Die beiden Professorinnen Dr. Doris Weßels und Dr. Saskia Bochert nehmen aktuell an der Digital Summer School des Hochschulforums Digitalisierung (HFD) teil. Von Anfang August bis Ende September tauschen sich im Zuge dieses virtuellen Kongresses Angehörige verschiedenster Hochschulen in Deutschland über die Digitalisierung des Hochschulwesens aus.
In diesem Jahr ist das Thema aktueller denn je: Die Digitalisierung von Hochschule und Lehre. Deswegen nehmen die beiden Professorinnen, die im Fachbereich Wirtschaft täglich mit dieser Herausforderung konfrontiert sind, an der Digital Summer School teil. „Ich bin von jemandem aus dem Hochschulkontext auf die Summer School aufmerksam gemacht worden, und da ich bereits vor ein paar Jahren eine Veranstaltung des Hochschulforums Digitalisierung besucht habe, fand ich die Ausschreibung dieses Formats interessant“, erzählt Bochert. Weßels erreichte der Hinweis auf die Veranstaltung aus einem Newsletter des Hochschulforums Digitalisierung.
Die Veranstaltung, für die sich die Teilnehmer*innen bewerben mussten, setzt auf eine kollegiale Beratung. Nach zwei virtuellen Auftaktveranstaltungen werden Teilnehmer*innen, die sich neben Lehrenden verschiedenster Disziplinen auch aus Bildungsexpert*innen und Mitarbeiter*innen aus den Didaktischen Zentren der Hochschulen zusammensetzen, in kleine Gruppen eingeteilt. In diesen Gruppen findet dann die kollegiale Beratung statt. Ergänzend werden in sogenannten Lightning-Talks zusätzlich zwei Veranstaltungen mit weiterem Input abgehalten. Um weitere Sichtweisen einzubinden, ist eine dieser Veranstaltungen für studentischen Input vorgesehen. Vorgestellt werden die Ergebnisse der Digital Summer School schließlich beim University Future Festival, das Anfang Oktober auch online stattfindet.
Ziel der kollegialen Beratungen ist es, an jedem Termin ein Problem oder eine Herausforderung zu besprechen, die jeweils ein Gruppenmitglied aus dem Arbeitsalltag an der Hochschule mitgebracht hat. „Dafür haben wir dann immer unterschiedliche Rollen: Einer ist Fallgeber, einer ist Moderator, und je nach Gruppengröße gibt es dann zwei oder drei Berater*innen“, beschreibt Bochert. Diesen vorgegebenen Rahmen schätze sie sehr, denn so käme man zu Ergebnissen, die tatsächlich sinnig seien, ergänzt sie. Das Problem, über das sie mit der Gruppe sprechen möchte, ist ‚die optimale Balance zwischen synchronen und asynchronen Lerninhalten‘. Diese soll dazu führen, dass die Studierenden so viel Input als möglich aus ihren Online-Veranstaltungen mitnehmen könnten. Für Weßels geht die Fragestellung in eine ganz andere Richtung. „Früher hatten Lehrende das Wissensmonopol. Zukünftig werden wir Kurator*innen des digitalen Contents und Coach oder Lernbegleiter*innen sein. Die Frage des Rollenwechsels in der Lehre beschäftigt mich schon länger.“
Neben den Ergebnissen der kollegialen Beratung schätzen die beiden an der Veranstaltung vor allem, dass sie sehr interdisziplinär zusammengesetzt ist. „Natürlich haben Biologen, die im Labor arbeiten, ganz andere Herausforderungen als wir“, berichtet Bochert. Aber den Umgang mit diesen Herausforderungen könne man dennoch in den Hochschulalltag an der FH übertragen. „Ich habe in meiner Gruppe eine Musikprofessorin, die Musiktheorie lehrt. Das war hochgradig interessant, denn da geht es ja viel ums Hören, und wie sich das online vermitteln lässt. Ich habe nie darüber nachgedacht, wie man das gestalten würde“, ergänzt Weßels.
Ein weiterer Bonus sei die Möglichkeit zum Vernetzen. „Mich hat es gereizt, im Netzwerk zu lernen, wie andere Hochschulen mit den Herausforderungen umgehen. Man läuft sonst Gefahr, diese Dinge nur im näheren Umfeld zu besprechen und verpasst so viele gute Ideen anderer Hochschulen“, erörtert Weßels. In den letzten Jahren, so ergänzt Bochert, habe sich gezeigt, dass die Vernetzung der Gruppen auch nach der Veranstaltung Bestand hatte. „Sich nach dem Semester noch einmal zu verabreden und zu fragen ‚Wie lief der Fall denn nun, lass uns das noch mal reflektieren ‘, das ist für mich ein wertvoller Beitrag.“
Überrascht waren die beiden Professorinnen aus Kiel allerdings davon, dass sie die einzigen aus dem Norden seien. „Es wurde auf einer Karte gezeigt, wo die 70 Teilnehmer*innen herkommen, und ich war ganz erschreckt, denn nach uns kam lange nichts. Nicht mal aus Hamburg war jemand dabei“, erzählt Weßels. Die nächsten, so Bochert, kämen aus Wolfsburg. „Häufig sind solche Treffen ein Spiegelbild der Wirtschaftskraft“, ergänzt Weßels, die sich auch in ihrer Vorstandsrolle bei der Digitalen Wirtschaft Schleswig-Holstein (DiWiSH) e.V. für die Schnittstelle zur Wissenschaft einsetzt. Die Mehrheit der Teilnehmer*innen sei daher im Westen und Süden zuhause.
„Das sind für mich insgesamt 15 Termine, an denen ich teilnehmen werde“, sagt Bochert. Weil die Teilnahme an allen Terminen gewünscht sei, war es notwendig, sich zu bewerben. So, erläutert Weßels, konnte von allen Teilnehmer*innen ein Steckbrief erstellt werden, den jede*r andere einsehen kann. „Normalerweise findet die Veranstaltung in Präsenz statt. So wird trotz der Verlagerung ins Internet eine Vertrauensbasis geschaffen“, berichtet Weßels.
Für die Zukunft haben die beiden Professorinnen große Pläne. Neben dem Workshop „Hochschule der Zukunft und Future Skills“ während der Digitalen Woche Kiel im September könnten sie sich einen Austausch aller schleswig-Holsteinischen Hochschulen vorstellen. Von der Digital Summer School des HFD erhoffen sie sich außerdem eine gewisse politische Wirkung. „So eine Initiative ist auch ein Machthebel, um notwendige Veränderungen im Hochschulwesen schneller zu erwirken,“ resümiert Weßels. „Dafür reicht es nicht, dass wir nur unsere Brille aufsetzen, sondern wir brauchen auch das Feedback der Studierenden“, schließt sich Bochert an.