Die Illustration zeigt den Schriftzug "Betonpraline Unruhe im Möglichkeitsraum".© Be­ton­pra­li­ne

Mit­ten in der Be­ton­pra­li­ne

von Marie Ka­pust

Gast­bei­trag von Marie Ka­pust

Als ich durch die mit To­ten­köp­fen be­mal­te Tür in den Bun­ker-Aus­stel­lungs­raum ein­tre­te, finde ich mich auf ein­mal in einem kom­plett an­de­ren Raum wie­der als er­war­tet. Die kah­len Be­ton­wän­de sind nicht mehr zu sehen, der Raum ist mit­hil­fe von Trenn­wän­den neu ein­ge­teilt. Schwarz, Weiß und ver­schie­de­ne Grau­tö­ne do­mi­nie­ren den neu­ge­schaf­fe­nen Raum. Ich höre Ham­mer- und Bohr­ge­räu­sche, sehe je­doch nie­man­den von den flei­ßi­gen Künst­lern, die dabei sind, ihre Aus­stel­lung vor­zu­be­rei­ten. Of­fen­sicht­lich be­fin­de ich mich mit­ten in der „Be­ton­pra­li­ne“, wie durch den ak­tu­el­len Aus­stel­lungs­ti­tel von Ka­tha­ri­na Kier­zek, Timo Schulz und Do­mi­nik Bed­narz be­reits an­ge­kün­digt. Auf mein „Hallo!?“ be­kom­me ich wei­te­re fra­gen­de „Hallo!?“ ’s zu­ge­ru­fen und kurz dar­auf lu­schert Ka­tha­ri­na Kier­zek um die Ecke. Nach einer herz­li­chen Be­grü­ßung führt Ka­tha­ri­na mich kur­zer­hand durch die im Auf­bau be­find­li­che Aus­stel­lung, er­zählt mir viel über die Aus­stel­lungs­stü­cke, die an­de­ren Künst­ler Timo Schulz und Do­mi­nik Bed­narz und über ihren ei­ge­nen Wer­de­gang und ihre per­sön­li­chen Ei­gen­hei­ten.

Als wir uns durch Berge von Papp­kar­tons im Trep­pen­haus durch­ge­kämpft haben, be­fin­den wir uns im ge­mein­schaft­li­chen Aus­stel­lungs­raum, der zur­zeit nur spär­lich be­leuch­tet ist. Hier sind neben ein paar Platz­hal­tern und An­ord­nungs­skiz­zen schon viele fer­tig ge­häng­te Werke zu be­wun­dern. Auf­fäl­lig prankt schon eine große In­stal­la­ti­on mit einer Papp­rol­le als Kor­pus im Aus­stel­lungs­raum – hier­bei han­delt es sich um ein gro­ßes Tere­min, wie Ka­tha­ri­na mir mit einem ver­schmitz­ten Lä­cheln auf den Lip­pen er­klärt, eine In­stal­la­ti­on von Do­mi­nik Bed­narz, die von meh­re­ren Leu­ten ge­spielt wer­den kann. Wei­ter vorne im Raum finde ich ein Motiv wie­der, das ich in ähn­li­cher Form schon ein­mal im Raum ge­se­hen habe. Die Hän­gun­gen von Timo Schulz und Ka­tha­ri­na äh­neln sich: Es han­delt sich um ver­schie­de­ne Tro­phä­en in Form von Ge­wei­hen.

„Ich habe über­haupt kein Bild vor Augen, bevor ich diese Sam­mel­su­ri­en zu­sam­men­baue.“ , er­zählt mir Ka­tha­ri­na wäh­rend ich diese klein­tei­li­ge Ar­beit von ihr be­wun­de­re. „ Aber ich bin wirk­lich sehr or­dent­lich, was an­de­re meis­tens gar nicht den­ken. Bei so viel Klein­kram muss man den Über­blick be­hal­ten!“

Über den Flur keh­ren wir zu­rück in den ers­ten Aus­stel­lungs­raum, in dem ich vor­her völ­lig ver­dutzt stand. „Hier, mit die­sem Papp­ka­me­ra­den habe ich an­ge­fan­gen, den Raum auf­zu­bau­en“, er­zählt  mir Ka­tha­ri­na und zeigt auf eine Figur, die die Aus­stel­lungs­be­su­che­rin­nen und -be­su­cher mit einem ke­cken Spruch be­grü­ßt. „Ich lege den Fi­gu­ren gerne Sprü­che in den Mund, die mir spon­tan ein­fal­len.“

In die­sem Raum be­fin­den sich nicht nur In­stal­la­tio­nen von Ka­tha­ri­na, son­dern auch von den an­de­ren bei­den Künst­ler. „Wenn den bei­den was ein­fällt, kön­nen sie gerne mit­bau­en oder ihre Werke mit ein­fü­gen, so er­gibt sich dann etwas völ­lig Neues.“ So ent­de­cke ich nun auch in die­sem Aus­stel­lungs­raum eine ki­ne­ti­sche In­stal­la­ti­on von Do­mi­nik Bed­narz.

In die­sem Raum be­fin­den sich nicht nur In­stal­la­tio­nen von Ka­tha­ri­na, son­dern auch von den an­de­ren bei­den Künst­ler. „Wenn den bei­den was ein­fällt, kön­nen sie gerne mit­bau­en oder ihre Werke mit ein­fü­gen, so er­gibt sich dann etwas völ­lig Neues.“ So ent­de­cke ich nun auch in die­sem Aus­stel­lungs­raum eine ki­ne­ti­sche In­stal­la­ti­on von Do­mi­nik Bed­narz.

 

Hier fällt mir auf, wie or­dent­lich und sor­tiert Ka­tha­ri­na wirk­lich ist. Die Klein­tei­le sind sorg­fäl­tig nach Farbe, Form und Ma­te­ri­al grup­piert, be­reits an­ge­ord­net oder noch ver­packt. Auch die Fi­gu­ren im Se­gel­schiff sind pass­ge­nau in das große Schiff ein­ge­ord­net und schei­nen durch die Aus­stel­lung zu se­geln.

In die­sem Raum scheint es mir, als wür­den ver­schie­de­ne Wel­ten mit­ein­an­der ver­bun­den wer­den und die vor­he­ri­ge Raum­si­tua­ti­on völ­lig auf­ge­löst. Von stadt­ähn­li­chen Auf­bau­ten bis über eine Un­ter­was­ser­welt und Wohn­zim­mer­at­mo­sphä­re sind immer wie­der neue Fi­gu­ren und Räume zu fin­den. „Das, was ich zeige ist kom­plett das, was in mir steckt. Wenn es so aus mir her­aus wu­chert und die Ge­dan­ken sprü­hen, dann bin ich total glück­lich. Mich reizt es aber auch, dass man in­ter­ak­tiv die neuen Wel­ten be­tre­ten kann, der Raum lebt und die Leute mit­ein­be­zo­gen wer­den und in Kon­takt kom­men.“

 

Ka­tha­ri­na er­zählt mir, dass sie wirk­lich alles bei der Aus­stel­lung sel­ber macht – malen, zim­mern, kle­ben und la­ckie­ren sind nur ein paar der Ar­beits­be­rei­che. Sie ver­sucht die ver­schie­dens­ten Ma­te­ria­li­en mit­ein­an­der zu kom­bi­nie­ren und aus etwas Altem etwas kom­plett Neues zu schaf­fen und den ver­bun­de­nen Ma­te­ria­li­en wie­der Leben ein­zu­hau­chen. Diese gro­ßen In­stal­la­tio­nen leben lei­der nie wirk­lich lange, da sie den Ga­le­rie­raum nach der Aus­stel­lungs­zeit wie­der ver­las­sen müs­sen. Jeder, der je­doch ein klei­nes Stück der neu er­schaf­fe­nen Welt für sich kon­ser­vie­ren möch­te, hat auch nach die­ser Aus­stel­lung wie­der die Mög­lich­keit, be­lie­big große Stü­cke aus dem neuen Raum zu er­wer­ben. Die „Kunst-Stü­cke“ wer­den am Abend der Fi­nis­sa­ge, am Mitt­woch den 12. No­vem­ber, an In­ter­es­sier­te ver­kauft. Die Künst­le­rin ver­wen­det aber auch viele Ma­te­ria­li­en aus an­de­ren In­stal­la­tio­nen wie­der. „ Letzt­end­lich weiß ich nie, was bei einem Bau am Ende raus kommt, aber für mich ist der Pro­zess des  Schaf­fens das Wich­tigs­te.“

Mitt­ler­wei­le frage ich mich wirk­lich, was in Ka­tha­ri­nas Kopf vor sich geht und wie so viel Krea­ti­vi­tät auf einem Fleck ge­bün­delt und durch die ver­schie­dens­ten Mit­tel aus­ge­drückt wer­den kann.  Wäh­rend mei­ner kur­zen Füh­rung durch die halb­fer­ti­ge Aus­stel­lung konn­te ich zwar schon viele Ein­drü­cke sam­meln, aber auch nur einen kur­zen Blick auf die Ober­flä­che eines tief ver­bor­ge­nen Schat­zes er­ha­schen. Denn wenn sogar die Künst­le­rin selbst noch nicht weiß, was am Ende wirk­lich bei der Aus­stel­lung steht, kann jeder Be­su­cher jetzt schon auf die Welt ge­spannt sein, in die er kurz ein­tau­chen kann.

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