Eine Studentin steht in einem Maschinenraum.© FH Kiel

Mäd­chen ma­chen MI(N)T

von Jana Tresp

Am 25. April 2013 fand an der Fach­hoch­schu­le Kiel (FH Kiel) be­reits zum 13. Mal der Girls‘ Day statt, an dem sich 50 Mäd­chen der Klas­sen­stu­fen 7. bis 10. aus Kiel und Um­ge­bung be­tei­lig­ten. Einen Tag lang konn­ten die Schü­le­rin­nen die Fach­be­rei­che Agrar­wirt­schaft, In­for­ma­tik und Elek­tro­tech­nik, Ma­schi­nen­we­sen und Me­di­en er­kun­den und schau­en, ob die FH den pas­sen­den Stu­di­en­gang für sie bie­tet.

Erst er­tönt ein Warn­si­gnal, dann folgt ein lau­ter Knall – ein Blitz zuckt von einer Me­tall­spit­ze hin­über zu einer nahen Me­tall­plat­te. In si­che­rem Ab­stand – ge­schützt durch eine Glas­schei­be – ste­hen neun Mäd­chen und schau­en ge­bannt zu. Unter Auf­sicht von Prof. Dr. Kay Reth­mei­er dür­fen sie es im Blitz­la­bor der FH Kiel or­dent­lich kra­chen las­sen.

Reth­mei­er ist zwar erst seit gut einem Jahr an der Fach­hoch­schu­le, den Girls‘ Day be­glei­tet er aber schon seit gut 15 Jah­ren. „Es ist wich­tig, dass wir den Nach­wuchs recht­zei­tig, bevor er sich in der Schu­le für an­de­re Fach­rich­tun­gen ent­schie­den hat, an die Tech­nik her­an­brin­gen, indem wir ihm zei­gen, was mit Tech­nik alles mög­lich ist.“ Zum Bei­spiel im Blitz­la­bor. Und seine Rech­nung scheint auf­zu­ge­hen. Die Mäd­chen sind fas­zi­niert. „Ich habe mich zum Girls‘ Day an der FH Kiel an­ge­mel­det, weil ich es in­ter­es­sant fand, ein­mal mit Blit­zen zu ar­bei­ten. Das mache ich ja nor­ma­ler­wei­se nicht“, sagt die 14-jäh­ri­ge Lynn Cray­en, die die achte Klas­se des Ernst Bar­lach-Gym­na­si­ums in Kiel be­sucht. Ei­gent­lich in­ter­es­sie­re sie sich vor allem für Me­di­zin, nun könne sie sich aber auch etwas Tech­ni­sches vor­stel­len.

Den spä­te­ren Wer­de­gang der Mäd­chen nach­zu­ver­fol­gen ist schwie­rig, er­klärt Prof. Reth­mei­er. Ihm ist es je­doch ein paar Mal ge­lun­gen, Girls‘ Day-Teil­neh­me­rin­nen in tech­ni­schen Stu­di­en­gän­gen an der Tech­ni­schen Uni­ver­si­tät Ber­lin, wo er als wis­sen­schaft­li­cher Mit­ar­bei­ter im Dok­to­rat aktiv die Nach­wuchs­wer­bung über viele Jahre or­ga­ni­sier­te, wie­der zu fin­den. „Auch an einer mei­ner Vor­le­sun­gen hier an der Fach­hoch­schu­le nimmt eine Stu­den­tin teil, die angab, vor ei­ni­gen Jah­ren über den Girls‘ Day zur Elek­tro­tech­nik ge­kom­men zu sein“, so Pro­fes­sor Reth­mei­er. Die „Dun­kel­zif­fer“ sei je­doch si­cher höher. „Daher finde ich es sehr wich­tig, dass sich die FH Kiel am Girls‘ Day be­tei­ligt.“ Wäh­rend am Fach­be­reich In­for­ma­tik und Elek­tro­tech­nik der Tech­nik-Funke im Blitz­la­bor auf die Mäd­chen über­sprin­gen soll­te, be­such­ten die Schü­le­rin­nen am Fach­be­reich Ma­schi­nen­we­sen u.a. das Kunst­stoff­la­bor und lern­ten zwei span­nen­de Stu­die­ren­den­pro­jek­te ken­nen: das Wind­au­to Bal­tic Thun­der und die For­mu­la Stu­dent-Grup­pe Raceyard. Der Rund­gang en­de­te in der Zen­tral­werk­statt. Hier konn­ten die Mäd­chen zu­schau­en, wie der Tes­a­rol­ler, den sie vor­mit­tags am Com­pu­ter kon­stru­iert hat­ten, ge­fer­tigt wurde. So konn­te jede Schü­le­rin ein in­di­vi­du­el­les An­denken mit nach Hause neh­men. Bei Hen­ri­ke Kahl, die am Gym­na­si­um Elm­schen­ha­gen in die achte Klas­se geht, hin­ter­ließ der Girls‘ Day an der FH Kiel Ein­druck: „Es ist an­ders, als ich mir vor­ge­stellt habe. Ich denke jetzt aber auf jeden Fall dar­über nach, einen tech­ni­schen Beruf zu er­grei­fen.“

Jedes Jahr wird der Girls‘ Day auch von meh­re­ren Stu­die­ren­den der FH Kiel un­ter­stützt, die den Schü­le­rin­nen ihre Stu­di­en­gän­ge und Pro­jek­te vor­stel­len und ein wenig von ihrer ei­ge­nen Be­geis­te­rung für die Tech­nik wei­ter­ge­ben. So auch Ma­rei­ke Thom­sen, die im vier­ten Se­mes­ter Ma­schi­nen­bau stu­diert. „Es ist toll, dass es Pro­jek­te wie den Girls‘ Day gibt. Bevor ich an der FH Kiel an­ge­fan­gen habe, kann­te ich so etwas nicht. Für die Schü­le­rin­nen ist es super zu sehen, dass das Ma­schi­nen­bau­stu­di­um mehr be­deu­tet, als am Schreib­tisch zu sit­zen und ir­gend­et­was aus­zu­rech­nen.“ An­ders als die Schü­le­rin­nen hat Ma­rei­ke Thom­sen schon sehr kon­kre­te Vor­stel­lun­gen von ihrer Zu­kunft; sie möch­te Be­rufs­schul­leh­re­rin wer­den. Den Girls‘ Day sieht sie als gute Übung für den spä­te­ren Be­rufs­all­tag, schlie­ß­lich muss sie auch spä­ter junge Men­schen für Tech­nik ge­win­nen. Wäh­rend sie den Mäd­chen etwas über das Wind­au­to Bal­tic Thun­der er­zählt, hören je­den­falls alle in­ter­es­siert zu.

Die volle Auf­merk­sam­keit hat auch Prof. Reth­mei­er im Blitz­la­bor. Dort nä­hert sich die Ver­an­stal­tung dem krö­nen­den Ab­schluss. Die Schü­le­rin­nen laden die Blitz­an­la­ge auf eine Mil­li­on Volt und las­sen es ein letz­tes Mal rich­tig kra­chen. Doch damit das Ganze nicht als reine Ef­fekt­ha­sche­rei endet, haben die Schü­le­rin­nen wäh­rend des Blit­zens Werte no­tiert, die Prof. Reth­mei­er in ein Dia­gramm über­trägt. Von der ent­stan­de­nen Kurve lässt sich eine phy­si­ka­li­sche Ge­setz­mä­ßig­keit ab­lei­ten. So gehen die Mäd­chen nicht nur fas­zi­niert, son­dern auch mit neuen Er­kennt­nis­sen nach Hause.

Text: Jana Tresp
Fotos: Hart­mut Ohm

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