entschloss sich schließlich, mit dem Boot im Schlepptau in den höheren Norden zu ziehen.
„Tatsächlich bin ich 2011 zum Einschreiben das erste Mal in die Stadt gekommen, aber ich habe die Entscheidung bis heute nicht bereut“, lacht die Saarländerin. Nach dem Bachelor-Studium war für Kaschube klar, dass ein Master folgen sollte. „Es hat sich einfach noch nicht ‚fertig‘ angefühlt und es gab noch so viel Interessantes zu lernen“, begründet die heute 30-Jährige ihre Entscheidung. Während des Masters arbeitete sie bei einer Firma in Heikendorf und konnte sich so auch abseits des Campus‘ mit Festigkeit im Kontext von Schiffbau und Windkraft beschäftigen. Zudem gab sie an der FH Kiel Mathe-Tutorien, was ihr zeigte, wie erfüllend das Erklären und Vermitteln von Wissen für sie war. So stand fest, dass die Hochschulkarriere nach dem Master mit einer Promotion weitergehen sollte.
„Leider gab es damals keine freien Stellen an der FH, aber mein Chef in Heikendorf hat mich großartig bei meinem Vorhaben unterstützt. Zusammen haben wir zwei Wirtschaftspartner gefunden, die Wirtschaftsförderung und Technologietransfer Schleswig-Holstein GmbH (WTSH) ins Boot geholt und ich selbst habe eine Stelle bei FuE-Zentrum FH Kiel GmbH bekommen. Diese Vorbereitungen waren anstrengend, aber so konnte ich genau mein Wunschthema angehen“, erzählt die junge Frau. Dabei geht es um die ‚Betriebsfestigkeit von additiv gefertigten Titan-Bauteilen‘ in Kooperation mit der University of Southern Denmark (SDU). Doch als alle Mosaiksteine für die Hochschulkarriere endlich an Ort und Stelle waren, trat ein neuer Mann in das Leben von Deborah Kaschube und ihrem Partner, den sie früh in ihrem Studium kennengelernt hatte. Im Herbst 2021 wurden die beiden Eltern.
Mit der Geburt ihres Sohnes ging auch eine Auszeit von der Karriere einher. „Mein Mann und ich haben uns die Elternzeit aufgeteilt, doch danach waren die Karten neu gemischt“, erinnert sich die Mutter. In ihrer Abwesenheit wurde das Forschungsprojekt zwar von einer Vertretung weitergeführt und schließlich zusammen mit dieser erfolgreich abgeschlossen. Allerdings war ihre Promotion noch nicht fertig und sie stand nach dem Projektende ohne Projektpartner aus der Wirtschaft und ohne Anstellung da. „Doch mein Doktorvater, Prof. Dr.-Ing. Berend Bohlmann, wusste von meiner Situation und hatte mich frühzeitig auf eine Doktorandenstelle an der Fachhochschule aufmerksam gemacht, die ich schließlich auch bekommen habe. Daher kann ich mein Ziel weiterverfolgen und meine Dissertation vorantreiben.“ Auch die SDU zeigte sich familienfreundlich: Da die dänische Partner-Universität eine Promotion in Teilzeit anbietet, hat Kaschube eine verlängerte Abgabefrist für ihre Forschungsarbeit.
Die sehr unterschiedlichen Rollen als Mutter und Forscherin unter einen Hut zu bringen, ist eine anspruchsvolle Aufgabe. „Allerdings ist die FH hier super unkompliziert“, freut sich Kaschube. „Wenn Jove ausnahmsweise nicht zur Tagesmutter kann, ist es kein Problem, ihn an der FH mit in Besprechungen zu nehmen.“ Dennoch ist die spannende Zweigleisigkeit kein Spaziergang und erfordert gute Organisation, weiß die Ingenieurin: „Am Wochenende kümmert sich häufig sein Vater um Jove, damit ich dann die Gelegenheit habe, an der FH konzentriert zu arbeiten.“ Trotz ihres sehr vollen Kalenders kommt Deborah Kaschube doch zu einem positiven Fazit: „Ich bin total happy hier an der FH und kann mir keine bessere Zeit vorstellen um Mutter zu werden, als die Promotion.“