Wenn sich die gebürtige Estin an ihr Studium an der Universität Tallinn erinnert, erzählt sie aus einer anderen Zeit. Im Jahr 1990 war der Eiserne Vorhang noch zugezogen, und die Singende Revolution nahm Fahrt auf. Für die damals 18-Jährige war das Lehramtsstudium für Deutsch und Englisch weniger Berufung, als vielmehr ein Ticket aus der damaligen UDSSR. „Aber tatsächlich lag es mir, denn ich habe mich immer für Sprachen interessiert und Deutsch nach der ersten Fremdsprache Russisch bereits ab der vierten Klasse gelernt“, sagt die 48-Jährige, die seit dem 1. Februar 2021 das Studienkolleg der FH Kiel leitet.
Im Jahr 1994 führte Triinu Buchloh ein DAAD-Stipendium für ein Semester nach Kiel. „Es war Winter, und das ist ja die schlechteste Zeit, um sich für Kiel zu begeistern“, erinnert sie sich. Dennoch lernte sie in dieser Zeit die Stadt, das Land, die Leute und schließlich auch ihren künftigen Ehemann kennen. Ein Jahr später fasste sie endgültig den Entschluss, sich auf der anderen Seite der Ostsee an der Kieler Förde eine neue Existenz aufzubauen.
Der Weg zum Leben in Deutschland war unerwartet steinig, erinnert sich Triinu Buchloh: „Ich hatte mein Lehramtsstudium in Estland erfolgreich abgeschlossen, durfte aber in Deutschland nicht als Lehrerin unterrichten, weil mein Abschluss hier nicht anerkannt wurde.“ Schweren Herzens entschloss sie sich zu einem Neustart und schrieb sich an der Kieler Universität für ein Magisterstudium ein. „Es war eine große Umgewöhnung. An der kleinen Universität in Tallinn kannten sich alle. Die Kieler Universität wirkte damals auf mich einfach nur groß, starr, kompliziert und undurchsichtig. Es war schwierig sich zurechtzufinden.“
Nach ihrem Abschluss entschied sich Triinu Buchloh schließlich zu einer Lehrtätigkeit am Regionalen Berufsbildungszentrum des Kreises Plön, wo sie 16 Jahre lang unterrichtete. Als Abteilungs- und Standortleiterin nahm die Studiendirektorin neben dem Unterrichten zudem Leitungsaufgaben wahr: „Mir hat das Unterrichten in unterschiedlichen Bildungsgängen immer viel Spaß gemacht, zudem sammelte ich viele Erfahrungen in den Bereichen Personalführung und Schulorganisation“, erinnert sie sich. Zufällig fiel im Sommer 2020 dann ihr Blick auf eine Stellenanzeige, in der die FH Kiel eine Leitung für das Studienkolleg suchte.
„Eigentlich war ich nicht auf der Suche nach einer neuen Stelle, aber als ich das Anforderungsprofil überflog, passte alles perfekt, und auch die Aufgabe las sich sehr interessant“, erzählt Triinu Buchloh. „Bei Besuchen mit Schülerinnen und Schülern an der FH Kiel im Rahmen der Studieninformationstage hatte ich viele positive Eindrücke von der Hochschule gewonnen. Und aus dem Bekanntenkreis hatte ich viel Positives gehört – von Freundinnen und Freunden, die an der FH studiert hatten oder deren Kinder an der FH studierten. Die FH wirkte für mich immer am Puls der Zeit, als ein Ort, an dem gesellschaftliche Entwicklungen aufgegriffen werden. Da wollte ich gerne dabei sein.“
Seit dem 1. Februar ist Triinu Buchloh nun dabei, als Leiterin des Studienkollegs. Ihre Einrichtung ist die Anlaufstelle für junge Menschen aus dem Ausland, die in Deutschland studieren möchten. Mit ihrem Team hilft sie den Kollegiatinnen und Kollegiaten dabei, eine deutsche Hochschulzugangsberechtigung zu erwerben, damit sich ihr Traum vom Studium in Deutschland erfüllt. „Diese Arbeit hat viele Parallelen zu meiner eigenen Biographie. Ich denke, ich kann mich sehr gut in die jungen Menschen hineinversetzen. Ich weiß, wie es sich anfühlt, in einem fremden Land mit einem fremden Bildungssystem konfrontiert zu sein“, freut sich Triinu Buchloh auf ihre Arbeit.
Wenn Sie als Leiterin des Studienkollegs auch vorrangig mit administrativen Tätigkeiten beschäftigt sein wird, freut sich Triinu Buchloh auf das Unterrichten: „Ich freue mich auf die Herausforderung, hier mit einer ganz anderen Klientel arbeiten zu dürfen als zuvor. Auf die rund 100 Plätze am Studienkolleg bewerben sich etwa 1.000 Kandidatinnen und Kandidaten, sodass wir schließlich nur mit einer Auswahl von intrinsisch hochmotivierten jungen Menschen arbeiten.“ Am meisten aber freut sich die neue Leiterin darauf, ihr Team kennenzulernen: „Es ist ein sehr ungewöhnlicher Start in einen neuen Beruf“, lacht Sie. „Ich kenne mein Team bislang nur aus Zoom-Meetings und kann es nicht erwarten, dass wir alle vor Ort gemeinsam in ein neues Semester starten.“