Ein Seminarraum an der Fachhochschule Kiel. Leises Stimmengewirr. „Nach dem Rausbringen vom Müll…?“, erklingt eine Stimme. „…musst Du die Hände waschen!“ erwidert eine zweite Stimme freudig. Am Tisch ein paar Meter weiter: „Schaut mal, ein Bild von einer Herdplatte. Welche Dinge gehören dort nicht hin?“ Am Ende des Tisches steht ein großer Bildschirm. Dieser zeigt eine Herdplatte, auf der eine Tube Tomatenmark, ein Holzlöffel und ein Putzschwamm liegen. Gefährlich nah schwebt eine Hand über einem der vier Kochfelder. Wieder ein paar Meter weiter geht es ums Einräumen von Geschirr.
Die Stimmen gehören Studierenden der FH Kiel und Klient*innen der Stiftung Drachensee, die in einem Kurs gemeinsam Ideen für eine barrierearme Moodle-Umgebung entwickeln. Moodle ist ein Lernmanagementsystem. Die Stiftung Drachensee engagiert sich für die Selbstbestimmung und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen. Sie kam auf die FH Kiel zu, da die Idee eines Stiftungs-Moodles aufkam. Aus diesem Grund entwickelten Prof. Dr. Lars Friege vom Fachbereich Soziale Arbeit und Gesundheit, Prof. Dr. Stefanie Reich vom Fachbereich Medien sowie Carolin Daniel und Sven Zulauf vom Zentrum für Lernen und Lehrentwicklung (ZLL) der FH Kiel gemeinsam mit der Stiftung Drachensee eine Lehrveranstaltung.
Die Herausforderung: viele verschiedene Bedürfnisse
Lena Wunderlich arbeitet bei die Stiftung Drachensee und ist beim Projekt mit dabei. Sie erklärt: „Wir haben verschiedene Arbeitsbereiche. Diese sollen digitaler werden.“ In den verschiedenen Arbeitsbereichen sind Menschen mit Beeinträchtigung tätig. Moodle soll dabei helfen, ihnen bestimmte Aufgaben digital zu erklären – so die Idee. Doch das stellt bestimmte Anforderungen an die Plattform.
Und genau darauf zielt der Kurs ab. „Ich habe mich am Anfang mit den Bildungsteilnehmer*innen getroffen, um zu klären, wo es Barrieren gibt und was sie brauchen“, erzählt Lena Wunderlich. Danach gab es ein gemeinsames Treffen mit den Studierenden. Sie besprachen die Bedarfe und präsentierten erste Themenideen. Einfache Anmeldung, verständliche Symbole, leichte Bedienung, viele Bilder, eine Vorlesefunktion, Untertitel und optische Hinweise waren die Wünsche. Nach diesem Treffen gestalteten die Studierenden die Moodle-Umgebung. Dann der Termin, um alles zu testen.
Der Name des Moodle-Kurses lautet „AG Küche“ und soll den Bildungsteilnehmer*innen die Tätigkeit in diesem Arbeitsbereich näherbringen. Im gemeinsam konzipierten Moodle gibt es Lerneinheiten zu den Themen Tische abräumen, Hände waschen, Ordnung in der Küche, Reinigung und Abwasch. In kleinen Gruppen besprachen die Klient*innen gemeinsam mit den Studierenden ihre Eindrücke und gaben Feedback. Die Struktur der Lerneinheiten, sowie die Einbindung von Videos und Bildern stießen auf positive Rückmeldung. Verbesserungsbedarf gab es beispielsweise noch bei stark textbasierten Aufgaben. Wichtig war ein Zugang, der die verschiedenen Bedürfnisse und Einschränkungen berücksichtigt.
Positiver Blick auf das Treffen
Das Fazit: „Das hat alles sehr gut geklappt, und die Studierenden haben das super gemacht“, betont Lars Friege. Er ist Professor für Soziale Arbeit im Rehabilitations- und Gesundheitswesen an der Fachhochschule Kiel und eine der Lehrpersonen des Kurses. „Die Bildungsteilnehmer haben sehr verschiedene Einschränkungen und Voraussetzungen. Das zusammenzubekommen ist eine Herausforderung.“ Jetzt gehe es darum, das gewonnene Feedback umzusetzen. Am Ende des gemeinsamen Treffens stand noch ein Besuch im Mediendom der FH Kiel an. Dort bestaunten alle Teilnehmer*innen den virtuellen Kieler Sternenhimmel und rasten in einer virtuellen Achterbahn durch eine fremde Welt.