Benjamin Mahler studiert seit neun Jahren Elektrotechnik an der Fachhochschule Kiel. Ist der 33-Jährige also etwa eine Schnarchnase, die von Semester zu Semester bummelt? Von wegen! Sein Werdegang kann sich sehen lassen: Mit einer abgeschlossenen kaufmännischen Ausbildung kam er 2012 an die FH, arbeitete neben dem Studium mehrere Jahre als Berufsschullehrer für Mathematik sowie als technischer Projektmanager in einem großen Start-up und meistert nebenbei auch noch sein Familienleben, gemeinsam mit seiner Frau und den drei Kindern. Mit seiner App „Beach Steward“ möchte Benjamin nun auch die Selbstständigkeit seinem Lebenslauf hinzufügen. Was die App alles kann und wer von ihr profitiert, verrät der angehende Gründer im Interview mit Finja Thiede von der Pressestelle der FH Kiel.
Benjamin, der Name Deiner App „Beach Steward“ lässt sich mit „Strand-Kellner“ übersetzen. Was wird dieser denn können?
Er soll es Strandbesucher*innen ermöglichen, sich von der lokalen Gastronomie mit Köstlichkeiten verwöhnen zu lassen. Die App zeigt alle Restaurants an, die für den Strandabschnitt zugelassen sind und übermittelt ihnen die Bestellung. Im Anschluss werden die Speisen und Getränke an die Strandbesucher*innen ausgeliefert – deren genaue Standorte verrät die App per GPS-Daten. Bezahlt wird ebenfalls mit der App über Paypal, Klarna oder Kreditkarte.
Wie bist du auf die Idee gekommen, solch eine App zu entwickeln?
Bei vielen Strandbesuchen mit meiner Familie bekamen wir immer wieder Lust auf Pommes, Softdrinks und Eis. Sich dann aber extra umzuziehen und lange anzustehen, ist relativ unpraktisch. Deswegen muss eine andere Art der Versorgung her: Wenn der Gast nicht zum Restaurant geht, muss das Restaurant eben zum Gast kommen. Außerdem habe ich die Not der Gastronomiebetriebe in Folge des Corona-Lockdowns gesehen – alle haben zu und leiden unter den Umsatzeinbußen.
Was macht dich so sicher, dass es diesen Bedarf gibt und sich das Ganze am Ende auch rechnet?
Im vergangenen Sommer ergab meine Online-Umfrage, dass 95 % der Befragten gerne Speisen direkt am Strand genießen würden, wenn das Angebot stimmt. Außerdem hat die Politik schon angekündigt, dass die Corona-Maßnahmen bis in den Sommer gehen werden. Verkaufsschlangen sind dann mit dem Mindestabstand von 1,50 Meter also noch länger – da will sich doch keiner mit Sack und Pack anstellen, nur um ein Eis zu kaufen.
Wie stellst Du Dir das Erlösmodell vor?
In erster Linie möchte ich die Gastronomie unterstützen, denn die haben starke finanzielle Einbußen. Dennoch denke ich über eine kleine prozentuale Umsatzbeteiligung nach, schließlich muss ich auch meine Brötchen verdienen. Der Großteil soll aber beim Betrieb bleiben, sonst bringt mein guter Gedanke nichts.
Solch ein guter Gedanke wird doch sicherlich gefördert, oder?
Teilweise. Ich bin im Start-up Office der Fachhochschule integriert und werde dort bei Fragen und mit Tipps unterstützt. Eine finanzielle Förderung bekomme ich aktuell jedoch noch nicht. Ich stecke derzeit aber im Bewerbungsprozess für das Gründungsstipendium der WTSH, der Wirtschaftsförderung und Technologietransfer Schleswig-Holstein GmbH.
Und wie ist der aktuelle Stand in der Entwicklung?
Die ersten Codezeilen sind schon programmiert und die Social-Media-Kanäle erstellt: Instagram, Twitter, Facebook und Pinterest – einfach nach „Beach Steward“ suchen. Darüber hinaus testen wir gerade alle unsere technischen Möglichkeiten, gemessen am zeitlichen und finanziellen Aufwand.
Wir? Du arbeitest also in einem Team.
Genau, bestehend aus meiner Frau und mir. Sie kümmert sich um das Design. Ich könnte mir auch vorstellen, Kommiliton*innen mit ins Boot zu holen. Einige haben schon Interesse gezeigt und das Stipendium wäre tatsächlich für insgesamt drei Personen ausgelegt.
Was bereitet Dir an der Entwicklung Deiner App am meisten Freude?
Jeden Tag startet eine neue Rakete! Ich habe zum Beispiel neulich ein Logo bekommen, nun habe ich hier gerade mein erstes Interview mit der Fachhochschule – Schritt für Schritt wächst alles.
Und nun zu den Herausforderungen: Welche könnten im Entwicklungsprozess möglicherweise noch auf Dich zukommen?
Die größte Hürde wird sein, die gastronomischen Betriebe von unserer Idee zu überzeugen. Wenn diese ihre Produkte gar nicht an den Strand liefern lassen möchten, dann macht das Ganze keinen Sinn. Einer der nächsten Schritte wird daher sein, mit den Restaurantinhaber*innen ins Gespräch zu kommen. Und auch die Funktionalität der Standortbestimmung ist derzeit noch mit ein paar kniffligen Entscheidungen verbunden. Wenn alles nach Plan verläuft, soll die App im Sommer 2021, also zur Hochsaison an den Stränden, für iOS und Android verfügbar sein.