eine junge Frau am Schreibtisch© Bax­mann

Co­ro­na, The­sis, Dau­er­stress - über die Prü­fungs­pha­se im Lock­down und ein paar Tipps, wie man das Ganze über­steht

von Ju­lia­ne Bax­mann

Wir be­fin­den uns immer noch oder bes­ser ge­sagt er­neut im Lock­down: Er­neut haben die Ge­schäf­te ge­schlos­sen, die Bi­blio­the­ken sind, bis auf die zahl­rei­chen Bü­cher, leer­ge­fegt, und viele Stu­die­ren­de ste­hen kurz vor der Prü­fungs­pha­se, ich selbst ste­cke mit­ten im Schreib­pro­zess mei­ner Ba­che­lor­ar­beit.

Ich be­kom­me von mei­ner Fa­mi­lie oft Sätze wie „Sei doch froh, dass du mo­men­tan keine Ab­len­kung hast“, oder „Du hast ja ei­gent­lich nichts an­de­res vor, bes­ser geht’s doch nicht“, zu hören. Und auch ich dach­te zu Be­ginn des neuen Jah­res, dass ich mir den Zeit­punkt zum Schrei­ben mei­ner Ba­che­lor­the­sis nicht bes­ser hätte aus­su­chen kön­nen. Die Ab­len­kung in Form von so­zia­len „Ver­pflich­tun­gen“ wie Par­tys, Aus­flü­gen oder Rei­sen fällt voll­kom­men weg. Ich habe kei­nen Grund, mei­nen Schreib­tisch zu ver­las­sen, außer für die täg­li­che Spa­zier­run­de mit einer Freun­din oder den Wo­chen­ein­kauf.  Die Woh­nung ist so­wie­so immer blank ge­putzt, da ich meine freie Zeit damit ver­brin­ge, mei­nen Haus­halt auf Vor­der­mann zu brin­gen und dabei Pod­casts zu hören. Meine Hob­bies lie­gen in Form von einem Sta­pel Bü­cher, die ich zu Weih­nach­ten be­kom­men habe, und mei­nen Aqua­rell­far­ben auf mei­nem Nacht­tisch und war­ten nur dar­auf, nach ge­ta­ner Ar­beit ge­le­sen und be­nutzt zu wer­den.

Wie ge­sagt, es könn­ten op­ti­ma­le Vor­aus­set­zun­gen sein. Doch ich bin ehr­lich: Das ist nicht so. Ich finde mich oft wie­der in einem Zu­stand der ab­so­lu­ten Ver­zweif­lung, und ich ver­sin­ke in­ner­lich im Stress. The­sis, Prü­fun­gen, Haus­halt und dann auch noch die­ser Sta­pel Bü­cher, den ich ei­gent­lich schon längst ver­schlun­gen haben woll­te. Man hat ja schlie­ß­lich „Zeit“. Doch wo bleibt diese Zeit, von der alle spre­chen? Meine scheint mir wie Treib­sand durch die Fin­ger zu rin­nen, jeder Tag ver­geht wie im Flug.

Doch na­tür­lich ist nicht jeder Tag ein schlech­ter Tag, es gibt durch­aus auch Mo­men­te, in denen ich alles und mehr zu schaf­fen schei­ne. Doch der an­de­re Teil über­wiegt. Und was dann kommt, ist die Angst. Angst, es nicht zu schaf­fen, Angst, al­lein in mei­nem Zim­mer zu sit­zen und der Ver­zweif­lung nah zu sein. Und ich kann nicht mal raus, nicht mal eben in ein Café oder eine Bar oder zu einer Freun­din gehen. Nicht mal in die Bi­blio­thek kann ich fah­ren, wenn mir die Decke auf den Kopf fällt.

Stu­die­ren in Co­ro­na-Zei­ten ist alles an­de­re als ein­fach und ent­spannt. Es mag im ers­ten Mo­ment ver­lo­ckend und gut klin­gen: Vor­le­sun­gen vom Sofa aus, mehr Zeit, wäh­rend des Se­mi­nars das Nu­del­was­ser auf­set­zen oder die Nägel la­ckie­ren (ich glau­be, wir haben es alle schon ein­mal ge­macht). Doch der Reiz ging schnell ver­lo­ren. Die Bi­blio­thek, der Cam­pus, selbst der Kaf­fee aus dem Au­to­ma­ten, die be­leg­ten Bröt­chen und das (manch­mal etwas zu un­ge­würz­te) Essen in der Mensa. All das fehlt mir. Sogar der Weg zur Fähre bei Wind und Wet­ter, Regen und Schnee.

Aber be­son­de­re Zei­ten be­dür­fen be­son­de­rer Maß­nah­men. In den ver­gan­ge­nen Wo­chen bin ich gut darin ge­wor­den, mich aus dem noch so tiefs­ten Mo­ti­va­tions-Loch zu holen und jeden noch so tris­ten Tag doch noch zum Bes­se­ren zu wen­den. Hier habe ich sechs Tipps, wie man den Stu­di­en­all­tag im Lock­down meis­tern kann, ohne in Ver­zweif­lung und Stress zu ver­sin­ken:

  1. Finde eine Rou­ti­ne, die zu dir passt. Ich stel­le mir jeden Tag einen We­cker, mei­ner klin­gelt um 7 Uhr. Dann heißt es auf­ste­hen, Yoga, du­schen, Kaf­fee ko­chen und früh­stü­cken. Wäh­rend des Es­sens höre ich oft Pod­casts oder lese die Zei­tung. Dann geht es für mich an den Schreib­tisch. Doch jeder Mensch tickt an­ders. Die einen star­ten ihren Tag mit einem Work­out, einem Spa­zier­gang oder einem Blick aufs Smart­pho­ne, und wie­der an­de­re kom­men ein­fach nicht vor halb zehn aus dem Bett. Und auch das ist okay. Man soll­te sich aus­pro­bie­ren und sich auf kei­nen Fall mit der „per­fek­ten“ Mor­gen­rou­ti­ne stres­sen.
     
  2. Mahl­zei­ten = Pause. Ich ver­su­che meine Mahl­zei­ten in der Küche ein­zu­neh­men und mir be­wusst Zeit zu neh­men, auch wenn das nicht immer klappt und ich oft trotz­dem wäh­rend des Es­sens schon meine E-Mails lese oder doch mal in mei­nem Zim­mer auf dem Sofa ver­sin­ke. Es ist reine Ge­wohn­heits­sa­che.
     
  3. Fri­sche Luft. Ich gehe mitt­ler­wei­le zwei­mal am Tag spa­zie­ren. Das gibt mei­nem Tag Struk­tur, und fri­sche Luft regt den Blut­kreis­lauf an und gibt mir wie­der einen kla­ren Kopf. Oft gehe ich vor­mit­tags eine Runde und dann noch ein­mal gegen Abend, spä­ten Nach­mit­tag. Und ganz wich­tig in Kiel, der alt­be­kann­te Satz: Es gibt kein schlech­tes Wet­ter, nur schlech­te Klei­dung.
     
  4. Wo­chen­en­de = Wo­chen­en­de. Das gilt na­tür­lich nur, wenn es der Workload auch zu­lässt. Doch so­lan­ge man nicht di­ver­se Dead­lines ein­zu­hal­ten hat und meh­re­re Prü­fun­gen im Na­cken sit­zen, soll­te man sich die Wo­chen­en­den oder we­nigs­tens den Sonn­tag gön­nen, ein­fach mal ab­zu­schal­ten.
     
  5. So­zia­le Kon­tak­te: Das ist mo­men­tan na­tür­lich schwie­rig. Aber ein Spa­zier­gang mit Ab­stand ist ja be­kannt­lich immer drin. Oder man ver­ab­re­det sich für eine vir­tu­el­le Koch-Ses­si­on über Zoom oder Face­time. Ein­fach ein Re­zept raus­su­chen und ge­mein­sam losko­chen.
     
  6. Me­di­ta­ti­on: Zu­ge­ge­ben, es braucht eine Weile, bis man sich dar­auf ein­ge­las­sen hat. Doch wenn es erst­mal zur Rou­ti­ne ge­wor­den ist, dann ist es ganz leicht. Zu emp­feh­len sind hier die Apps „Head­space“ oder „7-Minds“. Auch vir­tu­el­le Yoga-Stu­di­os bie­ten mo­men­tan häu­fig Me­di­ta­tio­nen an. Schaut euch doch ein­fach mal im In­ter­net um.
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