Ein Mann auf eiem Segelboot.© S. De­lu­i­gi
Den All­tag auf oder am Boot er­gänzt Leif Rein­cke mit Ar­beit im Werft-Büro. (Foto: Simon De­lu­i­gi)

Mit Ent­schlos­sen­heit in die Selbst­stän­dig­keit

von Ma­rie­sa Brahms

Leif Rein­cke, Lukas Fei­er­abend und Ole Win­ter­berg haben ei­ni­ges ge­mein­sam: Die Liebe zum Was­ser­sport, Hand­werk und zu Boo­ten zum Bei­spiel – und die ge­mein­sa­me Ver­gan­gen­heit an der Fach­hoch­schu­le Kiel. Heute tei­len sie sich den Ar­beits­platz. In Wend­torf bei Kiel ar­bei­ten sie täg­lich ge­mein­sam im Team von Bottsand Boots­bau mit fünf wei­te­ren Boots­bau­er*innen daran, die Träu­me von Yacht­be­sit­zer*innen zu er­fül­len.

Die Chan­ce, aus dem Stu­di­um in die Selbst­stän­dig­keit zu wech­seln, bot sich 2020 für Leif Rein­cke und sei­nen Kol­le­gen in der Wend­tor­fer Werft, die die Boots­bau-Ge­sel­len aus der Zeit kann­ten, in der sie von Auf­trag zu Auf­trag ge­reist sind. „Neben dem Stu­di­um haben Lukas und ich frei­be­ruf­lich ei­ni­ge Auf­trä­ge an­ge­nom­men, hat­ten also kei­nen fes­ten Ar­beits­platz“, er­klärt Rein­cke.

Der heute 25-Jäh­ri­ge kommt ge­bür­tig aus Stutt­gart. Von dort ist er nach sei­nem Ab­itur, das er 2014 an einem wirt­schaft­li­chen Gym­na­si­um ab­sol­vier­te, nach Greifs­wald ge­zo­gen. In Meck­len­burg-Vor­pom­mern fing er eine Aus­bil­dung zum Boots­bau­er bei Han­se­yacht an.

Dass er ir­gend­wann etwas Ei­ge­nes auf die Beine stel­len würde, stand für Rein­cke schon in der Schul­zeit fest. Wäh­rend sei­ner Ab­schluss­prü­fun­gen zog er zu­sam­men mit einer Freun­din ein Mo­de­la­bel hoch, für das er noch heute die Fir­men­rech­te be­sitzt: „Ich bin ein sehr prak­tisch-ver­an­lag­ter Mensch“, kom­men­tiert der Boots­bau­er, „die In­hal­te, die wir in der Schu­le auf Pa­pier ver­mit­telt be­ka­men, woll­te ich lie­ber an­wen­den.“

Wer nun die Ver­bin­dung von Mode zum Boots- und Yacht­bau sucht, fin­det sie in der Krea­ti­vi­tät. „Genau wie bei mei­ner ers­ten Grün­dung, kann ich heute in dem, was täg­lich an­liegt, mei­nen Ge­schäfts­sinn und mei­nen Sinn für Äs­the­tik an­wen­den“, so Rein­cke. Dabei müs­sen er und seine Kol­leg*innen sich zwar an die Vor­stel­lun­gen der Kund*innen hal­ten, diese pro­fi­tie­ren dann aber oft vom Ein­falls­reich­tum des Teams.

Wie lange so ein Boot bei Bottsand liegt, un­ter­schei­det sich je nach Auf­trag. „Ge­ra­de haben wir eine 48-Fuß-Mo­tor­yacht in un­se­rer Halle lie­gen“, er­zählt er, „da gleicht der Auf­wand in etwa dem der Sa­nie­rung einer Ein­zim­mer­woh­nung.“ Bei einer täg­li­chen Ar­beits­zeit von 7 Uhr mor­gens bis kurz vor 4 nach­mit­tags ist das Team von Bottsand-Boots­bau un­ge­fähr vier Wo­chen be­schäf­tigt, bis die Yacht zu­rück zu ihre*m*r Be­sit­zer*in gehen kann.

Als Ge­schäfts­füh­rer hat Leif Rein­cke sich sein Team selbst zu­sam­men­ge­stellt. Das Er­geb­nis ist eine junge Trup­pe mit einer Menge Ideen und Ta­ten­drang. Die Phi­lo­so­phie da­hin­ter er­klärt Rein­cke wie folgt: „So um­ge­hen wir alt­ein­ge­ses­se­ne Ge­wohn­hei­ten á la ,Das-haben-wir-schon-immer-so-ge­macht‘.“ 

 

Die fla­che Hier­ar­chie be­rei­tet die not­wen­di­ge At­mo­sphä­re, die es braucht, um Ge­dan­ken ge­mein­sam wei­ter­zu­ent­wi­ckeln und zu ver­wirk­li­chen. Das Team be­steht aus Aus­zu­bil­de­nen, er­fah­re­nen Boots­bau­er*innen, einem Mann für’s Mar­ke­ting und Werk­stu­die­ren­den – aber auch Prak­ti­kant*innen sind bei Bottsand Boots­bau will­kom­men. Schiff­bau-Stu­die­ren­de der Fach­hoch­schu­le Kiel fin­den in Wend­torf einen si­che­ren Hafen zum Sam­meln prak­ti­scher Er­fah­run­gen. Wor­auf Rein­cke beim Ein­stel­lungs­pro­zess ach­tet, sind neben ers­ten hand­werk­li­chen Kennt­nis­sen vor allem In­ter­es­se und Be­geis­te­rung für die Sache. „Übung kommt mit der Zeit, das nö­ti­ge In­ter­es­se muss man aber mit­brin­gen“, weiß er.

Leif Rein­cke hat sich in Wend­torf sei­nen Wunsch­ar­beits­platz ein­fach selbst auf­ge­baut. Und ob­wohl er sich eher als je­man­den be­schreibt, der Sa­chen gerne selbst an­packt, fühlt er sich auch in sei­nem Büro wohl – die Ab­wechs­lung macht’s eben: „So­lan­ge ich auch am Boot ar­bei­te, ge­fällt mir der Zet­tel- und Or­ga­ni­sa­ti­ons­kram am Schreib­tisch gut.“ Auf die Ar­beit am Deck will er nicht ver­zich­ten. Heute kann er selbst ent­schei­den. 

 

© Fach­hoch­schu­le Kiel