Ein Mann und eine Frau© J. Kö­nigs
Die Stu­die­ren­den Mo­ritz und Marie vom Fach­be­reich So­zia­le Ar­beit und Ge­sund­heit freu­en sich dar­auf, den See­leu­ten wie­der ein fro­hes Weih­nachts­fest zu be­sche­ren.

Mit klei­nen Ges­ten Gro­ßes be­wir­ken

von Julia Kö­nigs

Wer zur See fährt, ist wo­chen- oder mo­na­te­lang ge­trennt von Fa­mi­lie und Freun­den und fin­det sich manch­mal in un­be­kann­ten Häfen wie­der. Be­son­ders in der fest­li­chen Jah­res­zeit ist dies kein leich­tes Schick­sal für tau­sen­de Män­ner und Frau­en, die an Bord eines Schif­fes leben und ar­bei­ten. Für See­leu­te, die in Kiel an­le­gen, sind die Sta­tio­nen der See­manns­mis­si­on in Hol­ten­au und der Wik ein si­che­res Stück Hei­mat­ha­fen in der Frem­de. Hier kön­nen See­leu­te über­nach­ten, mit der Hei­mat te­le­fo­nie­ren, an Got­tes­diens­ten und Seel­sor­gen teil­neh­men, Aus­flü­ge mit­ma­chen, Hilfe be­kom­men, wenn sie zum Arzt, ins Kran­ken­haus oder zu Be­hör­den gehen müs­sen.

„Sup­port of Seafa­rer’s Di­gni­ty“, Ein­satz für die Würde der See­leu­te un­ab­hän­gig von Re­li­gi­on, Her­kunft oder So­zi­al­sta­tus, lau­tet der Leit­spruch der See­manns­mis­si­on, für die auch zwei Stu­die­ren­de der FH tätig sind.

Marie Mohr ist Stu­den­tin der So­zia­len Ar­beit im zwei­ten Se­mes­ter und ar­bei­tet im Mis­si­ons­heim an der Schleu­se in Kiel-Wik. Hier wer­den täg­lich bis zu zwölf See­leu­te will­kom­men ge­hei­ßen, um­sorgt und be­ra­ten - rund um die Uhr.

Marie ab­sol­vier­te nach ihrem Schul­ab­schluss den Bun­des­frei­wil­li­gen­dienst (Bufdi) bei der See­manns­mis­si­on, nach­dem sie in der Flücht­lings­hil­fe kei­nen Platz be­kom­men hatte.

Diese Ent­schei­dung war genau rich­tig. „Auch in die See­manns­mis­si­on kom­men Men­schen mit Heim­weh, sie sind weit weg von ihrem Zu­hau­se. Da habe ich eine Par­al­le­le zu Ge­flüch­te­ten ge­se­hen“, er­klärt Marie. Sie un­ter­stützt die See­leu­te, wo immer Hilfe ge­braucht wird: bei Be­su­chen an Bord, um Ta­ges­zei­tun­gen in der je­wei­li­gen Lan­des­spra­che aus­zu­tei­len, bei Fra­gen zu Geld-Über­wei­sun­gen ins Hei­mat­land, beim Ein- und Ver­kauf von Le­bens­mit­teln in der Seafa­rer’s Lounge am Ost­see­kai.

„Hier kön­nen die Men­schen von Bord gehen, sich aus­ru­hen, in un­se­rem Shop Tü­ten­sup­pen, Sü­ßig­kei­ten oder Te­le­fon­kar­ten ein­kau­fen, einen Com­pu­ter be­nut­zen und auch Geld über­wei­sen“, be­rich­tet die Stu­den­tin. „Am glück­lichs­ten macht es mich, wenn ich den See­fah­re­rin­nen und See­fah­rern Zeit und Ruhe für ihre per­sön­li­chen Ge­schich­ten geben kann.“ Das ge­schieht zum Bei­spiel, wenn sie den über­wie­gend phil­ip­pi­nisch-stäm­mi­gen See­leu­ten hilft, Geld an Fa­mi­lie oder Freun­de zu über­wei­sen und er­fährt, für wen die Un­ter­stüt­zung ge­dacht ist. „Sonst ar­bei­ten sie immer nur, bei mir be­kom­men sie Ver­trau­en und Ruhe, um auf­zu­tau­en und von sich zu be­rich­ten.“ Die Ar­beit macht der Stu­den­tin immer wie­der viel Freu­de – ganz be­son­ders in der Weih­nachts­zeit.

Über Punsch-Ver­käu­fe auf den Weih­nachts­märk­ten in Kiel und Bosau un­ter­stüt­zen die Kie­ler Lions die Mis­si­on. Die Er­lö­se kom­men der See­manns­mis­si­on als Spen­den zu­gu­te, die wie­der­um in Ge­schen­ke für die See­leu­te in­ves­tiert wer­den. In der Weih­nachts­zeit be­su­chen Marie und die an­de­ren Hel­fer die See­fah­re­rin­nen und See­fah­rer an Bord, ver­tei­len ihre Gaben. Be­son­ders die Ak­ti­on „Weih­nach­ten am Ohr“ sorgt jedes Jahr für große Freu­de.

„Von Spen­den­gel­dern kau­fen wir Te­le­fon­kar­ten und Kie­ler Sprot­ten aus Scho­ko­la­de“, so Marie. „Damit die Leute an Weih­nach­ten kos­ten­los mit ihren Fa­mi­li­en te­le­fo­nie­ren kön­nen.“ Für die Stu­den­tin eine wun­der­ba­re Tra­di­ti­on: „Die See­leu­te sind glück­lich, dass je­mand an sie denkt, ob­wohl sie nicht zu­hau­se sind.“

Ma­ries Kom­mi­li­to­ne Mo­ritz Pan­ning denkt eben­falls gerne an die fei­er­li­chen Ver­an­stal­tun­gen der See­manns­mis­si­on: „Der Sonn­tag der See­fahrt in der Ni­ko­lai-Kir­che mit einer Pre­digt auf Platt­deutsch oder die An­dacht un­term Leucht­turm in Hol­ten­au sind schö­ne Zu­sam­men­künf­te für See­leu­te, See­fah­r­er­fa­mi­li­en und Hin­ter­blie­be­ne“, sagt der Mu­sik­wis­sen­schaft­ler und Stu­dent im drit­ten Se­mes­ter der So­zia­len Ar­beit.

2017 be­gann Mo­ritz, sich eh­ren­amt­lich für die See­manns­mis­si­on Kiel ein­zu­set­zen, nach­dem er mit sei­ner Frau von Ber­lin nach Kiel zog. Nach einem Be­ra­tungs­ge­spräch im Eh­ren­amts­bü­ro „Nette Kie­ler“, traf er sich mit Dia­ko­nin Ste­fa­nie Zer­ni­kow, die für die Heime der Mis­si­on ver­ant­wort­lich ist. „Ich woll­te etwas Sinn­vol­les tun und mit klei­nen Ges­ten hel­fen, die für an­de­re aber ganz groß sind.“

Mit der Be­rufs­grup­pe der See­leu­te habe man an­sons­ten wenig Be­rüh­rungs­punk­te, sagt der 33-Jäh­ri­ge. Es sei span­nend, neue Men­schen ken­nen­zu­ler­nen und mehr über die Ver­hält­nis­se an Bord eines Schif­fes zu er­fah­ren. Mo­men­tan hat der Vater einer klei­nen Toch­ter we­ni­ger Zeit für sein Eh­ren­amt in der Seafa­rer’s Lounge, doch er wird der See­manns­mis­si­on auch in Zu­kunft wie­der hel­fen. „Ein Eh­ren­amt ist eine schö­ne Be­schäf­ti­gung, mit der man viel be­wirkt“, fin­det er. 

Marie stimmt Mo­ritz zu, denn über den Vor­mund­schafts­ver­ein life­li­ne gibt sie einem Jun­gen aus Af­gha­ni­stan seit ein­ein­halb Jah­ren auch noch eh­ren­amt­lich Nach­hil­fe in Ma­the­ma­tik. „Er macht ge­ra­de sein Ab­itur an einem Kie­ler Gym­na­si­um. Ich un­ter­stüt­ze ihn dabei.“

Mit Mo­ritz und Marie ar­bei­ten über 30 Eh­ren­amt­li­che sowie ne­ben­be­ruf­lich tä­ti­ge Män­ner und Frau­en bei der See­manns­mis­si­on. Neues En­ga­ge­ment ist trotz­dem immer gerne ge­se­hen. Wer Lust hat, die Grup­pe zu un­ter­stüt­zen, mel­det sich unter dsm-kiel(at)see­manns­mis­si­on.org

Julia Kö­nigs

© Fach­hoch­schu­le Kiel