Nach mehreren beruflichen Stationen südlich der Elbe und in Dänemark hat es Meiko Jensen wieder in seine Heimat Kiel verschlagen. Seit dem 1. Juli ist er Professor für Wirtschaftsinformatik mit den Schwerpunkten Digitale Wirtschaft und IT-Sicherheit. Davor war Jensen Lehrkraft für besondere Aufgaben an der FH Kiel und als Adjunct Associate Professor an der Syddansk Universitet Odense (Dänemark) tätig.
Christin Beeck (CB): Herr Jensen, warum haben Sie sich für Ihr Studium entschieden?
Meiko Jensen (MJ): Im Alter von vier Jahren habe ich mein erstes Computerprogramm geschrieben und auch als Schüler habe ich immer weiter programmiert. Ich mag die Herausforderung, ich möchte sehen, was möglich ist. Man lernt, sich zu konzentrieren und seine Gedanken zu schärfen. Auch für IT-Sicherheit habe ich mich früh begeistert. Umso mehr, nachdem ein Virus alle meine Daten gelöscht hatte.
CB: Warum sind Sie nach Kiel gekommen?
MJ: Ich bin in Kiel geboren und habe an der Christian-Albrechts-Universität Informatik studiert. Meine Eltern und Freunde leben hier und deshalb bin ich nach einigen Stationen, unter anderem an der Ruhr-Universität Bochum und der Syddansk Universitet in Odense, wieder nach Kiel gekommen. Hier ist mein Lebensmittelpunkt. Und die FH Kiel hat einen guten Ruf.
CB: Was fasziniert sie an der IT-Sicherheit?
MJ: Beim Computer ist nicht ganz klar, was er alles kann – wir lernen immer noch dazu. Jeder ist von dieser Entwicklung betroffen. Die Technik hat viel in kurzer Zeit möglich gemacht, wir wissen aber noch nicht, wie wir richtig damit umgehen sollen. In gewisser Weise ist dies tatsächlich Neuland. Wir müssen aus der Digitalisierung die richtigen Schlüsse ziehen. Ich fordere meine Studierenden deshalb auch zum kritischen Denken auf: Warum sind Google, Dropbox und so weiter kostenlos? Warum bekommt man so viel personalisierte Werbung? Dass dies vielleicht damit zu tun hat, dass mit den Daten ein Geschäft gemacht wird, das begreifen viele erst dann so richtig. Hier bietet sich ein Ansatz, sich mit IT-Sicherheit zu beschäftigen.
In der Forschung geht es – anders als in der Industrie – mehr um Grenzen. Was setzt sich durch, was ist sinnvoll und was darüber hinaus technisch möglich?
CB: Sie haben in der Forschungsabteilung des Landesdatenschutzzentrums in Kiel gearbeitet und haben anschließend einen Ruf als Professor für Cyber-Security an der Syddansk Universitet in Odense angenommen. Gibt es einen Unterschied zwischen der dänischen und deutschen Herangehensweise an die Lehre?
MJ: Das dänische System der Lehre ist allgemein anders als in Deutschland. Dort geht es darum, dass es alle schaffen. Auch die Lehrevaluation wird sehr ernst genommen. Daran musste ich mich erstmal gewöhnen. Der Einsatz von Remotesystemen und Plattformen wie Moodle ist selbstverständlich. Klausuren können online geschrieben und eingereicht werden. Deutschland ist dagegen fast schon verkrustet. Die IT-Sicherheitsausbildung allgemein ist dagegen in Dänemark noch nicht so weit verbreitet. Dort ist der Fokus auf die Industrie sehr viel größer.
CB: Was ist Ihnen wichtig bei Studierenden?
MJ: Mich begeistert der Moment, wenn der Groschen fällt, wenn sie begriffen haben, was das Problem ist. In den Übungen fordere ich die Studierenden auf, Systeme anzugreifen und selbst zu überlegen, wie sie es am besten machen können. „Programmieren Sie Satans Computer“ lautet meine Aufgabenstellung, in Anlehnung an die Formulierung der IT-Sicherheits-Ikone Ross Anderson. Wir befassen uns auch intensiv mit rechtlichen Fragen. Was ist wann noch legal? Dabei spielen auch Gesetze anderer Länder eine Rolle.
CB: Wenn Sie für Ihren Studiengang einen Wunsch frei hätten, wie würde er lauten?
MJ: Ein vollständiges eigenes Labor zur Analyse von Malware, getrennt vom Netz der Hochschule, das wäre wünschenswert.