Zwei Männer und eine Frau stehen im Studio des CampusRadioAktiv und lächeln freundlich in die Kamera.© F. Coring

Mit Campus RadioAktiv raus aus den Federn

von viel.-Redaktion

Ist sie aufgeregt, wenn sie am Mikrofon steht? Eigentlich nicht mehr so sehr. Mit der Zeit sei sie sicherer und selbstbewusster geworden, erzählt die 22-jährige Masterstudentin. „Das erste Mal war dagegen etwas ganz anderes – da habe ich fast gestottert.“ Seit über drei Jahren ist Annemarie Nielsen beim Campusradio aktiv. Ein Semester lang hat sie pausiert, um ihre Bachelorthesis zu schreiben und sich so „auf das Wesentliche konzentriert“, wie sie es nennt. Sie moderiert aber nicht nur, sondern hilft auch bei der Produktion journalistischer Beiträge – „sammelt Töne“ und „nimmt Stimmen mit“. Diese werden zusammengeschnitten, gegebenenfalls mit einem Musikbett unterlegt oder um eine Sprecherstimme ergänzt und erzählen so eine Geschichte. Die Themen sind vielfältig – meist von regionalem oder studentischem Interesse – und reichen von Veranstaltungen an der FH bis zu Demonstrationen in der Innenstadt. Bei so etwas sei sie schon eher aufgeregt, schließlich wisse sie bei einem Interview vorher nie, ob und wie das Gegenüber reagiere.

Im Tonstudio des Fachbereichs Medien läuft noch immer Musik. Die technischen Radioanlagen wurden im Frühjahr komplett erneuert und sind im mobilen Radiowagen vor Annemarie Nielsen und Malte Lorenz untergebracht. Ein Pult mit Tonreglern ist in die Holzoberfläche eingelassen – Sendungsfahrer Andreas Diekötter steuert hier die Lautstärken, startet die Musik und spielt die vorproduzierten journalistischen Beiträge ein. Drei Mikrofone hängen seitlich an Stativen, die wie überdimensional große Spinnenbeine aussehen, drei Kopfhörer direkt daneben. Das Tonstudio ist so groß, dass es zwanzig mobile Radiowagen fassen würde. Durch eine große Glasscheibe kann das restliche Radioteam die drei am Radiowagen beobachten. Die Luft ist trocken und riecht nach neuem Teppich. Dieser sorgt dafür, dass der Schall weniger stark reflektiert wird als bei glatten Bodenbelägen.

Der Monitor auf dem Radiowagen zeigt die Restlaufzeit des aktuellen Songs an. „Noch zwanzig Sekunden – Achtung Mikros!“ Es wird wieder still im Tonstudio. Annemarie Nielsen tritt vor das Mikro und wendet sich an ihren Kollegen: „Malte, Du siehst müde aus. Kann ich Dich wecken mit etwas ‚Unnützem Wissen‘?“ Sie erklärt ihm, dass Pinguine fliegen können, wenn sie auf eine Geschwindigkeit von 276 Stundenkilometer beschleunigt werden. Die Rubrik „Unnützes Wissen“ ist als auflockerndes Element fester Bestandteil jeder Radiosendung. Doch alles, was bei der Ausstrahlung so spontan und erfrischend wirkt, muss vorher recherchiert werden. Etwa 15 Studierende arbeiten aktuell hinter den Kulissen daran, die kurzweiligen Sendungen zu produzieren.

 

Vivian Braackert beispielsweise, ebenfalls Studentin am Fachbereich Medien, hat für heute den EGON vorbereitet – den „Extra Geilen On-Air Notizzettel“. Darauf ist die Sendeuhr notiert, auf der sich genau ablesen lässt, welche Inhalte wann gesendet werden. Er enthält außerdem Informationen, die Annemarie Nielsen und Malte Lorenz für ihre Moderation brauchen: Geburtstage von Prominenten, Veranstaltungstipps für Kiel und das Umland, die aktuellen Single-Charts und eben auch das „Unnütze Wissen“. „Ich achte darauf, die Inhalte gut zu mischen – die Veranstaltungstipps dürfen nicht nur Partys enthalten, auch Kulturelles gehört in die Sendung“, erklärt Vivian Braackert, „denn es soll für alle Hörerinnen und Hörer etwas dabei sein.“

Ebenfalls auf der anderen Seite der Glasscheibe sitzt Rachel Unzen am Computer und bestückt die sozialen Netzwerke mit Informationen zum Programm. Das Campusradio betreibt unter www.campusradioaktiv.de eine eigene Homepage – vor allem aber zählt Facebook zu den wichtigsten Distributionsmedien für das Campusradio. Unter facebook.com/campusradioaktiv weist das Team einen Tag vorher auf die Sendungen hin, postet Fotos direkt aus dem Tonstudio oder gibt Informationen zum Gewinnspiel. „Die sozialen Netzwerke gewinnen auch für uns an Bedeutung“, weiß Prof. Hochscherf, „so halten wir den Kontakt zu unserer studentischen Zielgruppe, einem Nischenpublikum.“

In die zweistündige Sendung plant das Campusradio-Team neben journalistischen Beiträgen, Gewinnspielen und Musik auch zwei Serviceblöcke ein. Malte Lorenz kündigt an: „Und nun die Nachrichten mit Jennifer Bergmann.“ Die Studentin hat die Nachrichten am Vorabend vorformuliert, überarbeitet sie aber vor der Sendung noch einmal, wenn in der Zwischenzeit noch etwas Neues passiert ist. Für die Hörerinnen und Hörer sind dabei vor allem lokale und regionale Themen interessant, außerdem bildungspolitische Inhalte und Sport.

Die beruflichen Anforderungsprofile und Aufgabenbereiche in Radioredaktionen sind vielfältig und das Campusradio soll diese möglichst realitätsgetreu widerspiegeln. „Es gibt weit mehr als Moderatorinnen und Moderatoren, Nachrichtensprecherinnen und -sprecher und Programmdirektorinnen und -direktoren“, sagt Oliver Ujc, der das Projekt Campusradio als Hiwi betreut. „Es müssen Beiträge produziert werden, es gibt eine Musikredaktion, die Struktur der Sendung muss durchdacht sein und außerdem braucht der Sender Verpackungselemente wie Trailer und Jingles, die ihm nach außen ein ‚akustisches Gesicht‘ verleihen.“ Er hat das Ziel, den Studierenden den kompletten Ablauf eines Radiosenders nahezubringen. „So haben sie später im Berufsleben gute Chancen, weil sie schnell eingesetzt werden können.“ Und er möchte den Enthusiasmus weitergeben, den er selbst beim Radiomachen verspürt – denn das sei zwar viel Arbeit, aber allem voran mache es wahnsinnig viel Spaß. Und das nicht nur im Tonstudio, auch außerhalb der Fachhochschule unternehmen die Studierenden viel gemeinsam, um das Teamgefühl zu stärken.

Dass es trotzdem nicht leicht wird, nach dem Studium in der Radiowelt Fuß zu fassen, weiß Malte Lorenz schon jetzt. Der Wandel in der Medienbranche hin zum digitalen Zeitalter zwingt auch die Radiosender zum Umdenken: Sie müssen kostengünstiger produzieren, können immer weniger Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fest anstellen und so sind befristete Arbeitsverhältnisse und freie Mitarbeit gang und gäbe. Der 38-Jährige möchte es trotzdem versuchen. „Die Arbeit am Mikro wäre ein Traum, ich kann mir aber auch vorstellen, in der Tonbearbeitung oder im Schnitt zu arbeiten.“ Sein Studiengang Multimedia Production liefere ihm dafür die besten Voraussetzungen, denn die Inhalte seien breit gefächert und so könne er schon jetzt Einblicke in viele Aufgabenbereiche gewinnen.

Für die Zukunft des Campusradios wünschen sich die Teammitglieder vor allem Zuwachs aus anderen Fachbereichen. „Mitmachen dürfen alle, technische Vorkenntnisse sind nicht nötig. Und wir freuen uns, wenn Studierende aus anderen Fachbereichen ihre Themen mitbringen“, sagt Malte Lorenz.

Nach zwei Stunden Sendezeit setzen sich Annemarie Nielsen und Malte Lorenz für heute ein letztes Mal die Kopfhörer auf und verabschieden sich von ihren Hörerinnen und Hörern: „Wir hoffen, euch da draußen hat es Spaß gemacht heute. Uns hat es auf jeden Fall Spaß gemacht. Bis zum nächsten Donnerstag!“ Sendungsfahrer Andreas Diekötter zieht die Regler für die Mikrofone nach unten, die Aufnahmelampe im Gang vor dem Tonstudio erlischt.

© Fachhochschule Kiel