Der Körper des Wals lässt sich nur erahnen: Ein düsterer Schatten, der sich in der Dunkelheit verbirgt. Die Kuppel des Mediendoms erfüllt ein tiefes Brummen. Es knarzt. Vom Kopf bis zu den Zehenspitzen durchdringt das tiefe Dröhnen des Walgesangs die Körper der Besucher*innen. Gänsehaut. Dann verändert sich der Ton, wird höher. Quietscht. Fiept. Endlich erscheint der Wal. Der 15 Meter große und 45 Tonnen schwere Gigant scheint zum Greifen nah. In der 3D-Fulldome-Installation „Die Buckelwale von Hawaii“ des Kieler Filmemachers Daniel Opitz wirken die fotorealistischen Bilder und Originaltöne so intensiv, dass der/die Besucher*in das Gefühl hat, abzutauchen – ohne nass zu werden.
Knapp fünf Jahre Arbeit steckten Opitz und sein Team in 13 Minuten Film. Vor ihm hat noch nie jemand in dieser Qualität fotorealistische Naturfilme für eine Fulldome-Installation produziert, wie es sie im Mediendom gibt. „Mein Ziel war es, echte Wale in die Kuppel zu bringen und den Zuschauer*innen, das Gefühl zu geben, mit ihnen zu schwimmen “, erklärt Daniel Opitz, dessen Leidenschaft für die Meeressäuger so groß ist, dass er sich vor zwei Jahren sogar einen Pottwal auf den Unterarm tätowieren ließ. Mit starken Nerven und einer Menge Überzeugungskraft verwirklichte er ein Projekt, das es so vorher noch nie gab. „Bis der Film fertig war, hatte ich täglich neue Probleme vor mir, aber konnte nirgendswo nachschlagen, wie ich die löse“, sagt Opitz.
Der Walfilmer stand vor vielen Herausforderungen, die er alle nach und nach meisterte. Erst suchte Opitz sich mehrere Investoren, wie den internationalen Aquariumbetreiber Coral World. Dieser baute extra für „Die Buckelwale von Hawaii“ eine eigene 3D-Kuppel mit einer Walausstellung auf der Insel Maui, die im Februar 2020 ihre Tore öffnete. Ein weiteres Problem bestand darin, dass es keine Kameras gibt, die eine 3D-Installation filmen können. Opitz suchte sich Profis, die die Bilder der Wale auf Hollywood-Niveau durch computergenerierte 3D-Bilder realitätsnah nachbauten. Auch dauerte es zwei Jahre, bis er überhaupt die Genehmigung in der Hand hielt, in den geschützten Gewässern von Hawaii Wale zu filmen. Opitz nahm viele der Bilder selbst auf. Direkt neben den riesigen Säugetieren zu tauchen, sei beeindruckend und respekteinflößend gewesen, aber Angst habe er nie gehabt, meint der gebürtige Laboer.
„Die Buckelwale von Hawaii“ läuft nur auf den Inseln Mallorca und Maui sowie in Kiel. In vier Sondervorstellungen zeigte der Mediendom Opitz‘ Meisterwerk. Dieser hat für Opitz einen Sonderstatus, sodass dort im Rahmen des Kieler CineMare Int'l Ocean Film Festivals sogar die Ur-Aufführung stattfand. „Eduard Thomas, der Direktor des Mediendoms, war für mich immer ein Mentor im Fulldomebereich und unterstützte meine Idee von Anfang an“, schwärmt Opitz, „dass ich die Kuppel des Mediendoms nutzen durfte, um die Sequenzen des Films zu testen, war unbezahlbar für mich.“ Durch die Zusammenarbeit mit dem Mediendom entstanden studentische Projekte. Beispielsweise erstellte ein Student eine Website zu dem Film. Ein anderer evaluierte wiederum, wie die Zuschauer den 360°-Grad Film verarbeiteten. Dazu kam, dass Opitz sein Projekt im Mai 2019 in den interdisziplinären Wochen vorstellte. „Das passte sehr gut, weil unser Team sich mit Wissenschaftler*innen, Musiker*innen, Filmemacher*innen und Computerspezialist*innen sehr interdisziplinär zusammensetzte“, betont er.
Im nächsten Projekt steht für den Filmemacher wieder eine Herausforderung an. Von ganz groß geht es nun zu ganz klein: Plankton ist das neue Thema. „Jetzt wissen wir, wie es geht. Mein Team scharrt schon mit den Hufen und möchte loslegen“, berichtet Opitz. Das neue Projekt thematisiert die riesige Massenwanderung, die jede Nacht in den Weltmeeren stattfindet. Das Plankton der Tiefsee kommt hoch – das Plankton der Oberfläche geht herunter. Kein Mensch, kein/e Wissenschaftler*in, versteht das Phänomen hundertprozentig. Für die Filmarbeiten zum Plankton kooperiert Opitz mit dem GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel. Eine Zusammenarbeit mit dem Mediendom und der FH Kiel könne er sich ebenfalls wieder vorstellen. „Es hat die letzten Male gut funktioniert, und für die Studierenden ist es eine Bereicherung.“, findet Opitz abschließend.