Bauwesen-Student Nils Oprotkowitz in Valencia© N. Oprot­ko­witz
Nutz­te als ers­ter Bau­we­sen-Stu­dent das ERAS­MUS-Pro­gramm: Nils Oprot­ko­witz.

Ler­nen, Auf­ga­ben an­ders zu lösen

von Ann-Chris­tin Wim­ber

Ein Aus­lands­se­mes­ter er­wei­tert nicht nur den Ho­ri­zont. Es gibt auch Ein­bli­cke in An­sät­ze, die an­de­re Län­der in ihren Hoch­schu­len leh­ren. FH-Bau­Ing-Stu­dent Nils Oprot­ko­witz war in Va­len­cia – und be­geis­tert.

In jedem Se­mes­ter ver­las­sen durch­schnitt­lich 35 Stu­die­ren­de die hei­mat­li­chen Ge­fil­de der Kie­ler Förde und be­su­chen eine der Part­ner­hoch­schu­len der Fach­hoch­schu­le Kiel im Aus­land. Einer von ihnen ist Nils Oprot­ko­witz. Der an­ge­hen­de Bau­in­ge­nieur ist der erste Stu­die­ren­de die­ses Fach­be­reichs, der sich für das ERAS­MUS-Pro­gramm be­warb. Den pas­sio­nier­ten Ki­te­sur­fer hatte die Sehn­sucht nach der Ost­see 2020 an die Fach­hoch­schu­le Kiel ge­spült. Zu die­sem Zeit­punkt hatte der ge­bür­ti­ge Ber­li­ner be­reits acht Se­mes­ter Bau­in­ge­nieur­we­sen hin­ter sich - in­klu­si­ve zwei­er Ur­laubs­se­mes­ter, in denen er als Sur­f­leh­rer ar­bei­te­te. Co­ro­na und seine Pas­si­on fes­ti­gen schlie­ß­lich sei­nen Ent­schluss, an einer Hoch­schu­le am Meer wei­ter­zu­stu­die­ren. „Lei­der hat es mit der An­rech­nung nicht so gut ge­klappt“, be­rich­tet Oprot­ko­witz. „Des­halb muss­te ich prak­tisch noch ein­mal von vorne an­fan­gen.“

Doch wäh­rend sei­nes Stu­di­ums an der FH Kiel ent­deck­te Oprot­ko­witz sein In­ter­es­se an der spa­ni­schen Spra­che wie­der und be­leg­te im ver­gan­ge­nen Win­ter­se­mes­ter einen Kurs. „Ich hatte schon in der Schu­le Spa­nisch und woll­te ei­gent­lich nur meine Sprach­kennt­nis­se auf­fri­schen.“ Doch dar­aus wurde mehr. Im Laufe des Spa­nisch­kur­ses merk­te er, dass ihm die Spra­che viel Spaß macht.  Aus einer Laune her­aus be­warb er sich für das ERAS­MUS-Aus­tausch­pro­gramm, das den Fach­be­reich Bau­we­sen der FH seit 2023 mit der Uni­ver­si­tat Po­li­tec­ni­ca de Va­len­cia ver­bin­det. Sein Ziel: Sprach­kennt­nis­se wei­ter ver­bes­sern und den All­tag in Spa­ni­en bes­ser ken­nen­ler­nen. „Ich war schon ein paar Mal zum Kiten an der spa­ni­schen Küste. Das war immer toll, aber so rich­tig in die Kul­tur der Spa­ni­er ein­tau­chen kann man dabei nicht“, meint Oprot­ko­witz.

Er er­hält die Zu­sa­ge für das Sti­pen­di­um. Im Som­mer ver­gan­ge­nen Jah­res zog er für ein hal­bes Jahr nach Va­len­cia. Statt eines Zim­mers in einem Wohn­heim auf dem Cam­pus, such­te sich Oprot­ko­witz eine Wohn­ge­mein­schaft. Tipps, wie er schnell an ein Zim­mer kommt, er­hielt er aus den ERAS­MUS-Un­ter­la­gen. Dann be­gann die Zeit des Ein­le­bens. „Am An­fang war es nicht ein­fach“, er­in­nert sich der Stu­dent. „Ob­wohl ich Spa­nisch auf B1-Ni­veau spre­che, fiel es mir schwer, den Vor­le­sun­gen der Do­zen­ten zu fol­gen, die oft sehr schnell und dann auch noch im Dia­lekt spre­chen.“ Zu Be­ginn des Se­mes­ters fühlt er sich des­halb etwas un­si­cher. Er weiß, wel­che Stu­di­en­in­hal­te prü­fungs­re­le­vant sind. Seine Kurse musst sich der 25-Jäh­ri­ge selbst zu­sam­men­stel­len, denn die Se­mes­ter­plä­ne an der Uni­ver­si­tat Po­li­tec­ni­ca de Va­len­cia sind an­ders ge­stal­tet als an der FH Kiel. So pro­fi­tiert Oprot­ko­witz als Ba­che­lor von Se­mi­na­ren aus dem Mas­ter­stu­di­um.

Eine wei­te­re Sache, an die sich Oprot­ko­witz erst ge­wöh­nen muss­te: die hoch­schul­ei­ge­ne App. Sie dient den Stu­die­ren­den für alles: zum Ein­schrei­ben in die Kurse, zum Nach­rich­ten­aus­tausch un­ter­ein­an­der und mit den Leh­ren­den, als Weg­wei­ser über den Cam­pus und als Bu­chungs­tool für die Ein­rich­tun­gen. „Auf dem Cam­pus gibt es alles“, schwärmt Oprot­ko­witz, „von Bi­blio­the­ken über Men­sen und Sport­ein­rich­tun­gen bis hin zum Uni­ver­si­täts­arzt. Man kann den gan­zen Tag auf dem Ge­län­de ver­brin­gen und alles kos­ten­los nut­zen.“

Abendstimmung in Valencia©N. Oprot­ko­witz
Die Abend­stim­mung in Va­len­cia hat Nils Oprot­ko­witz auf die­sem Foto ein­ge­fan­gen.

Fach­lich sind die Stu­di­en­in­hal­te an den bei­den Hoch­schu­len zwar ähn­lich, doch Oprot­ko­witz merk­te schnell, dass Spa­ni­er an­ders stu­die­ren. „An der FH be­kom­men wir von den Do­zie­ren­den Vor­ga­ben, an­hand derer wir dann ein Pro­blem an­ge­hen und eine Lö­sung prä­sen­tie­ren. An­ders in Va­len­cia: Für eine Auf­ga­ben­stel­lung gibt es nicht immer Vor­ga­ben oder nur we­ni­ge. Wir muss­ten eher lö­sungs- als pro­blem­ori­en­tiert ar­bei­ten, waren frei in un­se­ren In­ter­pre­ta­tio­nen und konn­ten viel krea­ti­ver mit einer Lö­sung um­ge­hen. Ich konn­te auch ei­ge­ne Ar­gu­ment und An­nah­men tref­fen und diese be­grün­den.“

Ge­ra­de diese krea­ti­ve­re Her­an­ge­hens­wei­se an eine Bau­in­ge­nieur­auf­ga­be sieht Oprot­ko­witz als grö­ß­ten Ge­winn sei­nes Aus­lands­auf­ent­hal­tes. „Ich habe ge­lernt, krea­ti­ver, lö­sungs- und team­ori­en­tier­ter zu ar­bei­ten. Mit an­spruchs­vol­len Auf­ga­ben kann ich jetzt bes­ser um­ge­hen als vor­her“, ist er über­zeugt.

Seine Spa­nisch­kennt­nis­se hat der Ba­che­lor-Stu­dent eben­falls ver­bes­sert. Al­ler­dings nicht so sehr wie er dach­te. „An der Uni­ver­si­tat Po­li­tec­ni­ca de Va­len­cia gibt es viele ERAS­MUS-Stu­die­ren­de. Der Kon­takt zu den Spa­ni­ern ge­stal­te­te sich eher schwie­rig au­ßer­halb des Stu­di­ums war eher schwie­rig. So blie­ben wir meis­tens unter uns und spra­chen Eng­lisch.“

Dass sich bis­her so we­ni­ge Bau­in­ge­nieu­re der FH Kiel sich für das ERAS­MUS-Pro­gramm be­wor­ben haben, fin­det Oprot­ko­witz scha­de. „Die Chan­ce, ins Aus­land zu gehen, ohne dafür zu be­zah­len, gibt es sel­ten im Leben“, meint er. „Es ist eine ein­ma­li­ge Ge­le­gen­heit, sei­nen Ho­ri­zont zu er­wei­tern und einen Ein­druck davon zu be­kom­men, wie an­de­re Län­der oder Städ­te mit be­stimm­ten Pro­ble­men um­ge­hen. Davon kann man nur pro­fi­tie­ren.“

 

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